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Stromausfall - Retroland: Extraleben Teil IV
Stromausfall_neu

Retroland_CoverJeder, der sich auch nur ein wenig für Retrogaming und Bücher interessiert, dürfte die Extraleben-Romane wohl kennen. Schließlich hat die Romanreihe von Constantin Gillies, in der die beiden Kumpels Nick und Kee, die mit ihrem unaufhörlichen 80er Jahre-Nerdwissen eine digitale Schnitzeljagd gewinnen und so zu Mitarbeiten der Datacorp, einer Firma, die sich auf die Restaurierung und Rettung alter Datenträger spezialisiert hat, werden, schon einen gewissen Kultstatus erreicht. Umso bedauerlicher war, dass man so lange auf ein neues Abenteuer von Nick und Kee warten musste. Doch nun sind die beiden endlich wieder zurück, denn passend zum Jahresende erschien mit Retroland der vierte Teil der Reihe.

Zu Beginn des neuesten Romans erinnert vieles an den allerersten Teil, denn genau wie damals wollen die beiden Kumpels auch diesmal wieder einen ihrer Kumpelurlaube verbringen. Zeit und Geld dafür haben sie nun auch endlich wieder genug, denn bei ihrer Entlassung aus der Datacorp haben sie eine beträchtliche Abfindung erhalten. Und einen passenden Ort für ihren Urlaub haben sie ebenfalls, denn wo könnte man besser den guten alten 80ern hinterher schwelgen als in Retroland, dem Freizeitpark, in dem die Achtziger detailliert nachgebaut sind - inklusive fehlendem Handyempfang, fehlendem Rauchverbot, Musik von der Schallplatte und natürlich Pac-Man-Automaten in der Spielhalle. Alles könnte also perfekt sein. doch leider kommt alles anders, denn anstatt den Aufenthalt genießen zu können, wird plötzlich auf Kee geschossen und die beiden Freunde müssen durch die bizarren Kulissen von Retroland flüchten. Nach kurzer Konsternation wird den beiden schnell klar, dass der Angreifer es nicht auf sie persönlich abgesehen hat, sondern auf etwas, was sie dabei haben: eine 8"-Diskette. Die hat Kee vor dem Abflug von Andrea "Andi" McArthur erhalten, die noch bei Datacorp arbeitet und Kee um Hilfe bei der Restaurierung der Diskette, die sie wiederum von einem Militär erhalten hat, bat. Doch was ist dort Besonderes drauf, dass auf Kee geschossen wird? Dieser Frage gehen die beiden Kumpels nach, während sie stets um ihr Leben fürchten müssen. Doch nicht nur ihr Leben ist in Gefahr, auch das einer weiteren Person ist in akuter Gefahr...

