Dark Sector
Entwickler:
Atari
Publisher:
Atari
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
46,97 €
Systeme:
PC
Testsystem:
Intel Core Duo E8400@3 GHz; 4 GB RAM; ATI Radeon HD 4800
Anforderungen:
P4 3GHz CPU; 1000MB RAM; 6100MB HD; 3-D-Karte
Inhalt:
Während bis vor wenigen Jahren Kulturgüter aller Art vor allem aus dem Westen in die ehemalige UDSSR exportiert wurden, erschienen in den letzten Jahren vermehrt Literatur und Filme aus russischsprachigen Ländern auch hier im Westen. Zu verdanken haben wir das zum einen natürlich der Globalisierung und zum anderen Sergej Lukianenko, der mit seiner „Wächter“-Trilogie die Tore für russische Unterhaltung im Westen weit aufgestoßen hat. Was allerdings bisher an Videospielen aus dem Hammer-und-Sichel-Land auf den heimischen Märkten zu finden war, wusste leider nur selten zu überzeugen. Trotz eines gewissen Bildungsstandes, was diese Form der Unterhaltung angeht, fällt mir eigentlich nur DCS Black Shark ein, wenn ich über hochwertige Spiele aus Russland nachdenke. Ob ich diese mickrige Minimal-Liste in Zukunft um Dark Sector ergänzen muss?
Meinung:
Dieser Third-Person-Shooter stellt, zumindest meiner Recherche nach, das erste eigenständige Projekt dar, dass der russische Unterhaltungsriese Novyi Disk auf den europäischen Markt wirft. War die Firma bisher vor allem für die Portierung ausländischer Titel für das Publikum in Russland bekannt, zeigt die lange Entwicklungszeit von Dark Sector (das Spiel wurde 2004 angekündigt), wie wichtig es Novyi Disk offenbar war, beim West-Debüt auch alles richtig zu machen.
Innovation? Hinsichtlich der Story geht das Spiel auf Nummer Sicher. Der vom Spieler gesteuerte Held heißt Hayden Tenno, arbeitet für den Geheimdienst eines kleinen Landes östlich der Elbe namens Lasria und entspricht optisch allen Kriterien eines handelsüblichen Actionhelden: groß, muskulös, dunkelhaarig. In einer nahen Zukunft besteht seine Aufgabe vor allem darin, sich mit den Folgen einer schrecklichen Pandemie herumzuschlagen. Schuld daran ist der sogenannte Technocyte-Virus, der alle seine Opfer in grauenhafte Mutanten verwandelt.
Dumm gelaufen Eine gewisse Rolle bei der Ausbreitung spielte offenbar ein gewisser Mezner, den Hayden irgendwie kennt. Wohl deshalb bekommt er von seinem Vorgesetzten die Aufgabe, Mezner zu töten, als dieser sich in einer nicht näher bestimmten Hafenstadt aufhält. Auch wenn Hayden so seine Zweifel hat, ob das eine gute Idee ist, lässt er sich auf die Mission ein und bahnt sich seinen Weg durch die gegnerischen Horden. Sein anschließendes Treffen mit Mezner verläuft allerdings weniger gut, denn ein seltsamer Begleiter des Verbrechers besiegt Hayden und infiziert ihn - das musste ja so kommen - mit dem Technocyte-Virus. Ärgerlich.
Planlos Schon diese kurze Vorgeschichte zu Dark Sector, die man übrigens in schickem Schwarz-Weiß als Rückblende selbst spielt, deutet an, was die daran anschließende Suche Haydens nach Mezner bestätigt: Zwar gibt es in Dark Sector eine Hintergrundgeschichte, und die wird in den Zwischensequenzen eigentlich auch gut präsentiert, worum es genau geht, kann der Spieler aber nur erahnen. Verantwortlich dafür ist ein sehr... origineller Erzählstil des Titels, der mehr andeutet als erklärt und das über die komplette Spielzeit. Selbst der Abspann ändert daran nicht viel.
Xena sei Dank Entsprechend schnell rückt bei Dark Sector das eigentliche Spielgeschehen in den Mittelpunkt, was sich auch sehen lassen kann. Nach der ersten Mission, die nicht nur wegen ihrer zweifarbigen Optik an Splinter Cell erinnert, entwickelt sich Dark Sector nämlich um ein Spielfeature herum: das Glaive. Hinter diesem exotischen Namen verbirgt sich ein ziemlich spitzer, scharfkantiger und nicht zuletzt runder Bumerang. Wer sich darunter wenig vorstellen kann, dem hilft vielleicht ein Vergleich mit dem runden Ding, das unser aller Jugendfreundin Xena immer mit wildem Kreischen auf schlechte Computeranimationen geworfen hat.
Schlüssel für alles Im Vergleich mit der irren Amazone hat die Waffe von Hayden (die übrigens aus seinem Körper wächst!) aber deutlich mehr Fähigkeiten. Mit ihr kann der infizierte Geheimagent Dinge zerstören oder zu sich heran holen, und kann diese z.B. in Brand oder unter Strom setzen. Durch diese verschiedenen Funktionen des Glaive erinnert das Ding zwar manchmal an ein unförmiges Schweizer Taschenmesser, wird aber auch zu einem geschätzten Hilfsmittel, wenn man dessen Steuerung erstmal gemeistert hat. Spätestens dann stellen die Rätsel, die in Dark Sector mittels der Waffe zu lösen sind, aber nur eine geringe Herausforderung dar.
