Denkende Pilze
Durch den Einschlag eines verseuchten Meteoritenbrocken auf einer Wiese irgendwo in einer ländlichen Region der USA wird das Ökosystem verstrahlt und verändert sich. Die ansässigen Pilze entwickeln ein Bewusstsein und bilden Gesellschaften. Denkende Lebewesen bringen natürlich auch Konfliktpotential mit sich, und so müssen sich die neuen Pilzwesen nicht nur gegen mutierte Säugetiere wehren, sondern sie führen auch untereinander Krieg. Der eigentlich friedliche Röhrling Pax (lat. für Frieden) stolpert durch ein Missgeschick in diese Konfrontation herein und muss entgegen seiner Einstellung doch zu den improvisierten Waffen greifen.

Eine andere Sicht der Dinge
Im Grunde ist Mushroom Men - Der Sporenkrieg natürlich ein 3D-Jump'n'Run unter vielen. Abgedrehte Settings sind in diesem Genre keine Seltenheit, sieht man einfach mal zu Mario, Crash Bandicoot, Ratchet und Clank und wie sie alle heißen hinüber. Mushroom Men - Der Sporenkrieg überzeugt aber zusätzlich mit der ungewöhnlichen Perspektive auf einer uns bekannten Welt. Aus der Sicht der nur zentimetergroßen Pilze entwickeln sich verstrahlte Maulwürfe zu gefährlichen elefantengroßen Gegnern und das Erklimmen von 3 Treppenstufen ist nur durch abenteuerliche Konstruktionen möglich. Eine ganz normale Garage wird zu einer schier unermesslich groß erscheinenden Halle, in der Menschen mehrere Jumbojets parken würden.

Mit Deadly Creatures erschien bereits vor einigen Monaten ein Spiel aus dieser Perspektive für die Wii, allerdings war Mushroom Men - Der Sporenkrieg schon eher in der Entwicklung, so dass hier nicht von einem Ideenklau die Rede sein kann. Freilich ist es aber auch nicht das erste Spiel, welches in diesen Mikrokosmos absteigt, die gesamte Aufmachung und das Artdesign stehen momentan aber konkurrenzlos dar.

Besinnung auf bekannte Tugenden
Beim Spieldesign orientiert man sich dann aber recht stark an den typischen Genrevertretern. Es wird gesprungen und geschlagen und ab und zu gilt es kleinere Rätsel zu lösen. Unfair wird das Spiel dabei niemals. Stirbt man, so wird man an einen der großzügig verteilten Checkpoints zurückgesetzt.

Wiitypisch werden Angriffe durch Schütteln der Wiimote ausgelöst. Die Erkennung funktioniert hierbei zwar tadellos, nur wirkt es nach wie vor aufgesetzt. Ein einfacher Knopfdruck hätte es auch getan. Mit dem Pointer kann man speziell markierte Objekte dank Pax' telekinetischer Kräfte bewegen und so Hindernisse aus dem Weg räumen oder sich mit Baseballs und anderem Schrott seiner pilzigen Haut erwehren.

Die Gegner verhalten sich alles andere als schlau, was aber bei einem Plattformspiel auch nicht unbedingt anders zu erwarten ist. Am Ende jeden Abschnittes erwartet Pax dann einen Bossgegner, der auf konventionellem Wege nicht zu besiegen sind.

Waffentechniker
Pax ist auf Grund seiner Größe nahezu allen der hauptsächlich tierischen Gegner natürlich unterlegen, doch ist der Pilzkopf erfinderisch und weiß sich durchaus zu verteidigen. Anhand der in den Levels verteilten Überraschungseier sammelt er allerhand Bauteile wie Zahnstocher, Zahnbürsten, Elektromotoren, Heftklammern, usw. - eben Hausrat und Müll aus unserer Welt ein, um sich aus diesen verschiedene Waffen zu bauen. Eine Nähnadel in Kombination mit einem Zahnstocher wird somit zu einer gefährlichen Stichwaffe. Die Waffen unterscheiden sich nicht nur ihren Schadenswerten, sondern auch in ihrer Gattung und damit in ihrem Einsatzgebiet.

