Anforderungen:
Minimu: Windows Vista; Prozessor: Dual Core 2,0 GHz oder ähnlich; Arbeitsspeicher: 2 GB; Grafikkarte: ATI oder NVIDIA Karte mit 512 MB RAM (nicht empfohlen für Intel HD Grafikkarten); DirectX: Version 9.0; Freier Festplattenspeicher: 5 GB; Steam-Konto
Inhalt:
Das Entwicklerstudio Dontnod wurde 2008 unter anderem von ehemaligen Mitarbeitern von Criterion, Ubisoft und EA gegründet und veröffentlichte als erstes das Actionspiel Remember Me, das nicht zuletzt dadurch aus dem Raster fällt, dass im Mittelpunkt eine weibliche Hauptfigur steht. Auch bei Life is Strange steht eine junge Frau im Zentrum der Geschehnisse.
Meinung:
Max Caulfield ist eine sympathisch-introvertierte 18 Jahre alte
Fotografie-Studentin mit besonderen Fähigkeiten. Doch dazu später mehr.
Max verbrachte die ersten Jahre ihres Lebens in Arcadia Bay, einer
verschlafenen Kleinstadt in Oregon und zog mit ca. 14 Jahren mit ihren
Eltern nach Seattle. Ihre beste Freundin Chloe musste sie damals
schweren Herzens zurücklassen und hatte seitdem keinen Kontakt zu ihr.
Wie das Leben so spielt, zieht es Max nun 5 Jahre später für ihre
Ausbildung zurück nach Oregon und Arcadia Bay – genauer gesagt an die
ehrwürdige Blackwell Academy. Ein Fotografie-Stipendium ermöglicht Max
das Studium an der recht elitären Schule. Neben allen neuen Einflüssen,
mit denen sich die schüchterne Schülerin auseinandersetzen muss,
entdeckt sie plötzlich, dass sie die Zeit manipulieren kann. Als ihre
beste Freundin aus Kindertagen plötzlich auf der Schultoilette von einem
Mitschüler mit einer Waffe bedroht wird, setzt Max ihre Kräfte zu ihrer
Rettung ein. Die Geschichte nimmt ihren Lauf. Was folgt sind 5
Episoden (die vorliegende Limited Edition enthält alle) spannendster
Unterhaltung und eine Gefühlsachterbahn, wie ich sie selten bei einem
Adventure erlebt habe. Die Limited Edition enthält neben dem Spiel auch
den wunderschönen Soundtrack (u.a. von Alt-J und José Gonzalez) sowie
ein umfangreiches Artbook.
Unter der Oberfläche Arcadia Bay scheint nur auf den
ersten Blick langweilig-friedlich zu sein. Wer hinter diese Fassade
schaut, findet jedoch viele spannende und traurige Geschichten: Die
Blackwell Academy etwa hat einen Sicherheitsmann angestellt, der
scheinbar ausgewählten Schülerinnen nachstellt, um diese zu
fotografieren; Chloe die rebellisch-punkige Freundin von Max scheint mit
der Trauer um den Verlust ihres Vaters noch immer nicht umgehen zu
können und hat das Gefühl von allen wichtigen Menschen in ihrem Leben
verlassen zu werden; Kate, ein schüchternes Mädchen aus einer streng
religiösen Familie, gerät auf einer Party an die falschen Leute und wird
durch die daraus entstehenden Folgen in schlimme Depressionen getrieben;
Rachel Amber, das wohl beliebteste Mädchen der Schule, verschwindet von
einen Tag auf den anderen scheinbar spurlos… Rachel war auch die
beste Freundin von Chloe und so liegt es nahe, dass Max und ihre
Freundin sich auf die Suche nach der Vermissten machen. Dabei stolpern
sie über düstere Geheimnisse und mehr als einmal retten Max' neu
entdeckte „Superkraft“ den beiden Kopf und Kragen. Mit Dramatik geizt
die Geschichte auf jeden Fall nicht.
Wenn in China ein Schmetterling mit den Flügeln schlägt Der Schmetterlingseffekt beschreibt populärwissenschaftlich den Sachverhalt, dass kleinste Veränderungen langfristig ein komplexes System unvorhersehbar verändern können. Mit genau diesem Gedanken spielt die zentrale Rätseltechnologie von Life is Strange.
