Verstümmelt
Und das, obwohl wir wohl die gleiche Version wie Australien bekommen haben. Witzigerweise bekommt man aber die ungeschnittene PEGI-Fassung teilweise auch bei deutschen Händlern schon günstiger als die USK-Version. Die Zombies brennen nicht mehr, bleiben nach ihrem (zweiten) Ableben nicht liegen, und lassen sich auch nicht enthaupten. Dummerweise sind die Versionen voll kompatibel, das heißt zum Ersten, dass man wohl den Erfolg für 200 enthauptete Zombies nicht erhalten kann (ein schwerwiegendes Problem, wenn es so ist), und zum zweiten, dass ein Onlinespiel für alle zur geschnittenen Version mutiert, wenn nur ein Mitspieler diese besitzt. Das hinterlässt schon zu Beginn einen sehr faden Beigeschmack, und wird deutsche und australische Spieler nicht gerade beliebt im internationalen Xbox Live-Netzwerk machen. Immerhin hat uns Valve zu den ohnehin neuen Nahkampfwaffen auch noch Deutschland-exklusiv die beliebtesten Counterstrike-Waffen spendiert.

Rednecks
Doch kommen wir nun zum Spiel selbst: Left 4 Dead 2 spielt dieses Mal in den Südstaaten der USA. Dort haben vier neue Überlebende den Evakuierungshubschrauber verpasst, und müssen sich nun aufmachen, irgendwo in Sicherheit zu gelangen. Das war’s. Mehr Story gab es im ersten Teil nicht, mehr Story gibt es auch hier nicht. In den sogenannten Safe Rooms, die man in jedem Unterlevel erreichen muss, lassen die Protagonisten dann ein paar Sprüche ab, mehr gibt’s dann auch nicht in Sachen Charakterzeichnung. Die Zombies rennen, treten in Massen auf und haben ihre Bosse, die man im Versus-Mode auf Seiten der Infizierten übernehmen kann. Neu wäre da der muskelbepackte Charger, der den Tank recht überflüssig macht, und der Jockey, der sich auf dem Rücken der Überlebenden setzt und diese aus dem Umfeld der Gruppe zu steuern versucht. Obwohl die Atmosphäre fantastisch ist, die Source-Engine immer noch recht gut aussieht und sich kein einziges Ruckeln leistet - zum Gruseln gibt es bei Left 4 Dead 2 eigentlich nichts. Dafür ist man viel zu sehr damit beschäftigt, mit den anstürmenden Zombiehorden Herr zu werden – auch auf Normal kein leichtes Unterfangen.

Hallo? Ist da jemand?
Auch als Singleplayer kann man jede einzelne Kampagne und jeden Unterlevel anwählen, was Left 4 Dead 2 eben nur richtig für Mehrspieler – sowohl Splitscreen als auch online – interessant macht. Aber das wusste ich schon zuvor. Was ich nicht wusste ist, wie schwer es sein kann, das Spiel online zu spielen. Mit der Onlinekampagne habe ich schon ein paar Stunden verbracht,  doch immer musste ich ein eigenes Spiel eröffnen,  zu dem nie ein anderer Spieler dazu kam. Die KI langt zwar gut hin und ist stets hilfsbereit, kann aber keine Molotow-Cocktails u.ä. werfen – zudem ist Multiplayer ohne Multiplayer ja nicht Sinn der Sache. Im Realismus-Modus geht es besonders hart zur Sache, hier habe ich immerhin mal ein Spiel gefunden. Neu hinzugekommen ist der Scavenge-Mode, bei dem man auf der einen Seite Benzin für einen Fluchtwagen sammeln, und auf der anderen genau dies verhindern muss. Auch hier war leider niemand verfügbar. Im Versus-Modus konnte ich sage und schreibe einen Gegner finden, der dann aber auch schnell wieder aus dem Spiel verschwand. Was ist da los? Spielen alle noch Left 4 Dead 1?

Die Levels sind alle sehr gut designt und abwechslungsreich. Besonders der letzte Level, der auf einer stark beschädigten, typisch amerikanischen Autobrücke spielt, macht viel her. Aber auch die Sumpfgegend, die typischen Trailerparks, der Jahrmarkt (inklusive Achterbahn) und die obligatorischen Schauplätze Friedhof und Einkaufszentrum bieten reichlich Unterhaltung für spannende Koop- und Versus-Gefechte. Die Atmosphäre ist stets gelungen, nicht zuletzt durch den sehr guten Sound. Durchgespielt sind die Kampagnen aber recht schnell, jedenfalls wenn man erfolgreich ist. Checkpoints innerhalb der Levels gibt es nämlich nicht. Dafür kann man seine Mitspieler öfter mal mit Medipacks heilen, ihnen hochhelfen, oder sie mit einem Defibrillator wieder beleben.

Addon oder Vollpreistitel?
Lohnt sich Left 4 Dead 2 nun? Im Grunde ist es „nur“ ein verbesserter erster Teil mit neuen Maps, neuen Waffen und neuen Modi. Die Nahkampfwaffen sind cool, allerdings hatte ich nicht das Gefühl, dass ein Katana mehr Schaden als eine Bratpfanne macht. Die Kettensäge ist da deutlich besser, verbraucht aber Benzin und hält daher nicht lange. Im Grunde hätte man alles als Addon oder Downloadable Content veröffentlichen können. So bekam Fallout 3 im Laufe der Zeit fünf neue, kostenpflichtige Mini-Addons, die schließlich alle auf der günstigen Game Of The Year-Edition landeten. Und bei dem ebenfalls günstigen Halo 3: ODST waren nochmals alle Multiplayer-Maps und –Modi aus Halo 3 als Bonusdisc dabei. So gesehen hat man bei Left 4 Dead 2 doch ein etwas schlechteres Preis-/Leistungsverhältnis.

Fazit:
Wer den ersten Teil noch nicht hat, und auf Multiplayer/Koop-Only-Spiele steht, der kann bei Left 4 Dead 2 bedenkenlos zugreifen. Fans des ersten Teils sollten sich aber gut überlegen, ob sie nicht lieber auf einen Preisverfall warten. Eventuell tun das die meisten ja auch, denn für einen reinrassigen Multiplayertitel war auf Xbox Live viel zu wenig los. Vielleicht spielen alle ja auch nur private Matches, oder man hat letztlich doch die geschnittenen von den ungeschnittenen Spielen getrennt, wer weiß.

Sollte die Rechnung für Valve jedoch aufgehen, steht uns nächstes Jahr sicher schon der dritte Teil ins Haus, mit der gleichen Engine, der gleichen Story und eben einem klein wenig veränderten Setting. Keine Frage, Left 4 Dead 2 ist ein Spiel, das gerade mit Freunden sehr viel Laune macht, der riesige Hype und die Topwertungen sind meiner Meinung nach allerdings nicht gerechtfertigt.