Far Cry 3: Blood Dragon
Entwickler:
Ubisoft
Publisher:
Ubisoft
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
ca. 15 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Inhalt:
Far Cry 3 war einer der späten Hits des vergangenen Jahres und hat von meinem Kollege Stefan eine verdiente Neun bekommen, was natürlich auch einen Splashhit bedeutete. Als man erste Gerüchte über Far Cry 3: Blood Dragon hörte, ging man selbstverständlich von einer DLC-Erweiterung aus. Überraschenderweise handelte es sich letztlich um ein Standalone-Spiel, dessen Handlung und Setting nichts mehr mit Far Cry 3 zu tun hat. Blood Dragon spielt stattdessen in einer Zukunft, wie sie sich mancher SciFi-Autor in den 1980ern vorgestellt hat – oder wie sie sich damals gut verkaufen ließ. Wir haben uns die Xbox360-Version reingezogen.
Meinung:
Keine Frage, die Achtziger haben verdammt gute SciFi-Filme hervorgebracht. Filme wie Blade Runner, Terminator, Aliens, Predator, Robocop, Abyss, Zurück in die Zukunft, Tron, E.T., sowie einige Teile von Star Wars und Star Trek. Aber es gab auch eine Menge Trash, im guten wie im schlechten. An all das lehnt sich Far Cry 3: Blood Dragon an, und nimmt dabei noch Videospiele von damals und heute aufs Korn. In drei der oben genannten Filme spielt Michael Biehn (Welche, brauche ich wohl nicht zu schreiben) mit, der dem Protagonisten in Blood Dragon die Stimme leiht. In der englischen Vertonung, versteht sich. Für die deutsche Fassung konnte Norman Matt engagiert werden, der schon Videospielerfahrung hat, und den man als Synchronsprecher von Mark Ruffalo (Bruce Banner/Hulk in Avengers) kennt. Doch von vorne...
Ein Colt für alle Fälle Sgt. Rex Power Colt ist ein Cyborg-Soldat, wie sich nach dem zweiten Vietnam-Krieg und der atomaren Verwüstung üblich geworden sind. Er ist die Inkarnation des Achtziger-Jahre-Actionhelden, verteidigt das, was von der Welt noch übrig geblieben ist, und nimmt keine Drogen. Denn Gewinner nehmen nun mal keine Drogen – so sagt es die Regierung, und so steht es auf zahlreichen Kisten im Spiel geschrieben. Colt wird auf eine Insel geschickt, um den verrückten Colonel Sloan aufzuhalten. Die anfängliche Mission verläuft natürlich nicht ganz wie geplant, und Colt muss die Insel Stück für Stück aufräumen, um an Sloan heranzukommen. Wären da nur nicht die Blutdrachen, deren Blut Sloan stärker gemacht haben, und die Menschen wie Cyborgs zum Fressen gern haben – nachdem sie sie mit ihren Laseraugen geröstet haben. Doch die Drachen sind nicht wählerisch, und das kann sich Colt zunutze machen.
Die blutige Jagd Far Cry 3: Blood Dragon basiert technisch wie spielerisch auf dem Hauptspiel, übernimmt aber nicht alle Facetten des Gameplays. Die Insel ist etwa halb so groß, offen wie eh und je, und man kann Fahrzeuge inklusive Boote fahren. Es gibt die gleichen Takedowns wie im Hauptspiel – One-Hit-Kills durch Anschleichen, von unten, von oben, etc., wobei manche erst durch einen Level-Up gelernt werden müssen. Allerdings sehen sie anders aus, so wirft Colt kein Messer beim doppelten Takedown, bei dem ein weiterer Feind in der Nähe steht, sondern stilecht einen Ninjastern (die spätestens nach den American-Fighter-Teilen jeder haben wollte). Garnisonen können befreit und von freundlich gesinnten Wissenschaftlern besetzt werden, wenn man alle Cybersoldaten von Sloans Omega Force eliminiert. Das schaltet Geiselrettungsmissionen und Jagdaufgaben frei, welche wiederum wie Sammelobjekte, etc. dafür sorgen, dass Waffenupgrades verfügbar werden. Ansonsten kann man sich aber auch völlig der Story widmen, es entgeht einem dabei aber einiges, denn Blood Dragon ist nicht nur einfach ein Ego-Shooter im Retro-SciFi-Look.