Mittels Schulterbutton (Life is Strange spielt sich am besten mit großen Kopfhörern und einem Controller auf der Couch) kann der Spieler Max fast alle Situationen noch einmal durchleben lassen. Zuvor erhaltene Informationen und sogar Gegenstände behält Max allerdings. Das ermöglicht viele Rätsel: So kann die Protagonistin sich quasi teleportieren, indem sie den Ort wechselt und dann zurückspult (das Zurückspulen betrifft nicht ihren eigenen Körper) oder besonders gut auf ihr Gegenüber eingehen indem sie vorherzusehen scheint, was diesen bewegt (nachdem das Gegenüber ihr zuvor unwissentlich davon erzählt und sie in der Zeit zurückgereist ist). Die Herausforderungen für diese Gabe reichen von einfachen Taschenspielertricks wie „sag voraus was gleich passieren wird im Diner“ für Max‘ zunächst skeptische Freundin Chloe bis hin zu lebensverändernden Rettungsaktionen für unsere Mitmenschen (aus Spoilergründen vermeide ich es hier ins Detail zu gehen).
Auf jeden Fall funktioniert diese Fähigkeit reibungslos und integriert sich als zentrales Element perfekt in den Spielablauf. Kleine Schmetterlinge links oben im Bild zeigen, wenn gerade etwas Wichtiges passiert ist und eine kleine Spirale zeigt an wie weit wir noch in der Zeit zurückgehen können. Gab es in den letzten Augenblicken besonders wichtige Momente sind diese als kleine grüne Punkte auf der Spirale zu sehen und stellen ein bevorzugtes „Rückspulziel“ dar.
Malerisch schön, aber... Die Schauplätze sind durchweg wunderschön in Szene gesetzt. Das zieht sich von den einzelnen Zimmern im Wohnheim der Blackwell Academy über die Klassenzimmer über das Diner oder den detailverliebten Schrottplatz bis in Chloes Zimmer oder die Außenareale. Stets sorgt stimmige Beleuchtung für die richtige Atmosphäre und mein Screenshot-Folder war schnell gut gefüllt. Toll, dass ein Spiel, dessen Protagonistin für Fotografie brennt, so viel schöne Einstellungen bietet.
Wenn die Grafik durchaus ansehnlich ist, so liegt das allerdings am einzigartigen Stil und nicht an der technischen Finesse, denn gerade was Kerndisziplinen wie Charakteranimationen im Allgemeinen oder Mimik im Speziellen angeht, punktet das Spiel leider nicht. Max wirkt zwar sympathisch aber ihre Haare stünden auch einem Playmobil-Männchen und ihr Gesicht drückt nur rudimentär Gefühle aus. Andererseits ist dem einen oder anderen bekannt, dass Dontnod nach dem kommerziell nicht ungeheuer erfolgreichen Remember me nicht mehr sehr flüssig waren und für Square Enix dürfte das Projekt eher unter "ferner liefen" eingeordnet worden sein. Es konnte ja keiner ahnen, dass so ein Hype darum entstehen würde. Vielleicht hätte es dann auch eine deutsche Synchronisation gegeben. Aber zum einen ist das Englisch hervorragend zu verstehen und zum anderen sind die Untertitel sehr gut lesbar und durchweg richtig übersetzt.
Trotz dieser technischen Mängel weiß Life is Strange durchaus zu gefallen und das liegt einfach am grandiosen Gesamtpaket. So sind zum Beispiel die Tagebuchseiten, die Max im Laufe ihres Abenteuers stetig füllt, detailverliebt und wunderschön gestaltet. Hier hat man mangelndes Kapital vielleicht durch besonders viel Liebe fürs Detail ausgeglichen.
Einfach mal innehalten und… Gitarre spielen Während der circa 12-15 Stunden Spielzeit bietet sich an vielen Stellen im Spiel die Möglichkeit, Max einfach mal aufs Bett zu legen, mit der Gitarre klimpern zu lassen oder unter einem Baum, auf dem Brunnenrand, auf dem Schrottplatz oder sonst wo zu sitzen und über das Erlebte nachzudenken. Das tut sie dann in Worten und danach beginnt seichte Musik zu spielen, während der meist malerisch schöne Moment aus unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt wird, bis der Spieler sich entscheidet, die Protagonisten per Tastendruck wieder ins Hier und Jetzt zurück zu rufen. Allein die Möglichkeit des Innehaltens im Spiel passt gut zur Story und erhöht ungemein die Immersion. Apropos „Gitarre spielen“, auch wenn ich den Soundtrack eingangs bereits als „wunderschön“ bezeichnet habe, möchte ich sowohl die stimmigen Lieder des Soundtracks (von Singer Songwritern bis Punk Rock ist vieles dabei) als auch die tolle Synchronisation noch einmal separat loben, denn insbesondere Max legt durchweg viele Emotionen in ihre Stimme und verzaubert beim Zuhören.
Fazit:
Selten hat mich ein Spiel emotional so mitgenommen und so sehr zum Innehalten und Reflektieren angehalten und zugleich so viel Spaß gemacht. Unser Lieblingsmedium braucht mehr davon!
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