The Witcher
Entwickler:
Atari
Publisher:
Atari
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
45,98 €
Systeme:
PC
Testsystem:
IntelCore 2 Duo 2,4Ghz, Windows XP, 2048 MB RAM, GeForce 8800 GT 256
Anforderungen:
(minimal) Intel Pentium 4 2,4GHz / AMD Athlon 64 +2800, 1024 MB RAM, Grafikkarte 128 MB RAM DirectX9 Vertex-/Pixel Shader, 8,5 GB freier Festplattenspeicher, DVD-Rom 8x, Windows XP / Windows Vista
Inhalt:
Zauberer…Pfft!
Bärte, fuchteln mit Holzstücken rum, mieser Kleidungsstil. Dank
der Popkultur sind aus den kinderfressenden Bewohnern von
Gutenachtgeschichten brillentragende Präpubertierende geworden. Wer das
nicht leiden kann, der ist hier genau richtig: Geralt von Riva ist nämlich
kein Zauberer, er ist Hexer. In der grauen und
steinkalten Realität von The Witcher ist Herr Riva, richtig geraten, der Protagonist. Seit
seiner Jugend wurde er gnadenlos geschunden, um in einer mittelalterlich
anmutenden Welt dem Bösen kräftig vors Schienenbein zu treten.
Meinung:
Das
Spiel fackelt nicht lange, Geralt von Riva erst recht nicht und schon wird man
mitten hinein geschubst in die schöne neue Welt. Der „weiße Wolf“, so wie unser
Alterego auch genannt wird, hat bereits einen Ruf, Ehre und ein Schwert. Seinem weißes Haupthaar und dem
eindringlichen Blick aus den gelben Augen verdankt er seinen Rufnamen. Damit sich eine Identifikation
auch lohnt, bekommt unser Held die obligatorische Gedächtnislücke spendiert, so
dass der Spieler zusammen mit Geralt die zu bestehende Geschichte als
unbeschriebenes Blatt erleben darf. Nach dem Zusammenbruch in der regnerischen
Nacht wird man also auf die Burg Kaer Morhen gebracht, anscheinend ein
Zufluchtsort für eine Gruppe von Hexern. Nun darf man die
Maus in die Hand nehmen…
Zu
Beginn herrscht noch große Unklarheit über das Warum und Wie. Sehr
schnell offenbart sich, dass die Story keineswegs wie bei anderen Rollenspielen nur als Rahmen für ohnehin
vorhersehbare Aktionen herhalten muss. So wird der Spieler unter anderem
immer wieder mit Zwischensequenzen bei der Stange gehalten. Hier
ist sogar im beschränkten Rahmen das Mitdenken vom Konsumenten gefordert.
Muss ich hier klicken? Mit
dem ersten Kapitel der Geschichte ist zugleich ein Tutorial verknüpft, um die
Feinheiten der Steuerung und Menüführung bekannt zu machen. Learning by doing
also, während das Versteck der Hexer überfallen wird, darf man sich durch die
ersten Gegner metzeln oder sollte ich sagen klicken? The Witcher besitzt ein Kampfsystem, dass zwischen Diablos Hack and Slay-Dauerklicken und KotORs rundenbasiertem
Steuerungsmodell liegt.
Der
Gegner wird mit einen Klick angegriffen. Kurz darauf erscheint ein flammender
Mauszeiger, der eine mögliche Kombo-Attacke anzeigt. Mit jeder Kombo
wird der Angriff stärker, das funktioniert maximal viermal. Beim
mächtigsten Schlag muss der Spieler etwas Geduld aufbringen, nämlich solange
bis ein Ladebalken aufgefüllt ist, doch nach der Ausführung diesen Schlages
wird schwerlich das sprichwörtliche Grass nachwachsen.
Dank motion-capturing führt Geralt hübsche akrobatische Einlagen aus und verfügt außerdem über ein
prächtiges Arsenal von finalen Attacken. Blut spritzt, Knochen brechen und Gliedmaßen
verlassen ihren ursprünglichen Platz am Körper, nichts für schwache Gemüter.
Bei
der Wahl der drei zur Verfügung stehenden Kampfstile, sollte man die
Eigenschaften seiner Gegner in Betracht ziehen, Geralt muss also bei flinken
Gegnern ebenfalls einen Gang hochschalten, bei gepanzerten etwas fester
zuschlagen.
Willkommen im Dschungel Bis
jetzt behält man noch die Übersicht, ohne seine Gehirnzellen zu überfordern, doch der erste Gameplay-Schock erwartet einen spätestens beim Öffnen des Menüs für
den Stufenaufstieg in Gestalt riesiger Datenmengen. Zum Glück ist das gesamte Tutorial,
neben den anderen Quests, strukturiert im Tagebuch verzeichnet. Das Inventar überfordert allerdings wieder, denn die Fülle von Tränken, Pflanzen, Ölen, etc. die der Hexer von Welt für
seine Alchemie braucht, nimmt mit zunehmenden Spielfortschritt stark zu.
Der Stein der Weisen Inventar?
