Family Trainer
Entwickler:
Atari
Publisher:
Atari
Genre:
Sport
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
67,95 €
Systeme:
Wii
Inhalt:
Wii Fit hat vor einigen Monaten einen Boom ausgelöst, der früher oder später Nachahmer mit sich bringen musste. Bereits nach den ersten Ankündigungen zu Nintendos Fitness-Simulation war man sich im Hause Atari einig, die Konkurrenz mit einem eigenen, eher partytauglichen Titel zu beleben. Kurze Zeit nach dem Deutschland-Release von Wii Fit folgt nun der Family Trainer, dessen Spielprinzip sich ganz klar dem des großen Vorbilds anschmiegt. Doch reicht dies alleine, um den Branchenriesen in seiner Spitzenposition ernsthaft zu gefährden?
Meinung:
Nun, es reicht definitiv nicht, und dies nicht etwa, weil die Idee hinter den netten Mini-Spielen sich auf Dauer abnutzen könnte, sondern eher aufgrund des bescheidenen Umfangs und der mangelnden Variation, die Ataris Casual-Action in seiner Präsentation zu bieten hat. Gerade mal 16 Disziplinen umfasst der witzig aufgemachte Personal Trainer. Auch wenn es im Laufe der Wettbewerbe immer mal wieder etwas zu lachen gibt: Ernsthafte Konkurrenz schaut definitiv anders aus!
Vom Board auf die Matte Ebenso wie Nintendos Mainstream-Titel kommt auch Family Trainer mit eigener Hardware auf den Markt. Anstelle des Balance Boards enthält der dicke Karton allerdings eine knapp 1x1m große Matte, auf der man in den folgenden Stunden hüpfen, treten, balancieren und sogar rutschen darf. Wie gesagt, für Spielwitz ist auf jeden Fall gesorgt – aber es gehört eben ein bisschen mehr dazu. So zum Beispiel die Wiimote, die in manchen Disziplinen ebenfalls zur Hilfe genommen werden darf. Beim Kajakfahren, der vielleicht nicht zu Unrecht schlechtesten Spielart, steuert man sogar nur mit dem bekannten Gamepad und stößt sich im Wechsel links und rechts ab, um Schwung zu holen. Nette Idee, schwierige Umsetzung: Feeling oder gar Spielspaß wollen hier nämlich nicht auftauchen. Dann also doch lieber die Matte…
Seilchenspringen vs. Hindernislauf Auf Letzterer macht man schließlich dann auch Bekanntschaft mit den interessanten Seiten des Gameplays. Eine richtig gute Figur macht zum Beispiel der Hindernislauf, bei dem man auf den mittleren beiden Pads laufend Geschwindigkeit aufnimmt, bevor man dann über Baumstämme und ähnliche Hürden springen muss. Das kennt man schon vom großen Bruder, aber gut gemacht ist’s allemal, da auch die Bewegungsabläufe sehr schön mit den Pads auf der Matte abgestimmt sind. Anders schaut es da beim Sprintwettkampf und im altbekannten Seilchenspringen aus. Hier fehlt die Innovation nahezu vollständig, unter anderem auch weil die Bewegungsabläufe vergleichsweise plump sind. Lediglich im Spiel zu zweit lässt sich in diesen Wettbewerben ein gewisser Reiz ausmachen. Solo hingegen sorgen diese Modi schnell für Tristesse.
Auf den Hintern gelegt Ein Stückchen weniger impulsiv geht es beim sogenannten Röhrenrutschen zur Sache. Hier werden die Spieler aufgefordert, sich auf die Matte zu setzen und durch Gewichtsverlagerung vorwärts zu rutschen. Doch die Überschrift für diesen Event soll durchaus auch sinnbildlich sein, denn im Grunde genommen hat das Ganze etwas von einem Motorsport-Rennen ohne Karosse – und ohne Tempo. Ersatz hierfür liefert das Loren-Racing, eine irrwitzige Abfahrt durch eine alte Mine, bei der man sowohl mit der Wiimote pumpen muss, um Fahrt aufzunehmen, als auch mit einigen hektischen Bewegungen dafür sorgen sollte, dass die Lore in der Balance bleibt. Ganz zu schweigen von den zeitweiligen Hindernissen, die auf den Schienen verstreut sind... Ja, genau solche Games sind es, die man in einem solchen Programm erwartet, die hier aber leider nur sehr spärlich gesät sind!
