Defiance
Entwickler:
Trion Worlds
Publisher:
Namco Bandai
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
44 bis 59 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Testsystem:
Prozessor: i2500, ATI 6850, 4 GB RAM
Anforderungen:
Prozessor: DualCore Prozessor, 2.0 GHz, NVIDIA GeForce 8600/ATI Radeon HD 2900, 2048 MB RAM
Inhalt:
Trion Worlds hat
sich das erste Mal einen Namen im MMOG-Genre mit RIFT gemacht. Für
böse Zungen war es nie mehr als ein schlechter World-of-Warcraft-Klon, für andere eine gute Evolution des Genres mit frischen Ideen.
Mit Defiance wagt Trion einen weiteren Schritt und verbindet
Onlinegaming mit der Handlung einer TV-Serie, die im Pay TV vor
kurzem angelaufen ist. Am Ende sollen beide Medien miteinander
verschmelzen und Spielern wie Zuschauern eine großartige Immersion
in dieser Welt bieten. Das klappt aber nur, wenn Serie wie auch Spiel
wirklich rocken, und ähnlich wie bei den MMOGs ist auch der Markt
der Serien mehr als gut gefüllt.
Meinung:
Turbulentes Gameplay Ich gebe Schub und
der Turbo fängt an zu glühen. Mein Quad brettert zwischen alten
Häuserruinen, riesigen bunten Pilzen und schwer bewaffneten Mutanten
hindurch. Ich halte genau auf eine verfallene alte Autobahntrasse zu,
ignoriere dabei riesige außerirdische Käfer, die sich mir in den Weg
stellen. Plötzlich bricht die Trasse ab und vor mir eröffnet sich
ein Abgrund. Wieder boostend hebe ich mit dem Quad ab, vollführe
eine 720°-Drehung in der Luft und komme gekonnt nach hundert Metern
Flugphase auf. Trotz hoher Geschwindigkeit des Buggys springe ich ab,
schultere meine MP – die radioaktive Munition verschießt – und beharke
damit lokale Raider-Banditen, die laut Auftraggeber hier für Ärger
sorgen. Die Banditen sind härter als gedacht, schnell zünde ich die
Unsichtbarkeit meines Egos und ziehe mich in sicheres Gelände
zurück. Der Plan: Mit meiner Zweitwaffe, dem Scharfschützengewehr
mit Brandmunition, aus der Entfernung den Feind dezimieren. Denn eins
ist klar, die Credits, das neue Schutzschild und die Erfahrungspunkte
für das Erledigen des Auftrags will ich mir nicht durch die Lappen
gehen lassen.
Hört sich spaßig
an? Ist auch verdammt spaßig, allerdings sollte man bei Defiance
kein übliches Online-Rollenspiel erwarten. Die Eckpfeiler aus
Missionen, Charakterlevel und Belohnungen in Form von Items
suggerieren ein Gameplay, das so eigentlich dem fast Spiel nicht
gerecht wird. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, wer hier ein World
of Warcraft im Shootergewand finden möchte, kann nur enttäuscht
werden. Was aber ist denn Defiance dann?
Was ist
Defiance? In
Defiance erstellt sich jeder zuerst einen Charakter. Entweder menschlich oder Irathier, dabei jeweils in weiblicher und männlicher Form. Danach bestimmt man
seine Herkunft und Anfangsbewaffnung, die im Spiel selber aber keine
Bedeutung mehr hat. Im Tutorial und dem Einleitungsvideo wird man mit
der Spielwelt vertraut gemacht. Danach wählt man
eine von vier Egoklassen, die später mit ein- und demselben Charakter
freigeschaltet werden können. Heißt, am Ende kann jeder alles
erlernen, aber nie gleichzeitig anwenden, da man immer nur eine
Klasse zur Zeit aktivieren kann. Man kann sich für
Unsichtbarkeit, höheren Waffenschaden, Illusionen oder schnelleres
Rennen entscheiden.
Zusätzlich kann
man je nach Egolevel Verbesserungen freischalten. Ich
kann zum Beispiel beim Ego Unsichtbarkeit die Fähigkeit erlernen, dass
ich während der Unsichtbarkeit mehr Schaden verursache, oder in der
Hocke weniger Schaden bekomme. Es gibt unzählige unterstützenden
Fähigkeiten die man erlernen und stufenweise verbessern kann. Für
Langzeitmotivation ist also gesorgt.