Schon sind wir beim Thema Gegenstände. Der fleißige Sammlertyp unter den
Rollenspielern wird bei The Witcher
in punkto Waffen etwas enttäuscht sein, denn mit seinen Stahl- und
Silberschwertern kommt Geralt recht lange über die Runden. Immerhin darf er sie mit Alchemie verbessern. Mit dem richtigen Öl auf der Klinge lassen sich Gegner vergiften
oder Untote in die Schranken weisen. Auch wenn die magischen
Fähigkeiten eines Hexers gegenüber Magiern limitiert sind, kann man aus drei Wegen der arkanen Hexermagie wählen. Bei Feuer, Gift,
Telekinese und vielem mehr sollte sich eigentlich niemand über mangelnde Auswahl beschweren.
Wer ist eigentlich dieser Diablo? Stellt man die
isometrische Perspektive ein, hat man einen Überblick über das
Kampfgeschehen. An dieser Stelle muss ich die
ausgelutschte Senftüte der Videospielvergleiche herauskramen,
denn das Spiel ähnelt hier verblüffend dem Genreüberflieger Diablo. Zum Glück gibt es eine Schulterperspektive,
die einen näher in das Zentrum des Geschehens bringt und damit ein völlig andere Wirkung erzielt - von daher kicken wir den Diablovergleich wieder in die Tonne.
Das Gameplay
wird dank der Pausentaste kaum beeinträchtigt,
denn mit dieser ist auch in der Schulterperspektive immer möglich den Überblick
zu behalten. Allerdings ist die automatische Kameraführung manchmal so schlecht, dass man Tastatur oder andere greifbare Gegenstände gerne in Richtung
Bildschirm schleudern will, rein metaphorisch natürlich.
Fürs Auge The Witcher
verwendet die Aurora Engine (Neverwinter Nights 2) von Bioware. Darin wurde aber eindringlich gebohrt, denn The Witcher sieht deutlich besser aus als
das Spiel des Lizenzgebers. Lichteffekte und Umgebungsdetails lassen eine eindrucksvolle Atmosphäre entstehen. So gehen NPC’s auf den Straßen der Dörfer der
alltäglichen Mühsal nach, kleinere Nutztiere wie Hühner kreuzen den Weg oder
Kindern kann beim Spielen zugesehen werden.
Wo ist
da eigentlich der Haken? Zum Beispiel an der Stelle, wo die Animation der
Gegnertypen und anderer NPC’s sich wiederholt, ich könnte nämlich schwören, dass
ich den vorhin schon erledigt habe. Obwohl das Charakterdesign der wichtigen
Personen grafisch, wie die Welt, sehr detailliert und passend wirkt, scheinen
alle Gesichtmuskeln erschlafft. Vor allem beim Sprechen fällt das ins Auge.
Weiterhin
sind die Level einfach zu linear aufgebaut und es verlaufen künstliche Grenzen
an scheinbar passierbaren Durchgängen. Das hat bei Gothic oder TES: Oblivion besser funktioniert und ist trotz guter Geschichte irgendwie ein Ärgernis,
welches am Unterbewussten nagt.
Fürs Herz Neben
den optischen Eigenschaften dieser Spielwelt sei hier kurz auf den erzählerischen
Hintergrund verwiesen. In dieser Fantasy-Welt herrscht die Ignoranz, es wird
geraubt, geplündert, gebranntschatzt und vergewaltigt. Der Mensch fühlt eine
Abscheu gegen alle, die nicht der eigenen Gattung angehören und dazu gehören
Zwerge, Elfen und alles andere. Es regnet oft und alle sind depressiv, ein
Weltentwurf jenseits von
Friede-Freude-Eierkuchen und bonbonfarben eben. Ein großes Plus, denn
dadurch wird die Welt glaubhafter und erhöht die Identifikationsqualitäten.
Wenn
der Spieler findet, dass Elfen doofe Ohren haben, dann sei ihm das
auch gestattet. Entscheidungen sind ein wichtiger Bestandteil des Spiels und keine
bleibt ohne Konsequenzen, die manchmal schwer einzuschätzen sind, aber eine
positive Bereicherung für das Spielerlebnis darstellen. Es gibt keinen
Gute-Seite-Punkt oder Böse-Seite-Punkt wie in KotOR, trotzdem kann es sein, dass sich ein NPC irgendwann weigert
die gewünschte Dienstleistung auszuführen. Wenn der Spieler dann vor Ärger eine
Auszeit braucht, besteht die Möglichkeit beim Wettsaufen vom Hauptspielverlauf
abzuschalten. Oder wie wäre es mit Glückspiel? Vielleicht eine kleine Romanze?
Der Spieler wird all dies finden, also eine Fülle von Möglichkeiten bei
Minispielen seine Ingame-Freizeit zu verschwenden.
Fazit:
Man
kann die Welt von The Witcher fast
schmecken, riechen oder in den Fingerspitzen fühlen. Endlich wurde Wert auf eine Geschichte gelegt und ich werde nicht mit fahlen Ausreden
abgespeist. Trotzdem gibt es was zu meckern, denn bei aller Liebe stößt das
lineare Leveldesign, bei dem ich an einigen Stellen schon mal hängen bleibe,
sauer auf. Abgesehen davon
ist The Witcher eines der besseren Rollenspiele geworden und jedem (erwachsenen)
Fan ans Herz zu legen.
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Autor der Besprechung:
Oliver Kilian
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