Medal of Honor
Entwickler:
Electronic Arts
Publisher:
Electronic Arts
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
ca. 30 bis 70 €
Systeme:
PC
Testsystem:
Intel Core Duo @ 3 GHz, 4 GB RAM, ATI Radeon 4800 HD
Anforderungen:
3,2 GHz-Prozessor, 2 GB RAM, 10 GB Festplattenspeicher
Inhalt:
2008 war die EA-Welt noch in Ordnung: Die Medal of Honor-Reihe – historische Ego-Shooter, entwickelt nicht zuletzt von Steven Spielberg – konnten sich trotz zahlreicher Konkurrenten den Titel der „meistverkauften Videospiel-Reihe“ im Guiness-Buch 2008 sichern. Wirklich überraschend war dieser Erfolg aber irgendwie nicht, schließlich hatte die Serie von 1999 an in knapp 20 Ausgaben auf verschiedenen Plattformen immer wieder aufs Neue für beeindruckende Verkaufszahlen gesorgt und damit ein eigenes Subgenre geschaffen.
Doch schon damals deutete sich an, was nur zwei Jahre schon Realität werden sollte: Im Jahr 2010 ist der Genre-König tot, sitzt mit dem Call of Duty-Franchise ein verstoßener Prinz auf dem Thron und fühlt sich dort sichtlich wohl. Ein Zustand, den man bei EA natürlich nicht hinnehmen konnte, und entsprechend zu einem großen Schlag ausholte. Sprich: Der Publisher entschied sich für den Reboot der Serie, räumte ein paar lästige eigene Traditionen aus dem Weg und präsentierte Ende 2010 mit dem schlicht Medal of Honor betitelten Spiel einen Ego-Shooter, der den Activision-Emporkömmlingen zeigen sollte, wer noch immer der Chef im Palast bzw. Haus ist.
Meinung:
Der zentrale Unterschied zwischen Medal of Honor und den bisherigen Titeln der Reihe wird schon beim Blick auf das Cover des Spiels deutlich: Das ziert nämlich mitnichten ein gewohnt gehetzt dreinblickender Soldat des Zweiten Weltkriegs, sondern ein vollbärtiger Hüne mit Sonnebrille, Baseball-Cap und Palästinenser-Tuch. So recht zur „Mutter aller Kriege“ will das nicht recht passen.
Und tatsächlich thematisiert Medal of Honor als erster Teil der Serie sensationellerweise nicht mehr den Kampf gegen die Achsenmächte, sondern den gegen Taliban und afghanische Warlords. Gegen die hat der Spieler im Singleplayer-Modus in der Haut von vier Elitekämpfern des US-Militärs, so genannter „Tier 1-Operatoren“, in einer Reihe möglichst realistischer Missionen vorzugehen, die lose auf Ereignissen des Afghanistan-Kriegs im März 2002 basieren.
Staubtrocken Geboten wird dabei alles das, was man eben von einem modernen Militär-Shooter erwartet. Mal gerät das eigene Team in einen Hinterhalt, dann gibt man Feuerschutz, um im nächsten Abschnitt hingegen ein gegnerisches Camp zu infiltrieren. Gekämpft wird zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten, Bewegungen finden entweder zu Fuß oder an Bord verschiedener Fahrzeuge statt. Wirkliche Neuerungen am Spielprinzip sucht man dabei leider vergebens, was allerdings in einem Subgenre wie dem des historisch orientierten, möglichst realistischen Shooters auch wenig überraschend ist, die extreme Linearität des Titels aber auch wieder nicht erklärt. Allerdings ändern weder die Beschränkungen des Genres noch das Mitwirken einiger Afghanistan-Veteranen an der Entwicklung des Spiels etwas daran, dass die Kampagne von Medal of Honor so viel Abwechslung zu bieten hat wie ein Bericht der Tageschau über die Lage am Hindukusch.
Bildschön Dabei fängt die Grafik des Spiels die karge Schönheit der dortigen Landschaft (soweit man sie denn anhand von Fernsehbildern usw. beurteilen kann) beeindruckend gut ein. Gut, besonders viel zu sehen gibt es dabei – ganz realistisch – natürlich nicht, was aber nichts daran ändert, dass die nebelverhangenen Hochtäler Afghanistans von der extrem aufgebohrten Unreal 3-Engine in ausgemacht schönen Bildern dargestellt werden. Aber auch sonstige Effekte wie Explosionen, Einschüsse etc. weiß die Grafik von Medal of Honor beeindruckend gut umzusetzen, was angesichts der Erfahrung der Entwickler mit den optischen Folgen von Handgranaten usw. aber auch kein Wunder ist.
