Dark Void
Entwickler:
Capcom
Publisher:
Capcom
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
37 bis 45 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Inhalt:
Dark Void, Capcoms Raketenrucksack-Abenteuer im Bermudadreieck, hätte eigentlich schon länger draußen sein sollen. Doch wie es oft im Videospielgeschäft ist, werden Termine eben verschoben, auch wenn es laut Hideo Kojima ein Vertrauensbruch, gar ein Verbrechen ist. Bei manchen Spielen ist man allerdings froh, dass es dann doch nicht früher erschienen ist. Ob Dark Void eines dieser Spiele ist? Unser ausführlicher Test zeigt die Stärken und Schwächen des neuen Third-Person-Shooters auf.
Meinung:
Nachdem man im ersten Level, einem Prolog, schon mal mit dem Jetpack herumfliegen und auf Ufos ballern darf – warum auch immer, stellt uns der zweite Level den Protagonisten des Spiels vor: Will. Den Nachnamen habe ich vergessen, denn die Spielfigur bietet lange Zeit eigentlich nichts Besonderes. Will ist Frachterpilot und muss seine alte Freundin Ava irgendwo hinfliegen, die Route führt mitten durchs Bermuda-Dreieck. Dort stranden die beiden dann auch schließlich. Nach ersten Begegnungen mit roboterähnlichen Aliens im Dschungel, bei dem man in das Spielprinzip - hauptsächlich in das neuartige, horizontale Deckungssystem - eingeführt wird, verbringt man den dritten Level damit, Ava in ein Eingeborenen-Dorf hinterher zu latschen, und dabei dämliche Dialoge mitzuhören. Schließlich bekommt man in der anschließenden Cutscene von Nikola Tesla ein Jetpack überreicht, denn er könnte im Ausgleich auch unsere Hilfe brauchen. Warum man nicht gleich auch die Ankunft im Dorf in die Zwischensequenz mit reingepackt hat, ist mir schleierhaft, denn außer drei Tagebüchern gibt es in diesem Level nichts zu finden, man hat nicht den geringsten Feindkontakt.
Hang On So manch einer könnte an dieser Stelle schon gelangweilt die Konsole ausschalten, denn bei Dark Void dauert es tatsächlich etwas länger, bis man mit dem Spielprinzip warm wird. Lange kämpft man sich wie in jedem anderen x-beliebigen Shooter durch schlauchartige Levels, zielt oder feuert blind hinter der Deckung hervor. Noch ohne Jetpack wirkt Will auch gerade beim Hüpfen mit der Waffe äußerst albern. Schwindelfrei sollte man sein, wenn sich Will an Plattformen nach unten oder – nach Erhalt der Schwebe-Version des Raketenrucksacks – auch nach oben kämpft. Die Kamera ist dabei frei drehbar, die Gegner sind agil wie Spider-Man. Ansonsten funktioniert diese Art Deckung fast genau wie die normale, sie ist nur etwas spektakulärer, besonders am Ende von Level 4, wenn man an einem vertikal gestrandeten Schiff herum hängt, und ein wichtiges Teil bergen möchte. Die Taste für den Nahkampf, mit der man auch am Boden einem Alien den Rest geben kann, funktioniert auch hier: Befindet sich ein Gegner auf der Plattform, unter der man hängt, reicht ein Druck auf die Kreistaste, um das Alien in die Tiefe zu ziehen.
Luft- und Bodenabwehr Doch wer das Spiel anhand der ersten paar Level negativ bewertet, tut den Entwicklern Unrecht, denn im letzten Kapitel der ersten Episode schwenkt das Spiel völlig um: Will findet einen Prototypen-Rucksack, der richtig fliegen und nicht nur schweben kann, und der auch mit Maschinengewehren ausgestattet ist. Fortan genießt man in großen Gebieten sehr viel Freiheit, und gelangt schließlich in die Leere, eine Paralleldimension, die wie eine Steinwüste mit gigantischen Klippen und Abgründen aussieht. Hier fliegt man beispielsweise zusammen mit den „Überlebenden“ einen Luftangriff auf ein Gefängnis der außerirdischen „Beobachter“, kann Gleiter des eigenen Trupps fliegen, sich mit dem Jetpack bewaffnet an feindliche Ufos hängen, um diese zu kapern (Ein witziges Minispiel).