Einmal verrenken bitte! Der wohl spektakulärste Event im Gesamtprogramm ist das Extrem-Boarding. Hier rast man einen Grashügel hinab und muss, teilweise nur auf einem Bein stehend, die komischsten Pad-Kombinationen auf der Matte durchführen. Mehr Verrenken als auf dem Board geht nicht. Komisch ist nur, dass mit dem Skateboard-Ableger ein ziemlich ähnliches Muster ins Programm aufgenommen wurde. Aber der Mangel an Abwechslung bei den Mini-Spielen ist sowieso ein Thema, das langfristig wirklich nervt.
Wahllose Modus-Konfiguration Der Spielaufbau ist derweil auch so eine Sache…Von Beginn an kann man alle Disziplinen im Trainings-Modus anwählen und üben. Dass man überall mal hineinschnuppern darf, ist keine schlechte Idee. Allerdings fehlt hier die wahre Herausforderung. Keine zusätzlichen Gimmicks, keine Extra-Spiele, die sich freispielen ließen, und schon gar kein Reiz, irgendwelche Rekorde einzufahren. Stattdessen lebt man stets für den kurzen Moment, was an sich okay ist. Aber da überhaupt nichts Zählbares herausspringt und auch keine Online-Anbindung zur Integration von Hitlisten besteht, wirkt das Ganze schon ein bisschen wahllos. Anspruch bietet nur das Outdoor-Turnier, das Kernsegment des Spiels, indem man in einer Art Mini-Olympiade alle Disziplinen bestreitet. Das macht anfangs Spaß und bietet kurzzeitig auch die vermisste Abwechslung. Aber mit dem Langzeit-Potenzial ist es mangels echter Herausforderungen nicht sonderlich weit her.
Und sie kommt doch, die Party… …nämlich im Mehrspielermodus, in dem man sich zu zweit auf die Matte bequemen und gleichzeitig gegeneinander antreten muss. Hier ist plötzlich Action garantiert, denn gleich mehrere Wettbewerbe versprechen ein ordentliches Chaos auf dem Spielgerät und steigern den Fun-Faktor im Vergleich zum Solo-Spiel ungemein. Außerdem steht die letzten Endes zweitrangige Hatz nach Rekorden nicht im Mittelpunkt, sondern der direkte Vergleich, bei dem es immerzu richtig hitzig zugeht. Und diese Spritzigkeit und Dynamik, ja einfach das gewisse Etwas, das ein solches Spiel ausmachen sollte, macht Family Trainer zumindest im Multiplayer-Game zu einer ganz anständigen Geschichte, ohne jedoch dabei die Mängel der Einzelspieler-Inhalte vertuschen zu können.
Fazit:
Es mag schier unmöglich sein, einen vermeintlichen Jahrhunderttitel wie Wii Fit schon kurze Zeit nach Erstveröffentlichung ernsthaft angreifen zu können. Zu vielseitig ist Nintendos innovatives Fitnessgerät, zu stark einfach die komplette Präsentation samt Gameplay. Als Konkurrenz taugt Family Trainer daher nicht, leider jedoch auch nur bedingt als eigenständige Party-Simulation. Der Umfang ist schlicht und einfach zu gering, die Ideen größtenteils schon bekannt und auf der Matte kaum anders als auf dem Balance Board. Zwar ist Ataris neues Fitness-Programm alles andere als ein Plagiat, doch kann man abgesehen von zwei, drei Disziplinen und dem erwartungsgemäß starken Mehrspielermodus keine echten Akzente setzen. Da das Preis-Leistungs-Verhältnis dementsprechend eher bescheiden ist, dürfte der Family Trainer es trotz einiger netter Ideen richtig schwer haben – kein Wunder aber bei der hervorragenden Konkurrenz!
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Autor der Besprechung:
Bj�rn Backes
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