Banjo-Kazooie: Schraube locker
Entwickler:
Rare
Publisher:
Microsoft Game Studios
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 6 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
50 €
Systeme:
Xbox 360
Inhalt:
Erinnert Ihr Euch noch an den Bären und den Vogel? Richtig gehört, ich meine den Bären und den Vogel! Denkt zurück an die Ära des N64, auf dem viele Jump’n‘Runs und Action-Adventures immer ein bisschen an Mario 64 und Zelda OoT erinnerten. Na, klingelt‘s jetzt? Richtig! Ihr habt den Test zu „Banjo-Kazooie: Schraube locker“ gefunden.
Meinung:
Ich muss zugeben, als ich erfuhr, dass „Nuts & Bolts“ – wie das Spiel auf Englisch heißt – kein reinrassiges Gehüpfe sein soll, war mir recht flau im Magen. Der Bär. Der Vogel. Und dazu Rumgeheize mit selbstgebauten Boliden? Schraube locker, Rare? In Ordnung, seit dem letzten Abenteuer ist wirklich schon einiges an Wasser den Spiral Mountain herunter gelaufen, und zu Beginn des Spieles sehen wir auch, dass sich die beiden Protagonisten nicht gut gehalten haben: Banjo verdrückt eine Pizza nach der anderen und löst schon durch kleine Hopser mittlere Erdbeben aus, während Kazooie nur noch 360 zockt und alle „Real-Life“-Moves vergessen hat. Auch Erzhexe Gruntilda sah schon mal besser aus, besteht sie doch inzwischen nur noch aus einem Kopf.
Ein Kampf, langweiliger noch als die Boxnächte auf RTL, bahnt sich an. LOG, der Lord Of Games – seines Zeichens Schöpfer aller Videospiele (auch derer, die sich schlecht verkaufen wie z.B. „Grabbed by the Ghoulies) – kann es nicht mehr mit ansehen. Das grünmonitorige Ponggesicht(!) will einen richtigen Wettkampf sehen: Er lässt die – Zitat – „zweitklassigen Videospielcharaktere“ per Fingerzeig abspecken, verpasst der Hexe einen neuen Roboterkörper und stellt sogar Dienstwagen zur Verfügung. Die Hexe schnappt sich das große, heiße Geschoss, während Bär und Vogel sich mit einer Art Einkaufswagen begnügen müssen. Der Sieger wird über Spiral Mountain herrschen, der Verlierer schuftet bis ans Ende seines Lebens in LOGs Videospielfabrik, die im Herzen der Stadt „Showdown Town“ steht.
Hüpfst du noch, oder fährst du schon Im Grunde kann man „Schraube locker“ grob in zwei Elemente aufteilen. Da wäre zum einen das Basteln an den Fahrzeugen: In der Werkstatt lassen sich Boote, Panzer, Rennwagen, Motorräder, Flugzeuge, Schieber, Lastwagen, und, und, und zusammenbauen. Das hat mich ein bisschen an das Gumi-Schiff in „Kingdom Hearts“ erinnert, am meisten aber schlicht an LEGO. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, es stehen aber auch fertige Baupläne zur Verfügung, die man kaufen oder erspielen kann. Auch Kisten mit neuen Teilen findet man hin und wieder. Im Gegensatz zu den Raumschiffbasteleien im PS2-Klassiker benötigt man die ganzen Vehikel für das eigentliche Gameplay.
Obwohl man sich mit den Fahrzeugen stark von Nintendos Referenz absetzen wollte, kommt einem das Grundprinzip reichlich bekannt vor: Es geht darum, Sterne… ähmm… Puzzleteile (Jiggys) zu sammeln, um Türen zu neuen Spielwelten zu öffnen. Die erweisen sich als sagenhaft einfallsreich im Design, gespickt mit massig Details und Eastereggs. Die Jiggy-Missionen sind zu Beginn noch abwechslungsreich, später wiederholt sich leider vieles.
