S.T.A.L.K.E.R. Call Of Pripyat
Entwickler:
Namco Bandai
Publisher:
Namco Bandai
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
30 €
Systeme:
PC
Testsystem:
CoreDuo E2180, 2GB Ram, ATI Radeon HD3870, Win XP
Anforderungen:
min: 2,2 GHz Single Core, 768MB Ram, Radeon 9600XT oder Geforce 5900 128MB, 6GB HDD
Inhalt:
Bereits zum dritten Mal entführt uns GSC Gamesworld in die unwegsame Zone rund um den havarierten Atomreaktor von Tschernobyl. Diesmal spielen die Ereignisse nach dem ersten Teil und man schlüpft in die Rolle des russischen Soldaten Alexander Degtyarev der für einen Undercovereinsatz ins Herz der Zone eindringt, um das mysteriöse Abstürzen von fünf Militärhubschraubern zu untersuchen. So beginnt S.T.A.L.K.E.R. Call of Pripyat.
Meinung:
Dabei kommt die Hauptstory des Spiels etwas schwer in Fahrt und besonders der Einstieg in den Ruf nach Pripyat fällt sehr bescheiden aus. So findet man sich, nach einem eher mäßigen Intro welches im Grunde nur aus einem Erzähler und einigen Standbildern besteht, einfach an einer willkürlichen Stelle in Zaton, dem ersten der diesmal insgesamt „nur“ drei Gebieten wieder. Dieser zähe Einstieg ist aber nach 10 Minuten vergessen, denn spätestens dann ist man der Faszination der Zone erlegen. Komplette Neueinsteiger in der Stalkerwelt könnten hierdurch aber abgeschreckt werden.
Trautes Heim Erneut kommt die hauseigene X-Ray Engine zum Einsatz, um die Zone und ihre Bewohner zum Leben zu erwecken. Dadurch fühlt man sich als Kenner der Vorgänger direkt heimisch. Man wird nicht nur den Grafikstil wieder erkennen, sondern auch erneut in den Genuss der bis dato unerreicht guten Wettereffekte oder der gefährlichen über die Zone hinweg rollenden Emissionen kommen. Zugegeben, die Engine ist mittlerweile doch etwas in die Jahre gekommen und besonders die Figuren wirken nicht mehr wirklich auf der Höhe der Technik, aber in der Darstellung der hauptsächlich in Braun und Ockertönen gehaltenen, abwechslungsreichen Landschaft leistet sie nach wie vor ganze Arbeit. Die Zone wirkt trist, verlassen und bedrohlich, aber zugleich auch unglaublich faszinierend. Das ganze wird durch eine tolle Klangkulisse und einem unaufdringlichen Soundtrack, der schon fast Teil der Zone zu sein scheint, untermalt. Einfach eine fantastische Endzeitstimmung!
Anders als noch bei Clear Sky wurde diesmal aber kein Gebietsrecycling gemacht, sondern man besucht drei komplett neue Spielgebiete, allesamt im Zentrum der Zone in und um der Arbeiterstadt Pripyat. Die Gestaltung der Gebiete wurde anhand von sorgfältigen Recherchen angefertigt und lassen Fiktion und die traurige Realität perfekt miteinander verschmelzen. Beim Durchstreifen der recht großen Gebiete wird man immer wieder vom Entdeckerdrang gepackt werden, um auch mal abseits der eigentlichen Aufgaben auf eigener Faust die Welt zu erforschen.
So wie es immer sein sollte Waren die beiden sehr guten Vorgänger in ihren Grundversionen noch recht bugverseucht, anfällig für häufige Crashs auf den Desktop, und erst nach einer Reihe von Patches wirklich gut spielbar, hat die Q&A-Abteilung diesmal ganze Arbeit geleistet. S.T.A.L.K.E.R. Call of Pripyat ist während des gesamten Tests nicht einmal abgestürzt und es kam auch zu keinerlei Problemen mit den Quests oder zu andersweitigen Bugs.
