Need for Speed Heat

Need for Speed Heat

Need for Speed Heat

Story:

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In den letzten Jahren musste sich EA wegen seiner Need for Speed-Reihe viel Kritik anhören. Dieses Mal soll aber endlich wieder alles besser werden. Dafür hat der Publisher das Beste aus den beliebtesten Teilen der Reihe genommen und in Need for Speed Heat gepackt. Was herausgekommen ist und ob damit die zahlreichen Kritiker endlich zur Ruhe gebracht werden können, haben wir getestet.

Meinung:

Need for Speed Payback war alles andere als ein gutes Spiel - soviel steht außer Frage. Das Schlimmste daran war aber mit Abstand die Story, die mit ihren gewollt coolen Charakteren eher wie eine Persiflage wirkte. In Heat gibt es ebenfalls wieder eine (rund 20-stündige) Kampagne mit einer Geschichte - und leider sind die Charaktere auch hier wieder kaum ernst zu nehmen. Zwar wirken sie, genau wie unser eigener Hipster-Charakter, den wir aus verschiedenen Personen auswählen können, nicht mehr ganz so gewollt cool, aber viel besser sind sie auch nicht als ihre Pendants in Payback. Auch sonst bietet die Story wenig Interessantes, geschweige denn Innovatives: In der an Miami angelegten Metropole Palm City gilt es Mal wieder sich unter den Street Racern einen Namen zu machen. Natürlich hat die ansässige Polizei etwas dagegen und setzt der ganzen Szene dabei nicht nur ihrerseits PS-Stärken entgegen, sondern scheut auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Glücklicherweise ist die Story, trotz der zahlreichen schönen Cutscenes, aber ohnehin nur nebensächlich (was auch durch die Tatsache unterstrichen wird, dass man jederzeit seinen Charakter wechseln kann), weshalb man sich über die Belanglosigkeit gar nicht weiter aufregen muss. Ein Gutes hat die Story dann doch zu bieten. Sie ist nämlich das Einzige am gesamten Spiel, was wirklich negativ auffällt.

Best-of Need for Speed
Ansonsten hat Need for Speed Heat nämlich sehr viel Positives zu bieten und wirkt dabei tatsächlich wie ein Best-of aus vergangenen Tagen. So gibt es hier nicht nur normale Rundkurse und Sprintrennen, sondern eben auch illegale Straßenrennen. Aufgeteilt sind die Rennen dabei auf Tag und Nacht. Während man tagsüber legal an Rennen des gerade stattfindenden Speedhunters Showdown auf abgesperrten Strecken teilnimmt und um Geld fährt, wird nachts, ganz im Stile von Underground, an illegalen Rennen teilgenommen. Bei den Checkpointrennen, bei denen man sich an den Pfeilen über dem nächsten Checkpoint orientieren muss, Driftwettbewerben und Offroad-Rennen geht es dann auch nicht mehr ums schnöde Geld, sondern um die wahre Währung – Reputation. Nur wer in der Szene anerkannt wird, kommt in der Story weiter. Leider dauert es bis dahin aber eine ganze Weile, weshalb man erst einmal mehrere Nächte damit beschäftigt ist, sich in einer Art Renn-Grind genügend Reputation zu erfahren. Mitunter muss man dabei auch schon gefahrene Rennen nochmals spielen, um auf das erforderliche Level zu kommen.
Das gleiche Prinzip kommt auch beim Autokauf zum Einsatz, denn auch hier dauert es eine Weile, bis man entweder den entsprechenden Rang erreicht hat, damit das Auto X überhaupt freigeschaltet wird oder bis man genügend Geld beisammen hat, um sich sein Lieblingsauto leisten zu können. So fährt man notgedrungen die ersten paar Stunden mit dem Startauto herum, was wenig aufregend ist. Umso schöner ist es aber, wenn man dann doch irgendwann in den Ford Mustang GT, BMW M4, Chevrolet Corvette ZR1 Coupé, Ferrari LaFerrari, Lamborghini Huracán oder einen der anderen insgesamt rund 130 offiziell lizenzierten Wagen einsteigen darf.

