Fallout 3
Publisher:
Eidos
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
49,90 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Inhalt:
In längst vergangenen Zeiten isometrischer Rollenspielblockbuster wie Baldurs Gate begeisterte auch die Fallout Serie! Endzeit-Szenario, riesige düstere Welt und dazu ein packender Rundenkampf war die einzigartige Mischung für Erwachsene. Bethesda, die Macher von Oblivion, haben sich nun der Fallout Reihe angenommen, um Sie in die Moderne der Next Generation Grafik-Welt zu hieven. Und soviel sei verraten, die Grafik ist nicht das einzige, was die Entwickler umgekrempelt haben!
Meinung:
Man stelle sich das Amerika der 50iger Jahre vor, mischt übertrieben spießige Leute und viele kitschige heile Welt Familien dazu. Anschließend verrührt man das Ganze mit dem typischen amerikanischer Patriotismus und setzt das Datum auf 2077. Zum Schluss zündet man fröhlich Atombomben und fertig ist die Welt von Fallout. Ein atomares Schreckensszenario, in dem nur die Menschen überlebten, die sich in die Atomschutzbunker, Vault genannt, retten konnten. Fallout 3 spielt 200 Jahre nach dieser atomaren Katastrophe.
Meine Geburt Man kennt das ja von Rollenspielen, bevor der Held überhaupt das Licht der Welt erblickt, wälzt man sich durch trockene Charaktererstellungen. Bethesda hat diese diese Prozedur schon in Oblivion geschickt durch NPC Fragen und erste Mini-Quests entstaubt. Doch mit Fallout 3 gibt es einen neuen König der Charaktererstellung! Je nach Spielart kann dies bis zu einer Stunde dauern, die zeigt wie detailverliebt diese Welt gezeichnet wurde, aber vor allem verdammt viel Spaß macht! Nach einem Intro, das dem Nicht-Kenner der Falloutserie mit den nötigen Infos versorgt, erblickt man mit einem Urschrei und Analogstickgezuckel das Licht der Welt! Danach durchläuft man unterschiedlichste Situationen wie das erste Krabbeln, die erste große Geburtstagsparty oder einen Einstellungstest mit 16 Jahren. So erlernt man ganz nebenbei seine Fähigkeiten, legt seine Attribute und Aussehen fest und knüpft wie in keinem anderen Spiel ein Band zwischen sich und seinem Charakter.
Die Suche Der Hauptplot lässt sich recht kurz beschreiben: Protagonist sucht vermissten Vater. Die Rahmenhandlung ist zwar nett inszeniert, aber weit ab von der Dramatik eines Mass Effects, zudem ist sie recht kurz gehalten! Eigentlich Grund genug zu behaupten das Bethesda mit Fallout 3 die beiden wichtigsten Faktoren eines guten Rollenspiels gehörig versemmelt hat. Überraschenderweise stört es nicht! Selbst mir als Plotjunkie, der eine grandiose Geschichte einer offenen Welt dreimal vorzieht, ist dieser Umstand a la Storyarmut egal! Der Grund ist einfach: Vergessenheit! Fallout 3 ist ein Paradebeispiel an gut designter offener Welt! Nach wenigen Stunden des Spielens interessiert mich aufgrund der gelungenen und abwechslungsreichen voll vertonten Nebenmissionen, die Hauptquest überhaupt nicht mehr.
Hier will ein verlassener und unheimlicher Vault untersucht werden, dort sprenge ich ganze Dörfer in die Luft, lerne Vampire kenne, beschütze Frauen und Männer oder habe ich Sie gar versklavt? GTA4 ist im Vergleich zu Fallout 3 ein Witz von offener Spielwelt und Entscheidungsfreiheit. Man hat immer die Wahl zwischen guter und böser Junge, und je nach dem verläuft das Spiel auch völlig anders.
Selbst wenn man den Hauptplot weiter voranbringen will, wird man immer wieder auf grandiose Weise vom Weg abgelenkt. Einfach weil die Welt so unglaublich faszinierend ist, ich aufgrund zerstörbarer Ausrüstung und Munitionsarmut ständig Nachschub brauche und somit jeden einigermaßen interessanten Anhaltspunkt untersuchen muss, nein will! Zerstörte Kirchen, abgewrackte Dörfer oder alte Auto-Kinos wollen unter die Lupe genommen werden.
In Zeitlupe Dass man so gerne die Gegend erkundet, liegt auch am Kampfsystem! Die Fallout Serie glänzte mit einem einfachen aber gut durchdachten Rundensystem. V.A.T.S. nennt sich die überarbeitete Version, bei dem man ähnlich wie in den Vorgängern Aktionspunkte für Kampffertigkeiten benutzt. Jede Waffe verbraucht pro Schuss bestimmte Aktionspunkte. Der Clou ist nun, dass man im Kampf per Triggertaste den V.A.T.S. Modus auslöst und so das Spielgeschehen einfriert. Per Analogstick lassen sich nun Gegner auswählen und deren Körperteile anvisieren. Dabei wird jeweils die Trefferwahrscheinlichkeit des Schusses angezeigt. Je nach Waffe, Reichweite, Waffenfertigkeit und Größe des Körperteils unterscheiden sich die Prozentwerte.