Punkte, um
Fähigkeiten zu kaufen oder zu verbessern erhält man durch das
Erreichen einer neuen Stufe. Kennt man zu genüge aus anderen
Spielen. Wichtiger bei Defiance ist aber das Egolevel. Dieses gibt
an, wann man welche Fähigkeit überhaupt erst kaufen kann. Fast
alles, was man im Spiel erreicht, wird mit Egopunkten belohnt. Seien
es fette Sprünge mit dem Fahrzeug, die Erkundung der Welt, das
Hochstufen von Waffen, das Aufsteigen einer Stufe oder das Erledigen von
Questreihen, überall winkt die Belohnung in Form von Ego. Man kennt diese
Art des Gameplays in Form von Achivements bzw. Erfolgen aus anderen
Spielen. Nur durch die Verbindung mit der Charakterstufe wird man
viel aktiver für das Sammeln solcher Ziele belohnt. Wer nur stumpf
Stufen mit Erfahrungspunkten aufsteigt, der kann erst viel später
starke Fähigkeiten erlernen, weil sein Egolevel trotz hoher Charakterstufe
zu gering ist. Umgekehrt kann jemand, der viel abseits des Weges
erledigt, viel früher starke Fähigkeiten erlernen.
Viel zu tun Das
eigentliche Gameplay besteht dann nicht nur aus klassischen Missionen
wie in jedem anderen Onlinerollenspiel. Beschützen, Erforschen, Einsammeln oder Töten kennt man, einziger Unterschied: Es wird
reinrassig geballert und eine Actionbar mit Fähigkeiten sucht man
vergeblich.
Abseits dieser
bekannten Mechaniken offenbart Defiance weitere
Beschäftigungsmöglichkeiten. Verstreut über die Weltkarte sind
überall Herausforderungen zu meistern. Seien es Wettrennen mit den
Fahrzeugen oder gewisse Schießübungen mit fest definierten Waffen
auf Zeit gegen Gegnerwellen, überall kann man sich dem weltweiten
Ranking stellen. Als Belohnungen gibt es Erfahrungen, Items und den
Ruhm der Community.
Eher klassisch sind
die Fünf-Spieler-Instanzen, die man nach und nach freischaltet und
der Deathmatch-Multiplayermodus. Beides netter Zeitvertreib, wobei es
ruhig mehr Instanzen geben könnte und auch der Multiplayermodus mehr
Spielmodi vertragen hätte. Lustiger sind die Schattenmissionen, in
denen 128 Spieler in zwei Teams auf der Weltkarte ihr eigenes
Open PvP austragen.
Insgesamt
orientiert sich das Gameplay in etwa an Borderlands. Wie dort gibt es
in Defiance allerhand Schießprügel, von exotisch wie ein
Käfergewehr bis hin zu klassischem Geschütz. Zusätzliche
Komponente sind diverse Zustände, welche die Schadensart der Schusswaffen verändern. Eine Waffe mit
Feuermunition z.B. macht zusätzlich Schaden über Zeit, radioaktive Munition reduziert die Rüstung des Gegners. Weiter kann
man die Waffen durch Benutzen hochleveln und so
zusätzliche Boni freischalten, oder auch mit zusätzlichen
Ausrüstungen wie Zielfernrohren, Magazinupgrades oder
Frontläufen verbessern. Schneller als man denkt gerät man in den
Sog aus Waffen erspielen, aufleveln und verbessern, wie in jedem
klassischen Itemsammelspiel.
Massengeballer Wer RIFT gespielt
hat, kennt dort die Risse, die man gemeinsam mit vielen anderen
Spielern meistern kann – andere Spiele nennen diese Art der Mission
(Public) Events. In Defiance sind dies die Archefälle. Hier kämpft
man je nach Gebiet gegen riesige Alienkäfer, Horden von
Mutantensoldaten oder Raidern. Nur mit geballter Feuerkraft kann man
diese Archefälle meistern. Da diese Quests, wenn sie auftreten,
sofort auf der Weltkarte zu sehen sind, ist das Spieleraufkommen dort
entsprechend hoch, auch weil bei Erfolg neben viel Erfahrung auch
tolle Items winken. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass man bei
größeren Archefällen an die zweihundert Spieler antrifft, die den
Ort des Geschehens mit allen möglichen Feuerwaffen, Fähigkeiten und
Granaten in einen wuseligen, bunten Hexenkessel verwandeln.