Tuning like Underground
Sämtliche Autos sind dabei in Leistungsstufen eingeteilt, die wiederum bei den Rennen wichtig sind, denn bereits auf der Übersichtskarte wird einem die empfohlene Stufe angezeigt. Ist man drüber, wird man den KI-Gegnern davonrasen, hat man hingegen ein zu niedrig eingestuftes Auto, wird man kaum eine Chance haben, überhaupt mitzuhalten. Einen Gummibandeffekt, auf den man sich in anderen NfS-Teilen verlassen konnte, gibt es hier nämlich nicht. Wenn man zu langsam ist, wird man also, zumindest ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad, kaum eine Chance haben, zu gewinnen. Um nicht jedes Mal ein neues Auto kaufen zu müssen, kann man sein aktuelles Auto natürlich auch durch Upgrades an die benötigte Leistungsstärke anpassen. Nicht nur das: Ganz im Stile des guten alten Underground kann man seine Wagen auch wieder optisch ganz nach seinen Wünschen gestalten. Von Decals (die man teilweise erst in der Spielwelt auffinden muss) über Lackfarben, Felgen bis hin zu den legendären Untergrundbeleuchtungen ist hier alles vertreten. Wer sich die Mühe nicht machen möchte, sich einen eigenen Look einfallen zu lassen, kann auch die Looks der Community herunterladen. Die ist bereits jetzt unfassbar fleißig und hat für so gut wie jedes Auto dutzende, wenn nicht sogar hunderte toller Varianten erstellt.

Bad Cops
Auf einen wichtigen Punkt des Spiels bin ich bisher noch gar nicht zu sprechen gekommen: Die Cops. Die sind nämlich nicht nur in der Story vertreten, sondern auch auf den Straßen aktiv. Vor allem nachts haben sie etwas gegen unsere Rennen und verfolgen uns dann mit allem, was sie haben. Je nach Heat-Level, den man durch Rennsiege oder geglückte Fluchten in jeder Nacht aufs Neue in die Höhe treibt und als Multiplikator der gewonnenen Reputationspunkte dient, rammen sie einen nicht nur mit ihren herkömmlichen Streifenwagen, sondern nutzen auch Nagelbänder, spezielle Ramm-Fahrzeuge oder gar Hubschrauber. Auch hier gilt, dass im niedrigsten Schwierigkeitsgrad die Flucht kein Problem ist. Danach entstehen aber spannende Jagden, aus denen man selbst mit Hilfe der später verfügbaren Hilfsmittel wie wieder aufpumpbaren Reifen oder Kill-Switch-Störsendern, nicht immer als Sieger hervorgeht. Da man, wenn man gefasst wird, nicht nur Geld verliert, sondern auch der Heat-Level wieder zurückgesetzt wird, sollte man es hier am besten also nicht übertreiben.
Obwohl die Verfolgungsjagden mit der Polizei wirklich spannend gestaltet sind, gibt es hier leider auch ein, zwei Punkte, die mir negativ auffielen. So gibt es zwar theoretisch die Möglichkeit, sich vor den Cops zu verstecken, jedoch funktioniert dies in den allermeisten Fällen gar nicht und man wird selbst dann gefasst, wenn man sich eigentlich nicht mehr in Sicht seiner Verfolger befand. Des Weiteren ist es schade, dass in den Rennen lediglich wir verfolgt werden. Unsere KI-Kontrahenten können hingegen unbeachtet ihr Rennen fahren. Gerade im höheren Schwierigkeitsgrad wirkt sich dies natürlich unfair aus und kostet einen auch mal einen ansonsten schon sicher geglaubten Sieg. Das ist in diesem Moment dann zwar ärgerlich, aber immerhin hatte man dann eine coole Verfolgungsjagd, was die Niederlage für mich dann wieder wett gemacht hat.

Unfaire Onlinerennen
Wer sagt, dass ihn so etwas dennoch aufregt, kann sein Glück natürlich auch im Multiplayermodus versuchen, der alle in der Kampagne verfügbaren Renntypen beinhaltet. Allerdings sollte man hier erst dann starten, wenn man einen PS-starken bzw. einen Wagen mit hoher Leistungsstufe sein Eigen nennt, denn leider gibt es, wie auch in der Kampagne, für Rennen keine Leistungs-Obergrenze. Wenn man also rein vom Papier aus zwar ein passendes Auto an den Start bringt, darf man in Onlinerennen dennoch nicht davon ausgehen, auch nur den Hauch einer Chance zu haben. Denn zu 100% gibt es einen oder gleich mehrere Spieler, die mit hochgezüchteten Rennern fahren und einen unbarmherzig abhängen. Um jeglichen Frust zu vermeiden, sollte man also auch mit einem starken Auto antreten – und dann machen die Rennen auch tatsächlich sehr viel Spaß.
Einen Hauptgrund dafür, weshalb die Rennen so viel Spaß bereiten, findet man in der Steuerung. Die ist meiner Meinung nach nämlich nahezu perfekt. Zwar fühlen sich die Autos allgemein etwas zu schwer an, dafür lassen sie sich aber alle millimetergenau über die Strecken zirkeln.
Herausragend ist dabei die Drift-Mechanik: Einmal kurz das Gas lupfen, einlenken und wieder Vollgas – schon driften die Karren wunderschön um die Kurven. Noch besser wird es natürlich mit speziellen Driftreifen, die für noch mehr Übersteuern sorgen. So über die Strecken zu heizen, ohne einmal wirklich die Bremse nutzen zu müssen, macht wirklich eine Menge Spaß. Ich möchte sogar sagen, dass ich seit Jahren nicht mehr so viel Spaß mit einem Arcade-Racer hatte.