Leseprobe

Die Zukunft, die sonst immer so klar vor mir lag, ist zu einem schwarzen Highway bei Nacht geworden. Ab jetzt sind wir auf unbekanntem Gebiet unterwegs.
Zwei Männer. Ein Ziel.
Und das unendlich lange Asphaltband vor ihnen.
Es könnte ein wunderbarer Moment sein, voller Würde und Ruhe.
Wenn der Beifahrer nicht wäre.
Denn Nick hat dafür gesorgt, dass das lockere Gespräch der zwei Männer mit einem Ziel und dem unendlich langen Asphaltband vor sich blitzschnell zum erbitterten Glaubenskrieg eskaliert:
"Aber der Terminator hat ein viel cooleres Betriebssystem!"
Peinlich. Immer wenn er sich aufregt, fängt er an zu keifen wie ein kleines Mädchen. Ist ja gut, mein Freund, ist ja gut. Aus irgendeinem Grund nimmt er jede aufgewärmte Schulhofdiskussion superernst, da tickt er sofort aus, als hätte man seine Mutter ins Säurebad geschubst.
Er lockert den Gurt, um sich besser rüberlehnen zu können. "Und ich kann's dir auch beweisen, pass auf: Also immer, wenn gezeigt wird, was der Terminator sieht, wenn man also quasi in seinen Kopf guckt, dann flimmern so Zahlenkolonnen und generisches Militär-Blabla vorbei. MISSION, TARGET und so. Jedenfalls hat jemand mit 'nem schnellen Pausentastenfinger mal geguckt, was das genau für Sachen sind. Und - surprise! Der Zahlensalat ist nichts anderes als ein Programm für den 6502-Prozessor, also den gleichen, der im Apple II steckte. Hab ich schon mal erzählt, oder?"
"Jap."
Bleibt die Frage: Warum erzählst du's schon wieder? Nicht, dass ihn dieser Einwand stoppen würde.
"Na, dann ist ja gut", rattert er weiter. "In Robocop jedenfalls, da gibt es diese Szene, wo Murphy hochgefahren wird, also nachdem sie ihn zum Cyborg umgebaut haben. Und was erscheint da vor seinem geistigen Auge? Worte wie COMMAND.COM und CONFIG.SYS. Ja, Alter, du hast richtig gehört."
Irres Kopfnicken. "Robocop läuft unter DOS! Was ist also besser: coole acht Bit beim Terminator oder - kotz! - Dosenfutter bei Robocop?" Er faltet die Hände und senkt die Stimme wie ein Nachrichtensprecher, der verkündet, wie viele Tote eine Naturkatastrophe gefordert hat.
"Ich denke, die Sache ist entschieden."
Das denke ich nicht. Jedenfalls nicht, wenn man eine nüchterne waffentaktische Analyse zugrunde legt.
"Nun jaaa ... der Terminator hat ja einen großen Nachteil: Der ist ab Werk unbewaffnet. Arnie musste ja erst mal eine Ewigkeit naggisch durch die Gegend rennen, bevor er jemandem seine Waffe abknöpfen konnte. Robocop dagegen hat seine Kanone immer im Bein dabei - und er ist besser gepanzert!"
Auf dieses Argument hat er anscheinend nur gewartet.
"Ach ja? Und was ist, wenn der Angreifer auf den Mund schießt? Den haben sie ja bequemerweise ungepanzert gelassen, ne?"
Seine Süffisanz ist zum Kotzen. Einfach zum Kotzen. Warum habe ich ihn bloß zu diesem Trip eingeladen? Ich hätte da ohne Probleme auch alleine hinfahren können, wäre vielleicht sogar lustiger geworden, so als Single.
Apropos. Kurzer Blick auf die Rückbank: Alles klar, er liegt noch da, der Umschlag von Andie. Was sie wohl will? Bestimmt nur geschäftlichen Kram, irgendwelche Aufhebungsverträge von der Datacorp oder so, die Amis sind ja völlig besessen von diesem rechtlichen Zeug. Aber was zählt ist ohnehin nur, dass der Umschlag von ihr kommt, von der Göttin. Nachher, wenn wir am Flughafen sind, muss Sextanerblase Nick bestimmt mal aufs Klo, dann werde ich reinschauen.
Was die Sache mit dem Mund von Robocop angeht, hat er natürlich recht. Das kam mir damals schon unlogisch vor. Wer baut eine Kampfmaschine mit so einer lächerlichen Schwachstelle?
Also gönne ich ihm den Punktsieg. Wo er sich doch immer so freut, der alte Rechthaber.
"Stimmt irgendwie."
Er faltet die Arme und lehnt sich zufrieden zurück.
Alles wie immer also: ich am Steuer, der Beifahrer neben mir, in irgendeinem Auto, auf irgendeiner Straße.

Wie auch alle bisherigen Extraleben-Romanen ist auch Retroland wieder mit 80er-Fakten, -Zitaten und Anspielungen vollgepackt. Doch nicht nur deswegen ist auch der vierte Teil der Romanreihe wieder ein äußerst gelungenes Werk, denn ganz abgesehen vom allgegenwärtigen Retro-Charme ist Retroland auch verdammt spannend, verdammt lustig und verdammt gut geschrieben. Gillies schafft es wieder perfekt, den richtigen Mix aus Action und Retro zu finden, der einen von der ersten bis zur letzten Zeile fesselt und unterhält.

Fazit:
Jahrelang habe ich darauf gewartet, dass meine Lieblings-Romanreihe endlich fortgesetzt wird. Jetzt, nachdem Retroland nun endlich erschienen ist, muss ich sagen, dass sich das Warten gelohnt hat. Mit Retroland hat Gillies wieder ein äußerst gelungenes Werk geschrieben, das nicht nur eine mehr als würdige Fortsetzung der Extraleben-Reihe darstellt, sondern auch wieder genau den richtigen Mix aus Action, Humor und 80er Jahre-Nerdwissen perfekt vereint.
Wer auf Atari, 8"-Disketten und alles andere aus den 80ern steht und zudem auch noch spannende Geschichten mag, sollte sich Retroland also auf keinen Fall entgehen lassen!

Retroland: Extraleben Teil IV findet ihr für 16,95 Euro (bzw. 11,99 als eBook) bei Amazon oder im gut sortierten Buchhandel.


Special vom: 11.01.2016
Autor dieses Specials: Stefan.Heppert
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