Ultimate Frisbee Auch wenn das Glaive Hayden fast jede Tür öffnet, handelt es sich bei Gerät in erster Linie natürlich um eine Waffe - und zwar um eine wirklich mächtige. Selbst das umfangreiche Waffenarsenal, das Haydens Feinde im Laufe von Dark Sector auf den armen Kerl loslassen, verblasst im Vergleich mit dessen tödlicher Frisbee. Speziell die Möglichkeit, mit dem Glaive gezielt Körperteile der Gegner anzugreifen, macht selbst eine zahlenmäßige Übermacht zu keiner großen Gefahr für den Helden.
Übermensch Sollte es doch einmal hart auf hart kommen, stehen Hayden darüber hinaus noch einige weitere Fähigkeiten zur Verfügung. So verleiht ihm die Infektion z.B. die Fähigkeit sich unsichtbar zu machen, das Glaive mit besonders hoher Kraft zu werfen oder die Scheibe während des Flugs zu lenken. Gerade die letzte Kraft ist zwar nicht einfach zu steuern, ermöglicht aber theoretisch beeindruckende Gefechte. Darüber hinaus kann Hayden sich sogar selber heilen, was automatisch geschieht. Ein Lebensversicherung stellt aber auch diese Fähigkeit nicht dar.
Feuerwaffen? Nein danke Dass bisher die übrigen Waffen des Spiels nicht erwähnt wurden, liegt nicht daran, dass es keine gibt - ganz im Gegenteil. Das handelsübliche Sammelsurium von Schrotflinten, Pistolen usw. lässt sich sogar auf dem Schwarzmarkt mit verdientem bzw. gefundenem Geld aufwerten, gerät durch die Macht des Glaive aber in den Hintergrund. Das spricht auf der einen Seite für die Durchschlagskraft von Haydens Hauptwaffe, macht aber auf der anderen Seite den Fernkampf in Dark Sector irgendwann etwas eintönig.
Im Blutrausch Das Nahkampfsystem des Spiels hingegen ist zwar nicht langweilig, dafür aber relativ schwer einzusetzen. Oftmals gehen Tritte und Schläge ins Lehre, was schmerzliche Folgen haben kann. Gelingt der Angriff im Handgemenge aber, zeigt Dark Sector sich von seiner blutigen Seite. Einmal angeschlagene Gegner werden rot markiert und eine Faustattacke auf diese hat spektakuläre bis übertrieben brutale Finisher zur Folge.
Nichts für Kinder Spätestens in diesen Situationen wird deutlich, wie sehr Dark Sector das „ab 18“-Logo verdient hat. Allerdings sind auch die normalen Kämpfe eindeutig für ein erwachsenes Publikum konzipiert und werden von viel Blut und Schmerzensschreien geprägt. Geschmackssache. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die deutsche PC-Version im Vergleich zu den Konsolen-Umsetzungen, die bereits vor gut einem Jahr außerhalb Deutschlands erschienen, deutlich geschnitten wurde.
Motorische Schwächen Angesichts der langen Zeit, die zwischen dem Erscheinen des Spiels für die Konsolen und jetzt für PC vergangen ist, bleibt aber rätselhaft, warum die Portierung derart schlecht umgesetzt worden ist. Egal, ob beim Einstellen der Steuerung oder der Kontrolle von Hayden im Spiel, jederzeit zeigen sich ärgerliche Ungenauigkeiten in der Umsetzung, die mit wenig Aufwand hätten vermieden werden können. So wirkt Dark Sector häufig sehr lieblos.
Grey is beautiful Dabei hat der Titel optisch bzw. technisch einiges zu bieten. Die Physikeffekte sind meistens gelungen, die Animationen insgesamt auch. Einzig das Gesicht des Protagonisten und die häufig sehr grauen Level zeugen von wenig Kreativität. Trotz dieser Schwächen ist die Präsentation von Dark Sector, auch durch den absolut soliden Sound, im oberen Mittelfeld des hart umkämpften Action-Geschäftes einzuordnen.
Fazit:
Auch wenn Story und Protagonist von Dark Sector eine Identifikation mit dem Erlebten praktisch unmöglich machen, hat der Spieler während der durchschnittlich langen Spielzeit durchaus seinen Spaß. Das liegt vor allem am Arsenal an Kampffertigkeiten und Waffen, das Hayden zur Verfügung steht und in Kombination mit der soliden Grafik nette Kampfsequenzen ermöglicht, nach deren Ende man in einem Meer von Blut watet und sich in einem Kinofilm wähnt. Davon abgesehen bietet Dark Sector aber zu wenig Inhalt, um über seine ganze Spielzeit zu begeistern, und verkommt irgendwann zum netten Spiel, das mehr aus seinem Potential hätte machen müssen. Insgesamt aber ein Debüt von Novyi Disk, das sich sehen lassen kann.
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Autor der Besprechung:
Max Link
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