Also alles
bestens? Leider gibt es an dem sonst guten Konzept von
Defiance ein paar Schattenseiten. Auf der einen Seite ist das Spiel
alleine recht schwer, und trotzdem hat es oft eher eine
Singleplayeranmutung. Der Chat wird kaum genutzt, viele rennen
außerhalb der Archefälle alleine rum. Es ist am Ende wohl eher ein
Koop-Shooter in einer Onlinewelt – was nichts schlechtes sein muss.
Man darf nur eben kein klassisches MMOG mit hoher sozialer Komponente
erwarten. Weiterer negativer Aspekt ist die Menüführung. Zu
jeder Zeit merkt man dem Spiel an, dass das Interface auch für
Konsolen optimiert wurde. Hier wurde schon ein wenig nachgebessert,
grundsätzlich ist durch die Verschachtelung alles recht
unkomfortabel aufgebaut.
Und wo wir schon
bei den Konsolen sind, technisch sollte man auch eher zur PC-Version
greifen. Klar ist es Trion hoch anzurechnen, dass sie Defiance auch für
die Konsolen entwickelt haben, wer allerdings das hübschere wie auch
flüssigere Spiel erleben möchte, sollte sich lieber die PC-Version
kaufen, die alles andere als hässlich ist. Zwar gibt es optisch
abwechslungsreichere Titel, insgesamt ist die Spielwelt mit ihrer
zerstörten Umgebung und der durch Terraforming entstehenden, neuen
Flora aber äußerst stimmungsvoll.
Eine kleine
Anmerkung zur deutschen Version. Die Synchronisation ist stellenweise
etwas holprig, manchmal bleiben die Auftraggeber stumm oder sprechen
mit falscher Stimme. Hier muss Trion unbedingt nachbessern. Wo sich
wohl leider nichts mehr ändern wird ist sprachunabhängig der stumme
Held. Es ist schon etwas merkwürdig, wenn man in einem Spiel, das doch
schon recht viel Wert auf die Geschichte und deren Charaktere setzt,
selbst als stummer Protagonist immer etwas dumm aus der Wäsche
schaut. Hier sind aktuelle Titel wie Guild Wars 2 oder Star Wars: The
Old Republic meilenweit voraus.
Verknüpfung von
Serie und Spiel Die Serie nach den wenigen Folgen zu beurteilen möchte ich mir noch
nicht erlauben. Das Konzept ist sicherlich interessant, der Wortwitz
und Charme passend, wenn auch manche CGI-Effekte eher enttäuschend
sind. Die beiden Hauptrollen sind super besetzt, und sind das
bisherige Herzstück und Schwungrad der TV-Serie. Gerade die beiden
trifft man auch im Spiel immer wieder und erledigt mit ihnen
gemeinsam Missionen.
Hier profitieren beide Medien ganz klar voneinander, und ein Spieler
der auch die Serie guckt hat sicher mehr Spaß. Allerdings ist die
Handlung der Hauptserie zur Zeit in einer anderen Region angesiedelt
und so fällt die Beeinflussung und die Immersion etwas weniger stark
aus als gehofft. Hier muss Trion für weitere Staffeln und
Episodenmissionen im Spiel unbedingt nachlegen. Das Potential ist da,
es muss nur noch mehr genutzt werden. Aktuell hat Trion in den
letzten Tagen ein Wettrennen um Erfolge gestartet, der Gewinner darf
sich – wie wurde noch nicht verraten – als Charakter in der nächsten
Folge wiederfinden.
Fazit:
Die Synergien zwischen TV-Serie und Spiel müssen sich noch beweisen,
man kann das Potenzial aber durchaus erahnen, denn gerade die
Episodenmissionen im Spiel machen aufgrund der bekannten Charaktere
aus der Serie viel Spaß. Hoffen wir also, dass die Serie gut ankommt
und am Ende Trions Mut belohnt wird.
Fernab dieser noch
ungeklärten Sachlage ist Defiance ein munteres Onlinerollenspiel,
das gewisse soziale Interaktivität vermissen lässt und am Ende eher
ein stimmungsvoller Spielplatz für Koop-Schießereien bleibt. In
Kleingruppen Archefälle meistern, die Welt erkunden, sein Ego
steigern und sich in dieser wirklich tollen Sci-Fi-Welt gemeinsam
durch knackige Missionen zu ballern macht Spaß! Das PvP ist eine
nette Dreingabe und die Einstiegshürde ohne monatliche Gebühren
spricht trotz Cashshop ebenfalls für Defiance. Wer sich daher nur
entfernt für das Setting interessiert, oder die Serie guckt, sollte
einen Blick riskieren!
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