Aber nicht nur hier hat GSC Gamesworld aufgepasst. Beim Hype um den ersten Teil hatten sie sich noch etwas mit der Featureliste übernommen und so waren viele im Voraus angekündigten Ideen in dem finalen Produkt gar nicht mehr zu finden. Zwei davon haben es in den neusten Ableger geschafft, nämlich die Bedürfnisse Schlafen und Essen. War die Nahrung in den Vorgängern im Grunde nur ein kleiner Ersatz für Medikits, muss man nun regelmässig etwas Essbares zu sich nehmen. Auch in der rauen Welt der Zone kommt man nun nicht mehr um den Schönheitschlaf herum. Allerdings kann man sich nicht überall einfach so aufs Ohr hauen, sondern nur in den Hauptstützpunkten in den jeweiligen Gebieten. Ignoriert man diese Bedürfnisse, macht sich das natürlich negativ bemerkbar. Dadurch gewinnt das Spiel noch etwas mehr an Realismus und unterstreicht seinen rollenspielartigen Charakter.
Allein auf weiter Flur Den Großteil des Spiels wird man mit dem Erkunden der unwirtlichen Welt verbringen. Jede Ruine oder Höhle, jedes Wrack könnte ein Versteck oder eine Anomalie mit Artefakten beherbergen. Und selbst bei erfolgloser Suche fühlt man sich selten gelangweilt, sondern saugt die grandiose Atmosphäre und die toll designten Landschaften einfach in sich auf. In Zaton liegen auf dem fast ausgetrockneten Flußbett des Pripyat alte verrostete Schiffwracks. In Jupiter findet man unter anderem die namensgebene und mittlerweile verwilderte Fabrikanlage. Und in Pripyat schließlich kämpft man sich durch die Geisterstadt, die im Spiel nicht ganz so verlassen ist, wie in der der Realität.
Zwar hat man die ganze Zeit ein Schießeisen vor der Nase, aber wenn man es drauf anlegt kommt dieses nur sehr selten zum Einsatz. Das mag den actionorientierten Ego-Shooter-Spieler irritieren und langweilen, wird den Kenner und Liebhaber der Serie aber umso mehr freuen. S.T.A.L.K.E.R. Call of Pripyat bleibt sich treu und setzt nach wie vor mehr auf Atmosphäre und Realismus – wobei man hier jetzt auch keine Militärsimulation â la Operation Flashpoint erwarten sollte. Aber insgesamt ist man besser damit beraten bedächtig vorzugehen, um die Ecken zu lugen und immer auf den Zustand seiner Ausrüstung acht zu geben. Die KI ist zwar nach wie vor nicht besonders schlau, aber wilde Frontalangriffe enden in der Regel mit dem Ableben des Protagonisten.
Mutanten und Söldner Anders als bei Clear Sky verzichtet man in Call of Pripyat wieder auf das Fraktionssystem, welches zugegebenerweise eh nicht richtig ausgereift schien. Menschliche Bewohner der Zone sind einem zunächst einmal so gut wie immer neutral gesonnen. Sie mögen es natürlich nicht, wenn man sie mit gezogener Waffe ansprechen möchte. Packt man das Schießeisen weg vergeben viele der NPCs Aufträge oder mehr oder weniger wichtige Informationen und lassen mit sich handeln. Feindseelig sind in der Regel nur einige Banditen und Söldner. Wenn man es aber möchte kann man sich durch Waffengewalt natürlich auch andere Stalker und Mitglieder der bekannten Gruppierungen, wie Freiheit oder Wächter zu Feinden machen.
