DCS: Black Shark
Entwickler:
Koch Media
Publisher:
Koch Media
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
39,95 €
Systeme:
PC
Testsystem:
Intel Core 2 Duo 3 GHz; ATI Radeon 4800; 2 GB RAM; Windows XP SP 3
Anforderungen:
Intel Pentium 4 2 GHz; Grafikkarte mit 256 MB VRAM und DirectX 9; 2 GB RAM;
Inhalt:
Auch wenn bzw. gerade weil meine letzte Netzwerk-Session mit Freunden in einem stickigen Keller inzwischen schon einige Zeit zurückliegt, verbinde ich mit dieser Freizeitbeschäftigung so zahlreiche wie positive Erinnerungen. Anders als bei den meisten anderen Zockern, fand entgegen aller Klischees mein Erstkontakt mit Netzwerkkabeln, IP-Adressen und sonstigen Problemen aber nicht innerhalb eines beliebigen Shooters oder Strategiespiels statt. Das erste Spiel, das ich jemals über ein Kabel gegen jemand anderen gespielt – zumindest so weit ich mich erinnern kann – war Novalogics Werewolf vs Comanche, 1995 erschienen. So alt bin ich also schon.
Und auch wenn ich mit Flugsimulationen sonst wenig anfangen konnte und, wenn überhaupt, meistens im Arcade-Modus unterwegs war, habe ich diese Hubschrauber-Simulation geliebt. Trotz der mit dem Namen Novalogic verbundenen Voxel-Exzesse - jeder Leidensgenosse wird mich verstehen. Entsprechend gerieten die ersten Minuten, die ich mit dem nun erhältlichen DCS: Black Shark verbringen durfte, zu einer Begegnung mit der eigenen Vergangenheit. Denn hinter dem Kürzel verbirgt sich der selbe Helikopter, der vor fast 15 Jahren noch Werewolf genannt wurde: Der russische Kamov-50, im Westen als Hokum-A bekannt.
Meinung:
Genau diese Kampfmaschine mit Rotoren ist der Star im ersten Teil des Digital Combat Simulators (DCS) der russischen Entwickler Eagle Dynamics. Patriotismus hin oder her, die Herren (und Damen?) hätten sich wahrlich keinen besseren Protagonisten aussuchen können. Denn der Hokum ist in technischer Hinsicht spektakulär, schließlich handelt es sich bei ihm um den einzigen, tatsächlich eingesetzten, einsitzigen Kampfhelikopter der Welt. Wen das noch nicht beeindruckt, der sollte mal einen Blick auf eine Skizze des Hokums werfen. Nein, vergessen wurde der Heckrotor nicht, stattdessen hält sich die geniale Konstruktion mittels zweier gegenläufiger Hauptrotoren in der Luft.
Stählernes Ballett Unter anderem aus diesem Grund fliegt sich das gut 8 Tonnen schwere Ungetüm auch nicht wie ein Segelflugzeug. Da sich Eagle Dynamics nichts anderes als eine bis ins kleinste Detail reichende Realitätsnähe auf die Fahnen geschrieben hat, erfordert es schon etwas Übung, um den Russen-Vogel überhaupt in der Luft zu halten. Wochenlange Übung, um es genau zu sagen. Schon um das Startmanöver ordentlich und vor allem erfolgreich abzuschließen, sind neben Steuerbewegungen genau 51mal die mannigfaltigen Instrumente des Cockpits zu bedienen. In Worten: einundfünfzig mal.
Push the Button Zum Glück geschieht das nicht komplett per Tastatur. Denn auch wenn das Handbuch des Titels einen stattlichen Umfang von mehreren hundert Seiten aufweist – wie es sich das für eine echte Simulation eben gehört, bedient der Spieler die Gerätschaften im Cockpit direkt per Maus. Jeder Höhenmesser oder künstliche Horizont dort funktioniert realistisch, kein Schalter ist Dekoration. Was der Spieler im Hubschrauber um sich herum sieht, kann auch wirklich benutzt werden. Und das sollte es auch.
Panoramafenster Um das überhaupt zu ermöglichen, haben Eagle Dynamics das Cockpit komplett in 3D animiert, so dass alle sechs Bewegungsachsen unterstützt werden (6DOF). Tatsächlich ist das so gut gelungen, dass der Spieler sich auch ohne viel Fantasie in den Hubschrauber versetzt fühlt. Wer in den vollen Genuss dieses Features kommen will, sollte überlegen, sich ein Zusatzgerät namens Track IR anzuschaffen, das auf dem Monitor angebracht wird und die Kopfbewegungen des Spielers ins Spiel überträgt. Der Bestellzettel liegt dem Spiel bei.
So weit das Auge reicht Aber auch ohne dieses sicher nützliche Gimmick lohnt sich der Blick durch die Scheiben des Hokum. Schließlich hat Black Shark grafisch einiges zu bieten, allem voran eine immense Weitsicht von mehreren hundert Kilometern. Ich persönlich habe selten so organische, weitläufige und realistische Landschaften gesehen, wie in diesem Titel. In Anbetracht der schieren Ausdehnung der Level gerät die Darstellung von Bodendetails wie Bäumen oder sonstigem aber etwas grob. Allerdings sollte man sich als Hubschrauberpilot von solchen Hindernissen ja tunlichst fernhalten.