Wie sich die Neonlichter auf dem Asphalt spiegeln
Für die Optik ist in Need for Speed Heat die aus Battlefield und FIFA bekannte Frostbite Engine zuständig, was bedeutet, dass auch Heat sehr ansehnlich ist. Das gilt für den Tag und erst recht für die Nacht, denn wenn in der Stadt die Neonlichter eingeschaltet werden, erstrahlt die Metropole nahezu. Verständlich, dass es hier dann auch überproportional oft anfängt zu regnen, schließlich sorgen die Wettereffekte für noch mehr Glanz. Dass die Autos ebenfalls wunderschön modelliert sind und gleichfalls im Regen und in der Sonne glänzen, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Schade ist allerdings, dass man diese Pracht nicht aus der Cockpitperspektive bewundern darf, denn die gibt es leider nicht. Ebenso wenig sucht man Passanten. Selbst KI-Autos fahren nur wenige herum. Dafür können die Stadt und deren Außenbezirke aber mit einem großen Maß an Abwechslung punkten. Von der Strandpromenade bis hin zum Klärwerk wird hier quasi alles angeboten. Am besten entdeckt man die Spielwelt, während man sich auf die Jagd nach den versteckten Sammelobjekten begibt. Schließlich dürfen diese in einem Open-World-Spiel nicht fehlen und so darf man sich auch in Heat auf die Suche nach 85 Werbeplakaten, 130 Street Arts und 100 pinken Flamingofiguren (ja, man muss wirklich leuchtende Neonflamingos finden) machen. Zudem gibt es Driftzonen, Blitzerchallenges und tägliche Herausforderungen – es gibt also auch abseits der Kampagne mehr als genug zu tun.
Der Sound kann sich ebenfalls hören lassen: Die Motoren hören sich wunderbar wuchtig an, wobei sie sogar ganz nach Belieben angepasst werden können. Bei den Geräuschen, die beim Schalten ertönen, ist dies ebenfalls möglich. Doch selbst wenn man hier alles auf die niedrigste Stufe stellt, hören sie sich noch schön knackig an. Der Soundtrack ist wieder reine Geschmackssache. Mir persönlich hat er aber sehr gut gefallen. Es passt nicht nur hervorragend zum Setting, sondern macht auch eine Menge Spaß mit dem lateinamerikanischen Sound von Genta de Zona, Sofi Tkker, Bomba Estéro, Danay Suárez oder den HipHop-Beats von 2 Chainz, A$AP Ferg oder Blac Youngsta über den Asphalt zu rasen.

Fazit:
Need for Speed Payback gilt für viele als der Tiefpunkt der Reihe. Mit Heat hat EA aber wieder einiges gut gemacht. Zwar sind die Story und deren Charaktere nur marginal besser ausgefallen, dafür bietet es durch die Tag/Nacht-Unterscheidung abwechslungsreiche Rennen, bei denen jeweils andere Ziele verfolgt werden. Es gibt einen großen Fuhrpark mit tollen Autos, eine große Anzahl an (optischen) Tuningmöglichkeiten, zahlreiche Nebenaufgaben und nicht zuletzt eine tolle Grafik, die vor allem bei Nacht zu beeindrucken weiß. Zusammen mit der für mich nahezu perfekten Steuerung und Fahrphysik entsteht so das Beste NfS seit langer Zeit, das trotz einigen Mankos wie der nicht vorhandenen Cockpitperspektive und der fehlenden Leistungsobergrenze in Onlinerennen für eine Menge Spaß sorgt.
Fans von Arcade-Racern kann ich Need for Speed Heat also nur empfehlen!