Bis vor Kurzem hatte ich auf meinem PC noch Street Fighter IV installiert. Alle paar Monate fand ich es wieder mal toll mit Ryu, Ken, Blanka und Co. gegen Geschwister und Freunde anzutreten. Der fröhlich-bunte Grafikstil, viele Kämpfer mit unterschiedlichsten Spielweisen und eine wirklich gute Balance sorgten lange für viel Spielfreude. Gerade im eSport-Bereich war der vierte Teil Genreprimus und nach beinahe einem Jahrzehnt schickt Capcom nun einen Nachfolger ins Rennen.
Meinung:
Die Konkurrenz hat auch abseits der eigenen Marke nicht geschlafen
und so erfreut sich das ungemein brutale aber mit verschiedensten
Spielmodi glänzende Mortal Kombat großer Beliebtheit und zuvor veröffentlichten die gleichen Entwickler Injustice,
bei dem man sich furios mit Batman, Superman, Doomsday und den anderen
DC-Charakteren vermöbeln konnte. Bis heute (auch wegen der Lizenz) mein
Lieblings-Fighting-Game.
Ist das alles? Diese Frage habe ich mir nach den ersten
Spielstunden gestellt. Voller Erwartung habe ich einen langen
Spieleabend mit einem Freund geplant, denn beim alten Streetfighter und
auch bei Injustice wurde zuletzt ein stolzer Umfang, was die Anzahl der
Spielmodi und die Riege der Kämpfer anbelangt, geboten. Stages, Modi, Kostüme und
Krieger per DLC nachzureichen ist ja mittlerweile beinahe alltäglich.
Capcom geht den Weg allerdings deutlich weiter und wird große Teile
des Spiels erst im Laufe der nächsten Monate veröffentlichen. So
startet man derzeit mit 16 Kämpfern (bei Street Fighter 4 waren es zum
Launch bereits 24), allerdings sollen weitere nachgereicht werden. Dabei
sind wieder einmal alte Bekannte wie Ryu, Ken, Chun-Li oder der drahtige
Dhalsim, aber natürlich bereichern auch einige Neuzugänge den Kader wie zum
Beispiel Necalli eine Art Dämon, der auf der Jagd nach den Seelen
starker Kämpfer ist oder Rashid ein quirliger Araber, dessen flinker
Kampfstil auch Anfängern schnell erste Erfolge beschert. Trotz
Qualitäten in anderen Bereichen finde ich dieses Konzept für einen
Vollpreistitel nicht wirklich tragbar.
Die Anzahl der Stages ist mit 11 ebenfalls relativ übersichtlich. Allerdings stört mich das persönlich nicht, da die unterschiedlichen
Settings von verschiedensten Großstädten über Flughäfen bis hin zu
Berglandschaften wieder alles abdecken. Die Hintergründe sind wie schon
im Vorgänger hübsch gestaltet und es ist immer viel los hinter den
Kämpfern. Im Vergleich zu Injustice beispielsweise fällt allerdings auf,
dass es kaum interaktive Objekte gibt, deren Einsatz den Kampf
abwechslungsreicher gestalten könnten.
Eine spannende Geschichte… …rund um Ryu, Ken, Bison und seine Geheimorganisation ließe sich vielleicht erzählen, wenn man das denn wollte. Stattdessen soll auch der genretypisch meist vorhandene „Story-Modus“ nachgereicht werden. Stattdessen kann man mit jedem Charakter 3-4 Kämpfe bestehen, zwischen denen unmotivierte Comicstrips erzählen, warum man sich jetzt gerade mit diesem oder jenem anlegt. Zum einen driftet der Zeichenstil verglichen zu den Vorgängern arg ins alberne ab und zum anderen sind die erzählten Episoden derart belanglos, dass keinerlei Motivation aufkommt. Mehr als einige Punkte der spielinternen Währung und andere Farben für die „durchgespielten“ Kämpfer sind als Belohnung auch nicht drin.