Fliegende Fotos Im Gegensatz zu Busch und Baum, aber auch Haus und Hof, sind die sich bewegenden Objekte eine Augenweide. Speziell das Modell des eigenen Vehikels strotzt vor Details, hier lassen sich sogar einzelne Muttern erkennen und das natürlich an genau der richtigen Stelle. Aber auch die übrigen Fahr- und Flugzeuge von Black Shark wissen in ihrem Detailgrad nicht nur zu überzeugen, sondern zu begeistern. Ein Flug durch das Spiel ersetzt so manchen Gang durchs entsprechende Museum. Gerade deshalb ist der relativ niedrige Hardware-Anspruch des Spiels umso bemerkenswerter.
Ode der Zerstörung Auf die Spitze getrieben haben Eagle Dynamics den Realismus des Titels beim Schadensmodell des Hokums. Jeder Teil der Gesamtkonstruktion kann einzeln beschädigt werden und entsprechend ausfallen. Laien lernen so erst im Schadensbericht nach dem Kampf, was sie eigentlich alles an Bord haben. Wie die Beschädigungen außerdem dargestellt werden, ist schlicht unglaublich. Kugeln, Raketen und Konsorten demolieren den fragilen Hokum so plastisch und realitätsnah, dass selbst ein Crash zum Kunstwerk wird.
Es gibt viel zu tun Damit soll die technische Umsetzung von Black Shark aber genug gelobt sein. Schließlich wären all die tollen Features des Spiels sinnlos, gäbe es keine Aufgaben, die mit ihrer Hilfe zu bewältigen sind. Zu diesem Zweck bietet das Spiel neben den üblichen Einzelmissionen zwei verschiedene Kampagnen an, deren Spielzeit in Stunden jeweils nicht an zwei Händen abgezählt werden kann. Und auch nicht an vier. Jede dieser Kampagnen enthält außerdem mehrere zufällige Elemente und ist nicht linear. Je nachdem, wie sich der Spieler in einer Mission verhält, gibt es bis zu vier Möglichkeiten für einen nächsten Einsatz. Das sollte für einige Monate reichen.
Kamikaze Die Gegner, die es dabei zu bekämpfen gibt, können mit dem Level an Technik des restlichen Programms leider nicht ganz mithalten. Zwar genügt deren Leistung für fordernde Kämpfe, gerade Bodeneinheiten agieren aber oft wenig einfallsreich. Aber selbst das wäre zu verschmerzen, würde der Wingman des Spielers nicht die üble Eigenschaft haben, ohne Rücksicht auf Verluste mitten ins Gefecht zu fliegen, selbst wenn Abwarten und der Kampf aus der Distanz die bessere Alternative wäre.
Luftkampf light Wer sich von all den obigen Feinheiten von Black Shark nicht hat verschrecken lassen, dem dürfte auch egal sein, dass das Spiel zusätzlich einen Game-Modus anbietet. In dem steuert sich der Hokum deutlich einfacher und auch eine Verfolgerkamera ist möglich. Faktisch nimmt das dem Titel aber all seine Klasse. Wer Arcade will, spielt HAWX, alle anderen bleiben im Simulator-Modus.
Neue Spielzeuge Sollte es irgendwann Spieler geben, die tatsächlich von sich behaupten können, Black Shark gemeistert zu haben, weil sie mit dem Hokum Slalom um Raketen fliegen können usw., besteht für diese Elite kein Grund zur Sorge. Eagle Dynamics hat bereits die nächsten Titel der DCS-Serie angekündigt, die alle zueinander kompatibel sein sollen. Halten die Entwickler das Niveau von Black Shark, kommt Großes auf die Spielewelt zu.
Schade, schade Was bei den folgenden Titeln aber sicher nicht geändert wird, ist der Kopierschutz. Auch Black Shark verfügt über eine Eigenschaft mit diesem unangenehmen Klang und Eagle Dynamics hat leider ein besonders nervtötendes Exemplar namens Starforce verwendet. Jede Installation verbraucht einen von wenigen Aktivierungs-Codes, jede Deinstallation einen Deaktivierungs-Code. Diese können angeblich aber elektronisch erneuert werden. Microsoft, anyone?
Fazit:
Oft schon totgesagt, feiert die Flugsimulation mit Black Shark eine spektakuläre Wiederauferstehung. Gerade weil es so lange gedauert hat, seitdem der letzte wirklich gute Vertreter des Genres erschienen ist, gebührt dem Mut der Entwickler von Eagle Dynamics Respekt. Umso schöner ist es, das Courage nicht das Einzige bleibt, was den Titel auszeichnet. Eine so perfekte und realistische Flugsimulation wie Black Shark hat die Szene noch nicht erlebt.
Die breite Masse wird es jedoch wohl nicht ansprechen. Dazu ist das Spiel einfach zu wenig Spiel. Black Shark benötigt Monate, um verstanden, sowie Jahre, um gekonnt zu werden. Alles andere ist Illusion. Sicher gibt es eine Zielgruppe, denen die Komplexität des Titels nicht nur egal, sondern gerade recht ist, aber die ist verschwindend gering. Alle anderen Zocker werden die für Black Shark benötigte Geduld nicht aufbringen. Auch wenn sie dem Hokum schon vor 15 Jahren begegnet sind.
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Autor der Besprechung:
Max Link
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