Dann fliegt man noch mal einen Angriff auf die Bodentruppen, um dann herabzuschweben und schon mal mit dem Sniper-Gewehr ein paar Aliens gezielt zu erledigen. Man geht rein, kämpft sich durch den Komplex der Aliens, in dem auch von der vertikalen Deckung gut Gebrauch gemacht wird, und das alles nahtlos ohne Ladezeiten. Respekt hierfür an die Entwickler. Da sieht man auch mal darüber hinweg, dass man schon weitaus bessere und abwechslungsreichere Grafiken gesehen hat – das Gefühl, mitten in einer Schlacht zu stecken, und nicht einfach nur dem Dschungelpfad zu folgen (wie zu Beginn), kommt einfach gut rüber. An anderen Stellen darf man auch, wenn man Lust dazu hat, Flugabwehr-Geschütze bedienen. Dark Void lässt einem da viele Freiheiten.
Parallele Parallel-Welten Kritik müssen sich Airtight Games und Capcom aber trotzdem gefallen lassen. Denn schön wäre es, wenn man nicht nur die Energie für Waffenupgrades (wird z.B. von Gegnern hinterlassen) und die Tagebücher finden könnte. So ist es ein wenig witzlos, die großen Gebiete zu erkunden. Als nächstes wäre das Setting an sich. Zuerst befinden wir uns im wohl im Dschungel des Bermuda-Dreiecks, und nicht in der Leere, obwohl aus dem Tagebuch von Amelia Earhart hervorgeht, dass die Sternbilder nicht passen, und die Flora fremdartig ist (so sieht sie gar nicht aus). Dann gibt es aber plötzlich noch eine andere Dimension (die auch nicht sehr ansehnlich und fremdartig ist). Ohnehin ist die Story voller Logik- und Handlungslöcher, der Hintergrund der Aliens, die eigentlich schneckenartige Wesen in Roboteranzügen sind (wie haben sie die denn gebaut?), ist völlig unglaubwürdig, und der einzige Charakter, der diesen Titel auch verdient, taucht erst in der Leere auf. Tiere gibt es weit und breit nicht, was die Welt von Dark Void noch unechter erscheinen lässt.
Altbekanntes Auch vom Design her hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert: Stellenweise wird man an Lost, Avatar, Halo, Mass Effect und diverse Endzeitfilme erinnert. Ist das Gefecht mal zu hitzig, kann es auch schon mal zu Soundproblemen kommen. Ansonsten klingen die Effekte aber gut, die Musik gar echt gelungen, die Stimmen nicht übel. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht, die deutschen Texte sind nicht immer gelungen, und bei den Beschreibungen der Trophies kann es zum einen oder anderen Missverständnis kommen.
Einzelticket Was das Spiel noch in höhere Wertungsregionen hätte katapultieren können, wäre ein Multiplayermodus. Denn das Spielprinzip mit gleichzeitigen Luft- und Bodenkämpfen auf großen Karten wäre perfekt für spannende Online-Runden gewesen. Schade, hier wurde eine Menge Potenzial verschenkt. Zwar scheint es laut Trophy-Liste noch Überlebensmissionen zu geben, die sollen aber wohl als Downloadable Content nachgeliefert werden. Obwohl im unansehnlichen Titelmenü schon in schlechtem Denglisch behauptet wird, dass dieser Inhalt schon verfügbar wäre.
Fazit:
Ehrlich gesagt, ich hatte mir Dark Void etwas anders vorgestellt. Aber Capcom scheint wohl immer mehr zum Shooter-Lieferanten zu mutieren, während die klassischen Action-Adventures etwas hinten anstehen. Aber nach den zahlreichen negativen Kritiken, die dieses Spiel bekommen hat, war ich dann doch etwas positiv überrascht. Das spätere Spielprinzip, große Schlachten in der Luft und am Boden sowie in Komplexen unter der Erde - dabei alles mit nahtlosen Übergängen und vielen Freiheiten - macht einfach Spaß. Die Waffen sind vielseitig, das UFO-Kidnappen macht Laune, und die vertikalen Schießeinlagen sowieso. Leider fehlt der Multiplayermodus, die Story ist total wirr, die Grafik nichts Besonderes, und der Einstieg ins Spiel dauert einfach zu lange – mal ehrlich, braucht man einen Level, in dem man nur einer Figur hinterher läuft, und nichts weiteres geschieht? Ansonsten dürfen Shooter-Fans gerne zugreifen.
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Autor der Besprechung:
Michael Hambsch
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