Auch einen Trial-Modus, um mit seinem Lieblingscharakter oder einem bisher kaum gespielten mal ein paar neue Bewegungsabläufe zu erlernen, gibt es – der geneigte Leser wird es schon erraten – erst später per DLC. Der Trainings-Modus funktioniert natürlich auch und der Computer lässt sich hier beliebig einstellen, aber eine Schule, um den Kampfstil eines Charakters zu verstehen und Angriffe miteinander zu verketten, ersetzt das eben nicht. Was bleibt denn nun neben dem Trainings-Modus und den 2-4 Kämpfen pro Charakter, wenn die Kampagne eigentlich fehlt und es keine Trials gibt? Der (Online-)Multiplayer und der Survival-Modus stehen noch zur Verfügung: Allerdings war zumindest letzterer beim Test zunächst erschwert, da man mit massiven Serverproblemen zu kämpfen hatte und einmal zustande gekommene Kämpfe nervigerweise unterbrochen wurden. Das ist mittlerweile deutlich besser geworden, allerdings dauert es nun mitunter recht lange bis man einen Gegner in den Weiten der plattformübergreifenden Street Fighter 5-Community findet. Auf der Couch via Coop funktioniert das Ganze wunderbar, allerdings eben nur mit 11 Kämpfern (siehe oben).
Ist es denn wenigstens schick? Man hat bei Capcom nun schon einige Jahrzehnte Erfahrung wenn es um Fighting-Games geht, somit sehen die Bewegungsabläufe echt aus und die Moves passen zu den einzelnen Charakteren. Bei den weiblichen Kämpfern zeigt auch die Physikengine, was sie kann und wenn man einen Gegner wirft, dann scheppert es ordentlich. Wenn Ken seinen Shoryuken mit Feuer auflädt oder Ryu seinen Haidouken (so eine Art Energiegeschoss) abfeuert, sieht das Ganze auch richtig nett aus, da kann man nichts sagen.
Ich persönlich fand die Gestaltung der Kämpfer allerdings im Vorgänger schicker. So wie auch in den gezeichneten Comicbildchen für die einzelnen Figuren wirken auch die Charaktere an sich überzeichnet und aufgeblasen. Die Muskeln, Brüste und Mimik sind ins Abnorme verzerrt und in meinen Augen verliert Street Fighter dadurch trotz technisch solider Arbeit in der Optik.
Aber es fühlt sich doch an wie Street Fighter, oder? Defintiv ja! Serienveteranen werden sich nicht nur wegen der bekannten Gesichter schnell wie zu Hause fühlen. Sogar einige der Angriffe werden mit den gleichen Tastenkombinationen ausgelöst. Aber auch für Einsteiger ist das Prinzip einfach zu erlernen. Mit dem Xbox 360-Controller lief die Steuerung anstandslos, auch wenn ich persönlich die meisten Angriffe zuverlässiger mit der Tastatur auslösen kann (ist vermutlich Übungssache).
Grundsätzlich stehen jedem Charakter drei Arten von Schlägen und Tritten zur Verfügung (schwach, mittelstark, stark), darüber hinaus gibt es den sogenannten Critical Art, eine Super-Attacke, die wir erst zünden können, wenn wir genug Energie gesammelt haben, indem wir Treffer gelandet haben. Steckt man andererseits viel ein, lädt sich eine andere Ressource auf, die einen V-Gauge und die V-Attacken ermöglicht. Das sind noch einmal kämpferspezifische Fertigkeiten wie beispielsweise ein zeitlich begrenzter Angriffsbonus oder ein Block der Projektile reflektiert.
Wer sich übrigens fragt, ob man denn für die angekündigten DLCs tief in die Tasche greifen muss, der darf beruhigt sein: Theoretisch kann man sich mit der InGame-Währung alle weiteren Inhalte erspielen. Wie viel man dafür an Zeit investieren muss, wird sich zeigen.
Fazit:
Was da ist, funktioniert mittlerweile solide und wenn der Zeichenstil gefällt, dann kann man sich mit den wenigen Inhalten vielleicht bis zu den ersten DLCs über Wasser halten. Mich würden die 45€ derzeit noch ärgern, denn der Vorgänger bot schon zum Start einiges mehr. Der Trial-Modus, der Story-Modus und einige Charaktere sollten zeitnah folgen. Dann gibt es hoffentlich auch mehr Spieler und man findet immer jemanden, jetzt wo die Server funktionieren.
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