Gerade eben Durchschnitt Bei der Darstellung von Gebäuden, anderen Figuren oder sonstigen, nicht natürlichen Elementen der Umgebung überzeugt die Grafik von Medal of Honor allerdings weniger. Denn wenn sich zwischen den Schusswechseln einmal die Zeit findet, diese Details länger zu betrachten, merkt man dem Spiel hierbei schnell das relativ hohe Alter der verwendeten Engine an. Zwar fallen weder Animationen noch Texturen wirklich hässlich oder billig aus, dennoch lässt sich der grafische Eindruck des Spiels insgesamt leider nur als zufriedenstellend bezeichnen. Für einen Titel, der sich weit oben in der Shooter-Hierarchie positionieren will, ist das einfach zu wenig.
Ohrensause Besser ist das den Entwicklern bei der Umsetzung von Soundeffekten, musikalischer Untermalung und der Synchronisation der spärlichen Dialoge gelungen, deren Umsetzung allesamt dem Stand der Technik entsprechen. So ergänzen sich die erwartungsgemäß pathetischen Klänge des von Ramin Djawadi komponierten Soundtracks, das tiefe Dröhnen der Explosionen und die kurzen, abgehackten Kommandos der Kampfgefährten zu einer beeindruckend realistischen Klangkulisse eines kaum zu durchschauenden Krieges. Ohne es dabei zu versäumen, den Handlungsbogen des Spiels angemessen zu ver- und damit betonen.
Alles echt Damit stellt der Sound des Spiels eine zentrale Säule des sehr speziellen Spielgefühls dar, das Medal of Honor seinem Spieler vermittelt. Denn die betont realistische Ausrichtung des Spiels ist eben nicht nur von der EA-Marketing-Abteilung gut umgesetzt worden, sondern eben auch – und das ist schließlich bedeutend wichtiger – von den Entwicklern selbst:
Mal in hektische Häuserkämpfe, mal in nervöse Stellungsgefechte über große Distanzen verwickelt, durchlebt der Spieler während der im übrigen leider relativ kurzen Storyline von Medal of Honor den Alltag eines Soldaten. Und dieser zeichnet sich eben weit mehr durch Unvorbereitetes und Phasen der Passivität aus, bzw. kennt kaum Platz für Epik. Einen wirklichen Unterhaltungswert entwickelt dieser Ansatz aber eben nur dann, wenn man sich auf ihn einlassen kann. Was auch die ein oder andere überraschend schlechte Wertung des Spiels erklären mag.
Ethisch zweifelhaft Vor diesem Hintergrund ist es nun irgendwie sogar nachvollziehbar, dass man sich beim Reboot der Medal of Honor-Reihe hinsichtlich des Szenarios gegen vergangene bzw. fiktive Kriege und für den diesbezüglich die Tagespolitik beherrschenden Afghanistan-Konflikt entschieden hat: Medal of Honor gibt seinen Spielern, soweit man das als nicht direkt Beteiligter beurteilen kann, sehr direkt die Möglichkeit, genau das zu erleben, was uns die Medien vom Leben und Sterben rund um Kabul zeigen wollen.
Ob ein solches Erlebnis ethisch über jeden Zweifel erhaben bzw. überhaupt noch „Spiel“ genannt werden kann, muss allerdings jeder für sich selber entscheiden. Diesbezügliche Kritik hat das Projekt auf jeden Fall schon während seiner gesamten Produktion begleitet, ohne je von den Verantwortlichen überzeugend widerlegt worden zu sein.
Warum nicht gleich so? Um eben jene Diskussion aber nicht ausufern zu lassen, hat sich EA dazu entschlossen, eine der beiden im Multiplayer-Modus spielbaren Parteien von „Taliban“ in „Opposing Force“ umzubenennen. Zum Glück. Denn hätte der Publisher auf dem einmal eingeschlagenen Ansatz bestanden, wären die überaus gelungenen Mehrspieler-Partien des Titels eindeutig aus den falschen Gründen in aller Munde gewesen.
Denn der Multiplayer-Modus von Medal of Honor, im Übrigen von den Battlefield-Machern von DICE entwickelt, ist absolut gelungen und punktet bei Shooter-Fans gleich mehrfach: Erstens über die im Vergleich zum Einzelspieler-Modus schönere Grafik – es wird die aus Battlefield bekannte Frostbite-Engine genutzt – , zweitens durch die recht kleinen, aber dennoch sehr gut designten Maps und drittens dank des ausgeprägt taktischen Charakters der darin ausgetragenen Kämpfe. Da das Spiel durch diese Faktoren an drei entscheidenden Punkten verbessert wird, drängt sich bei einem Vergleich zwischen Einzel- und Mehrspielmodus der Eindruck auf, dass ersterer nur ein aufwändig gemachtes Tutorial zu letzterem darstellt.
Fazit:
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Autor der Besprechung:
Max Link
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