Um sich im positiven Sinne einen Namen bei seinen Mitmenschen zu machen, gibt es eine Reihe von Auszeichnungen, die für bestimmte Quests oder Taten vergeben werden und häufig auch spielerische Vorteile, wie zum Beispiel tägliche gratis Medikit-Lieferungen mit sich bringen. Die Mutanten der Zone sind natürlich gefährlich wie eh und je. Sehr schön fallen die unterschiedlichen Verhaltensmuster der verstrahlten Lebewesen auf. Verseuchte Hunde stürmen meistens gerade auf einen zu, während Blutsauger versuchen unsichtbar heranzupreschen, um einen zu überraschen und mit ein bisschen Pech auch komplett zu überrumpeln, was den sofortigen Bildschirmtod zur Folge hat. Jede der größtenteils bekannten Mutantengattungen kann man mit verschiedenen Taktiken an den Kragen gehen. Weitere Feinde sind natürlich nach wie vor die Umweltbegebenheiten der Zone. Verstrahlte Bereiche, giftige Gase oder sonderbare Emissionen machen einem das Leben schwer und fordern nicht selten Umwege.
Schatzsucher Der eigentliche Antrieb eines Stalkers sind natürlich die merkwürdigen Artefakte, die überall in der Zone auftauchen. Ausgerüstet mit einem Detektor und Schrauben zum Ausloten der gefährlichen Bereiche innerhalb einer Anomalie, kann man sich in selbige wagen, um die lukrativen Schätze zu bergen. Doch die Artefakte bringen nicht nur beim örtlichen Händler eine Menge Rubel ein, sondern können auch für einen selbst sehr hilfreich sein. In der Ausrüstung getragen verbessern sie bestimmte Attribute. Man sollte nur aufpassen, da so gut wie alle Artefakte von sich aus strahlen und eine zu hohe Strahlendosis auf Dauer sehr schädlich ist.
Gib mir was zu tun Um sich in der Zone finanziell über Wasser zu halten reicht den meisten Stalkern die Artefaktsuche allein nicht aus. Viele NPCs befinden sich glücklicherweise auf der Suche nach Leuten, die sich den einen oder anderen Rubel durch das Erfüllen von Aufträgen hinzuverdienen wollen. Und hier hat GSC Gamesworld einen großen Kritikpunkt des Vorgängers beseitigt: Es gibt keine generischen Quests mehr. Alle Aufträge sind komplett von Hand gestaltet, spielen sich daher sehr viel abwechslungsreicher und motivieren dank toller übereinandergreifenden Erzählungen. Lediglich die Inszenierung ist nicht immer voll und ganz gelungen. Schade auch, dass es immer noch keine durchgängige Sprachausgabe gibt. Die Sprecher der wenigen Sprachsamples sind wirklich gut gelungen und sprechen mit einem russischen Akzent oder sogar komplett auf russisch.
Fazit:
Es gibt nur ganz ganz wenige Titel, die eine derart beklemmende, unheimliche, aber zugleich so faszinierende Atmosphäre erzeugen wie die Spiele der S.T.A.L.K.E.R.-Serie. In Sachen Endzeitstimmung steckt die Zone um Tschernobyl meiner Meinung nach auch das wirklich gelungene, verstrahlte Washington aus Fallout 3 nach wie vor locker in die Tasche.
Der dritte Ausflug in der Zone mag zwar nicht mehr die ganz große Faszination eines unverbrauchten Settings ausstrahlen wie seiner Zeit der erste Teil, sticht aber nach wie vor äußerst positiv aus der breiten Masse hervor. Die etwas langsam in Fahrt kommende Hauptstory wird durch die vielen tollen Nebenquests und das freie Erkunden der Spielwelt gestützt. Trotz nicht mehr ganz so riesiger Welt gibt es nach wie vor eine Menge zu entdecken. Call of Pripyat ist ganz klar der ausgereifteste Titel der bisherigen S.T.A.L.K.E.R-Serie und wird wohl auch der letzte Teil auf Basis der X-Ray Engine sein. Großartige spielmechanische Neuerungen sollte man natürlich nicht erwarten.
Konnte man bisher mit den beiden Vorgängern nichts anfangen, wird sich das wahrscheinlich auch mit dem neuen Teil nicht ändern. Alle Fans werden eh schon zugegriffen haben, aber auch Interessierte, die mal so richtig wieder für mehr als nur ein paar Stunden in ein Spiel eintauchen wollen, sollten für den überaus fairen Preis sofort zuschlagen.
| |
Autor der Besprechung:
Sebastian Köller
|