Ich dachte, testest du die Payday 2 - Crimewave Edition erstmal alleine. Der Start ist identisch mit der Koop-Variante. Auf einer Übersichtskarte sehe ich aktuelle Möglichkeiten zum Diebstahl, vergeben von verschiedenen Auftraggebern. Die Missionen sind dabei unterschiedlich schwer, erfordern zum Teil eigenes Kapital zur Vorbereitung für den Coup und auch die Belohnung schwankt gewaltig. Für den Anfang entscheide ich mich für den Juwelierraub. Ich spawne mit meiner Gruppe auf dem Gehweg direkt vor dem Geschäft. Erstmal alles überblicken. Rechts, die Gasse könnte ein Fluchtweg sein. Oder steigen wir von dort über eine Hintertür ein? Ich gehe erstmal in den Laden um die Ware zu begutachten. Noch ist meine Maske unten und ich tarne mich so als Passant. Ah, ein paar Wachmänner, einige Kunden, und anscheinend auch Verkäufer. Ich nähere mich dem Wachmann und der schlägt Alarm. Da war ich wohl zu mutig oder mein Tarnlevel war zu niedrig. Ich versuche mit gezückter Waffe die Zivilisten in Schach zu halten. Wo sind meine KI-Begleiter?  Verdammt. Muss ich alles alleine machen? Der erste Zivilist flieht, der Wachmann greift an. Ich schieße. Die Verkäuferin nutzt das Feuergefecht und schlägt Alarm. Verdammt! Ich wollte hier doch eher leise vorgehen. Das läuft hier aus dem Ruder! Meine KI Begleiter machen irgendwas, aber nicht das was sie sollten. Zum Beispiel mir beim Kämpfen helfen oder Schmuck einsacken. Nachdem ich den Wachmann erledigt habe, ziehe ich mich in die hinteren Bereich des Geschäfts zurück und entdecke in einem der Büroräume einen Safe. Da drin ist die Beute um die Mission abzuschließen! Während ich den Bohrer ansetze höre ich die Polizeisirenen. Jetzt gibts Fratzengeballer! Meine KI-Begleiter teilen sogar ordentlich aus und heilen - großartig! Eine Schlacht tobt in diesem Laden. Die Polizei flankiert, geht aber im direkten Feuergefecht nicht schlau vor. Irgendwie Moorhuhn-Ballern. Aber es ist ja auch der niedrigste Schwierigkeitsgrad. Welle für Welle stürmen Polizisten den Laden, das hat hier etwas von einem Hordes-Modus. Der Safe fliegt auf, drinnen drei Taschen voller Geld! Ab damit zum Fluchtwagen. Hey, ihr verdammten KI-Begleiter, nimmt euch auch eine Tasche. Nix da, ich muss wirklich dreimal hin- und herlaufen, mitten durchs Feuergefecht mit den Spezialeinheiten der Polizei. 

Am Ende meistere ich den Überfall, aber merke schon hier, das Spiel ist rein gar nichts für Solisten. Die Begleiter-KI ist nur Fleischschild mit etwas Feuerkraft, aber hilft nicht im geringsten, die Mission intelligent zu meistern. Und für wildes rumballern ist das Gunplay und Waffenfeedback dann doch zu mittelmäßig, als das der Spielstil als einsamer Rambo Spaß machen würde.

Den ersten Raub abgeschlossen, prasselt das Geld in die Kasse und auch das Level eures Charakters steigt durch gewonnene Erfahrungspunkte. Bei einem Level Up gibt es einen Skillpunkt. Das Investieren von Skillpunkten und Geld bringt dann ordentlich Tiefgang in die Payday 2 Crime Wave Edition. Zum einen sind das unzählige kosmetische Dinge, wie andere Kleidung oder natürlich die Masken. Die Auswahl ist erschlagend! Aber auch für den spielerischen Nutzen darf man sein Geld ausgeben. Panzerungen, die mehr Schutz, aber auch mehr Aufsehen erregen, oder unzählige kaufbare Waffen und Modifikationen stehen zur Auswahl. Oft sind die Gegenstände noch an ein bestimmtes Level gebunden.