Ach, steigen wir doch einfach aus... Fährt man ein Rennen, oder muss so schnell wie möglich von Punkt A nach Punkt B kommen, hat man selten ein Problem. Muss man etwas suchen, oder Aufgaben an Ort und Stelle erledigen, nervt die Steuerung der Fahrzeuge, da man nie so schnell wenden kann, wie man es gern hätte. Das Verteidigen der Krokodilaugen gegen die Grunbots im Banjoland habe ich beispielsweise per pedes besser hinbekommen als mit dem Panzer. Einen anderen Auftrag konnte ich nicht erledigen, weil ich noch kein Fahrzeug mit der Fähigkeit zum Personentransport hatte.
Kurz: Der Erfolg einer Mission steht und fällt mit dem verwendeten Fahrzeug. So muss man beim ersten Bosskampf die Hexe rammen und ihr so eine riesige Kokosnuss abnehmen. Das kann mit dem falschen Gefährt zur Plagerei werden, sammelt man zuvor aber noch einen Jiggy, bekommt man den Panzerplan und das Ding ist in wenigen Sekunden (!) gegessen. Lebensenergie war wohl gestern, heute kommt man nur mit Physik weiter. Selbst hat man übrigens auch keine "Leben", schlägt eine Mission fehl, versucht man es einfach noch einmal.
Nutzloses, Witziges und Unverständliches So geht es eine Mission nach der anderen, im Gegensatz zu „Super Mario Galaxy“ will aber keine Langzeitmotivation aufkommen. Zu minispielartig geben sich Bär und Vogel hier, denn es besteht kein richtiger Zusammenhang zwischen den Aufgaben. Leider muss man die gewonnenen Puzzleteile in „Showdown Town“ auch noch aus einer kleinen Maschine holen und in einen großen Apparat stecken. Das macht weder Spaß noch erfüllt es irgendeinen spielerischen Zweck. Dabei ist Showdown Town der einzige Platz im Spiel, der so gut designt ist, dass man sich so einen Hub im Nachhinein auch für des Klempners Allausflug gewünscht hätte. Es gibt hier massig Noten, versteckte Kisten und Minispiele zu finden, man darf mit dem „nutzlosen“ Maulwurf plaudern oder Baupläne kaufen. Witzige Schweine-, Pinguin- und Nashorn-NPCs laufen überall umher und beschweren sich mit schlagfertigen Sprüchen, wenn man sie rammt.
Schräger Charme Technisch gibt sich Rare keine Blöße. Das Spiel läuft flüssig, die Grafik sieht dabei immer sehr gut aus. Alle Charaktere und Gegner haben ihren eigenen, schrägen Charme. Die Musikuntermalung ist sehr gelungen, besonders bei den Anspielungen auf alte TV-Serien. Das „Was bisher geschah“-Intro verspricht dank Sprachausgabe zu viel, denn alle sonstigen Unterhaltungen finden in Kauderwelsch statt. Halb so schlimm, wäre die Schriftgröße der Untertitel nicht so verdammt klein geraten. Dabei findet man in den Textkästen den absolut besten Teil des Spieles, nämlich den einfach genialen Humor. Seit "Super Paper Mario" hab ich mich bei keinem Videospiel mehr so gut amüsiert.
Fazit:
Wer mal wieder ein abgedrehtes und humorvolles Spiel zocken möchte, wird mit „Banjo-Kazooie: Schraube locker“ keinen Fehlkauf tätigen. Das Game ist strotzt vor Selbstironie, Eastereggs und Seitenhieben auf die Welt der Videospiele. Wer dagegen einen ernsthaften Ersatz für „Super Mario Galaxy“ sucht, wird wohl enttäuscht, denn das Basteln und Fahren sollte einem liegen. Wären Humor und Baukastenprinzip nicht vorhanden, würde das Spiel gnadenlos im Mittelmaß versinken. Immerhin gibt es für XBL Gold-Mitglieder noch einen ordentlichen Multiplayermodus, auch können Fotos, Baupläne und Wiederholungen getauscht werden. Ein netter Titel für zwischendurch, jedoch kein Hit. Die Xbox 360 darf weiter auf ein richtiges Meisterwerk im Bereich Jump’n’Run bzw. Drive’n’Collect warten.
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Autor der Besprechung:
Michael Hambsch
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