Taktischer Tiefgang wird dadurch erzeugt, dass je nach Angreifer bestimmte Körperteile mehr Schaden verursachen oder besondere Effekte hervorrufen. Ballert man so z. B. einem menschlichen Widersacher ins Bein, wird dieser langsamer, einem Riesenskorpion hingegen sollte man nicht auf die kleinen Beine schießen, sondern lieber auf den Giftstachel. Hat man seine Schüsse wie gewollt verteilt, beendet man per Tastendruck die Pause und der Kampf läuft nun in bester Zeitlupe weiter. In der deutschen Fassung ist das Blut und die Möglichkeit Körperteile abzuschießen herausgeschnitten worden, trotzdem sind die spektakulären Kämpfe nur etwas für Erwachsene. Abwechslung entsteht natürlich auch durch die Anzahl der unterschiedlichen Schießprügeln. Vom Mini-Atombombenwerfer über Lasergewehr oder chinesisches Sturmgewehr, die Auswahl übertrifft viele reinrassige Egoshooter!
Ladykiller und Bleimagen Wer in der trostlosen Einöde von Fallout 3 ackert, der wird auch belohnt. Neben ordentlich Kronkorken, der Währung im Jahre 2277, bekommt man natürlich Erfahrungspunkte. Hat man genug davon gesammelt, heißt es Level Up! Im ersten Schritt bekommt man eine gewisse Anzahl an Punkte, die man auf 13 Grundfertigkeiten verteilen muss. Das fiese an der Sache ist, dass man eigentlich alle 13 Fähigkeiten braucht und so die Entscheidung extrem schwer gemacht wird. Schließlich ist nicht nur ballern gefragt, sondern auch das Hacken von Computern, das Knacken von Schlössern, das Bequatschen von Bewohnern oder das Reparieren von Waffen, um nur ein paar der Fähigkeiten zu nennen.
Im zweiten Step muss man sich für eine Spezialfähigkeit entscheiden. Je höher der Level, um so länger wird die Liste der teils lustigen, aber immer brauchbaren Fertigkeiten. Als Ladykiller hat man erhöhten Schaden gegen das weibliche Geschlecht und kann in Dialogoptionen oft die dahin schmelzenden Frauen betören. Mit Bleimagen kann man vergiftetes Wasser zur Selbstheilung trinken oder als Sandmann schlafende Gegner sofort töten. Großer Nachteil des Spiels, das maximal Level ist Stufe 20! Durch die vielen Nebenmissionen erreicht man dieses Limit schneller als erwünscht, zudem macht es die Auswahl der Fähigkeiten noch schwerer.
Vom Handbuch bis zum Grashalm Leider ist das Spiel optisch nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Schwache Texturen im Detail und hölzerne Animationen wie in Obilivion - ärgerlich! Bei der gebotenen Weitsicht, dieser völlig stimmigen Welt und der ganzen Liebe zum Detail, fallen die kleinen technischen Schwächen allerdings kaum ins Gewicht! Selbst das Handbuch versprüht diesen ganz eigenen Charme, gespickt mit Persiflagen zur Hilfe gegen Atomschläge wie aus Zeiten des Kalten Krieges.
Wer die alten Fallout Titel kennt, wird sich Ingame sofort heimisch fühlen. Bethesda zeichnet ein beklemmendes Bild vom zerstörtem Washington DC und dessen verstrahlter karger Umgebung, aber immer unterlegt mit einer Prise rabenschwarzem Humor, der so typisch für die Fallout Serie ist. Großes Lob verdient auch die fast fehlerfreie Lokalisierung und die komplette Vertonung aller Lebewesen. Ein Gesamtpaket, das Gänsehaut erzeugt, denn nichts ist beklemmend schöner als bei Sonnenaufgang, völlig einsam durch Häuserruinen gen Einöde zu wandern und dabei dem Wind zu lauschen, wie er aus der Ferne 50iger Jahre Swing herüberwehrt.
Fazit:
Wer nur einen Hauch Entdeckerdrang in sich spürt, findet in Fallout 3 sein atomares Paradies. Was interessiert mich eine gescriptete Geschichte, wenn ich mit all meinem Handeln die Welt formen kann. Ich bin frei, Dörfer zu retten, Freundschaften zu schließen und die Schwachen zu beschützen. Freiheit bedeutet aber auch, Menschen ihr Hab und Gut zu stehlen, Häuser zu zerstören oder NPCs zu versklaven! Wissenschaftler? Sprachgenie? Nahkampfmonster? Alles egal, solange man diese einzigartige postnukleare Atmosphäre genießt. Jeder, der sich nur im Ansatz für Rollenspiele begeistert, kommt um Fallout 3 nicht herum!
Wer Fallout 3 richtig genießen möchte, sollte sich unbedingt ausreichend Zeit nehmen. Die Entwickler haben sich unglaublich viel Mühe gegeben und jede Menge Details in ihr Spiel gepackt. Allein die ausführliche und clevere Vorgeschichte ist eine echte Spielspaßperle. Da kann man auch die Grafik-Engine verkraften, die längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Fallout 3 gehört für jeden Rollenspielfreund in den Adventkalender oder unter den Weihnachtsbaum. Selbst Rollenspielmuffel sollten sich von der tollen Atmosphäre anstecken lassen. Klare Kaufempfehlung!
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Autor der Besprechung:
Christian Jacob
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