Richtig interessant wird es dann bei den Erfahrungspunkten. Jeder Charakter hat Zugriff auf 5 Klassen mit jeweils 3 Spezialisierungen, die völlig andere Boni bringen und durch das investieren von Skillpunkten Schritt für Schritt freigeschaltet werden. Ein Gangboss wird z.B. zum Supporter für die Gruppe, ein Geist sorgt dafür, dass man elektronische Geräte ausschalten kann.Es ist ebenso möglich seine Punkte auch auf unterschiedliche Klassen aufzuteilen. Hier kommt definitiv MMO-Feeling auf und gerade wer in einem festen Team spielt, kann sich hier seine perfekte Ganoven-Gruppe zimmern.

Warum eigentlich Ausbau-Orgie? Weil ich immer noch nicht fertig bin. Die Payday 2 Crime Wave Edition beinhaltet auch noch ein Perk-System. Perks schaltet man mit erhaltenen Erfahrungspunkten frei. Es gibt 16 (!) verschiedene Ausrichtungen wie zum Beispiel Yakuza, Anarchist, Hitman, Räuber oder Soziopath, mit ganzen neun Perks. Hier lässt sich der Spielstil den man mit seiner Klasse gewählt hat noch weiter verfeinern. Ich persönlich kenne kaum einen Shooter, der eine so umfangreiche Charakterentwicklung ermöglicht.

Die auswählbaren Aufgaben sind, durch die unzähligen Erweiterungen der Payday 2 Crime Wave Edition, fast erschlagend! Gut, am Anfang kann man sich viele Jobs weder leisten, weil die Vorbereitung zu teuer ist, noch den Schwierigkeitsgrad meistern. Aber die Auswahl ist schon gigantisch und beinhaltet so manch Hommage – wie z.B. der Hotline Miami Auftrag. Manche Überfälle gehen sogar über mehrere Missionen, die sich unterschiedlich entwickeln können. Als kleiner unbekannter Räuber muss man sich aber erstmal hochstehlen - manchmal auch mit dem selben Job! 

Das ist aber durch die dynamische Levelstruktur halb so schlimm. Zwar mag es der gleiche Job sein, aber wo die Beute liegt, welche Türen geöffnet sind oder sich Überwachungskameras verstecken, ist immer unterschiedlich. Am meisten Spaß macht es zusammen zu versuchen, die Jobs schleichend zu erledigen. Das bringt erstens eine höhere Belohnung am Ende und sorgt nebenbei für viel Nervenkitzel. Wo steigt man ein, wie umgeht man Wachen und Überwachungsgerät? Wie verschwindet man wieder? Oft geht die leise Methode schief, dann heißt es improvisieren und sich für den Kampf rüsten.

Auf dem Papier haben wir also unzähligen Content in Form von Missionen und Gegenständen, eine dynamische Levelstruktur und eine extrem umfangreiche Charakterentwicklung. In der Praxis wird dieses wirklich grandiose Fundament aber selbst im Koop-Modus von der Technik und dem Gameplay torpediert.

Die KI der Gegner ist und bleibt einfach schlecht. Höherer Schwierigkeitsgrad heißt: mehr und härter, aber nicht besser. In Deckung gehen oder das Feuer aufteilen, hat ein hochspezalisiertes SWAT-Team in Payday 2 noch nicht gehört. Das Attribut welches zur KI passt, ist stumpf. 

Bei mir sorgt im Jahre 2016 das Waffenfeedback, die Animationen und die grafische Qualität für wenig Jubelstürme. Technisch sah Payday noch nie hervorragend aus und der HD-Port, der weder konstant die FPS auf 60 bringt und nur mit wenigen aufgebohrten Effekten glänzt, ist auch maximal Mittelmaß. 

Du spielst gerne alleine? Dann spiel nicht die Payday 2 Crime Wave Edition. Die KI-Begleiter taugen kaum etwas und der wenige Spielspaß wird durch nicht mehr ganz zeitgemäße Grafik, schlechter Gegner-KI und unwuchtigem Waffenfeedback schnell verhaftet. Im Team kann man schneller über die Schwächen hinwegsehen und zieht aus dem enorm umfangreichen Charaktereditor und den vielen Inhalten monatelang seinen Spaß! Hier merkt man dann den Vorteil der Payday 2 Crime Wave Edition, die eben über 50 DLCs und Updates beinhaltet. Wer dann noch mit seinen Koop-Buddies versucht schleichend und lautlos einen krassen Job durchzuziehen, der wird mit ordentlichen Nervenkitzel belohnt!