Um sich zu verteidigen kann sich Pax zusätzlich noch hinter seiner Pilzkappe verstecken, um so Schläge abzuwehren. Das klappt natürlich nur in eine Richtung. Ist man also von Feinden umzingelt, muss die Richtung etwas schwammig bei jedem Angriff angepasst werden. Wie viele Treffer Pax noch einstecken kann, sieht man daran, wie heil seine Pilzkappe noch ist. Jeder Treffer bricht dabei etwas aus der Kappe heraus und bringt sein Hirn zum Vorschein – makaber. Ganz so zimperlich geht es in Mushroom Men - Der Sporenkrieg, also nicht vor sich, was auch eine Freigabe ab 12 Jahren durchaus rechtfertigt.

Pflichtdreingaben
Die Story des Spiels hat man nach gut 8 Stunden abgeschlossen. Für ein Plattformspiel etwas mager, besonders auch da sich der Wiederspielbarkeitswert, trotz einigen versteckten Meteorsplittern in Grenzen hält. Einige Minigames, eine freischaltbare Artgalerie und eine Jukebox zum Anhören des Soundtracks zählen mittlerweile auch zum Standard. Der Zwei-Spieler-Modus, im Stile von Super Mario Galaxy ist nett gedacht, doch richtig Spaß kommt dabei nicht auf, wenn man als zweiter Spieler Pax lediglich etwas unterstützend unter die Arme greifen kann und sich ansonsten langweilt.

Ein Meister des Basses
Das abgedrehte Setting wird durch den tollen psychedelisch-experimentellen Soundtrack begleitet. Les Claypol, der breiten Masse bekannt als Bassist und Frontmann der Rockband Primus sowie Schöpfer der South Park-Titelmelodie, steuert dazu einen Teil des verrückten Soundtracks bei. Eine gute Idee der Entwickler, denn sein experimenteller Sound, seine unverkennbaren Basslinien, unterlegt mit seiner nasalen Stimme prädestinierten ihn geradezu zu einem Spiel dieser Art. Aber auch der Rest des Soundtracks passt wunderbar in die Welt von Pax.

Gelungene Technik
Ein gutes Artdesign vorausgesetzt, können auch Spiele auf der technisch schwächeren Wii toll aussehen. Entwickler Red Fly Studios haben genau darauf geachtet und bringen Pax' Welt zwar comichaft, aber dafür sehr stilistisch und dem Setting angebracht auf den Fernseher. Die knallig neongrünen Meteorsplitter und die in Braun- und Lilatönen gehaltene Spielwelt ist detailverliebt umgesetzt und fordert Nintendos Konsole einiges ab, so dass es manchmal auch zu Rucklern kommt.

Leider nicht so gut gelungen ist die Kamera. Diese lässt sich zwar mit dem Digikreuz der Wiimote beliebig um Pax herumdrehen, folgt dem Pilzkopf aber etwas träge und muss daher oft angepasst werden, um den optimalen Blickwinkel zu bieten.

Fazit:
Mushroom Men - Der Sporenkrieg weiß in erster Linie durch sein abgedrehtes Setting und dem passend verrückten Soundtrack, der aber - um es fairerweise zu sagen - keine Ohrwurmqualitäten hat, zu überzeugen. Spielerisch wird ein guter 3D-Plattformer geboten, von dem man jedoch designtechnisch keine Offenbarung erwarten sollte. Die eher unterdurchschnittlich lange Spielzeit fällt da schon eher negativ ins Gewicht. Für Wii-Verhältnisse positiv hervorzuheben ist die schöne Grafik, die je nach Blickwinkel aber auch schon mal leicht ruckeln kann.

Auf jeden Fall gehört das pilzige Abenteuer mit zu dem Besten was bis dato in diesem Jahr für die Wii erschienen ist. Jump'n'Run-Fans kommen voll auf ihre Kosten, aber auch Spieler mit einem Faible zu abgedrehten Settings dürften bei dem Spiel nichts falsch machen.