Hart aber herzlich Das fängt schon beim Tutorial an, wo Colt seinen Partner verflucht, weil dieser ihm die „Neukalibrierung“ eingebrockt hat. Man lernt Dinge wie „Drücke Springen um zu springen“, fluchend kommentiert von Colt („Lasst mich endlich Leute töten“). Wie man den Stinkefinger zeigt, muss man jedoch selbst herausfinden. Die Ladebildschirme sagen uns dafür, dass die Ladebildschirme Tipps bereitstellen, und, und, und. Eine nach dem anderen werden alle Gepflogenheiten heutiger Videospiele durch den Kakao gezogen, politisch inkorrekte Sprüche gedroschen und blaue Cyborg-Herzen ihren Besitzern entrissen. Während man Cyborgs und Hunde nämlich mit dem Wurf eines zwanzigseitigen Würfels ablenken kann, braucht man die Herzen, um Blutdrachen in eine bestimmte Richtung zu lotsen, am besten natürlich zum Feind. Schaltet man die Schilde einer Garnison (per Steuerpult oder auch per C4 am Generator) aus, kommen die Drachen sowieso dort rein und machen Rabatz. Die Frage ist dann nur, ob die Omega Force gut genug ist, damit wir nicht hinterher den Drachen mit entsprechend viel Lebensenergie noch am Hals haben.
Video- oder Technodrom? Man kann den Großteil des Spiels ballernd erledigen, darf aber auch auf heimlich tun. Gerade Geiselrettungen erfordern Fingerspitzengefühl, und das Verstecken im Gras, während man mit dem Bogen zum lautlosen Kill ansetzt, funktioniert einwandfrei. Für alle, die es lauter mögen, gibt es auch Explosivgeschosse fürs Scharfschützengewehr. Als Sammelobjekte gibt es unter anderem Fernseher (was das soll, fragt sich auch Rex Colt, aber immerhin muss er keine Flaggen aufsammeln – eine Anspielung auf das erste Assassin's Creed), VHS-Kassetten mit dämlichen Filmen (von denen man nur die Beschreibung lesen kann) und Notizen eines Dr. Carlyle, der sich auch darüber aufregt, dass seine Notizen über die ganze Insel verteilt wurden. Bei den Jagdaufgaben geht es meistens darum, ein bestimmtes Tier mit einer bestimmten Waffe zu erlegen. Natürlich sind das auch keine normalen Tiere, sondern z.B. Wildschweine, auf die „Sloan sucks“ gesprüht wurde, oder fiese Cyborg-Straußen, die schon mal eine ganze Gruppe der Omega Force aufmischen können. Am meisten gelacht habe ich, als ich auf vier Schildkröten angesetzt wurde, die in der Kanalisation unter einer Garnison leben, dort die Rohre verstopfen und sich mit Ratten anfreunden. Diese Schildkröten waren zwar nicht mutiert, dennoch hatten sie einige Tricks auf Lager. Die Pizzaschachteln soll dann jemand anders wegräumen...
Besonders an Far Cry 3: Blood Dragon ist auch der Grafik- und der Musikstil. Scanlines und Neonfarben überall, abgefahrene, technische Cyborg-Spielereien bei der Selbstheilung von Rex, und der Titelbildschirm wartet mit einer Vektorgrafikversion der Insel und einem erstklassigen Musikthema auf, welches man in den Achtzigern nur den besten Filmen spendiert hätte. Auch die Ingame-Musik steht dem in nichts nach. Die Zwischensequenzen könnten tatsächlich seeligen 8- und 16-Bit-Zeiten entstammen – die richtig animierten Szenen, die wie 80er-Zeichentrickserien aussahen, blieben den Trailern vorbehalten.
Fazit:
Was mussten die Entwickler für einen Spaß gehabt haben, als sie Blood Dragon auf der Basis von Far Cry 3 kreierten. So hätten tatsächlich die Spiele damals aussehen können, wäre die Technik so weit gewesen wie heute. Abgedrehter Humor und verrückte Ideen ohne Ende, Cyborg-Straußen und Dinodrachen, die Laser aus ihren Augen schießen, maschinenhafte Cyborg-Stimmen, die auch mal Lieder pfeifen, und sogar eine retro-futuristische Version von Siri (das HUD im Spiel hat tatsächlich die gleiche Synchronstimme wie das Apple-Helferlein), die genauso nervig wie das Original ist. Das alles umfangreicher wie so manch ein Vollpreistitel, und für gerade mal 15 Euro. Wer die Nase voll von ernsten Actionspielen hat, oder einfach mal wieder den Flair der Achtziger erleben möchte, ist mit Far Cry 3: Blood Dragon bestens bedient!
Auf dem PC ist das Spiel auch als Retail-Version erhältlich. Ich gehe davon aus, dass auch diese Version trotz des Amazon-Hinweises, genau wie die Download-Versionen als Standalone spielbar ist.
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Autor der Besprechung:
Michael Hambsch
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