Assassin's Creed 3: Die Tyrannei von König George Washington

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Spiele, die vor allem von ihrem Singleplayermodus leben, haben alle ein gemeinsames Problem, denn egal wie groß ein Abenteuer auch ist, irgendwann ist die Geschichte beendet und dann landet das Spiel im Normalfall im Regal und droht dort zu verstauben. Um den Spielen ein solches Schicksal zu ersparen, entschließen sich viele Publisher dazu, den Spielen DLCs zu verpassen, welche die Käufer länger an das Produkt binden sollen. Im Regelfall beinhalten diese DLCs neue Levels die wenig neuen Inhalt bieten und dem Spiel höchstens noch eine Gnadenfrist geben. Es gibt aber auch Ausnahmen. Eine davon sind beispielsweise die beiden GTAIV-DLCs die gleich zwei ganz neue Abenteuer brachten. Ganz ähnlich verhält es sich mit der vor kurzem vervollständigten, dreiteiligen Assassin's Creed 3 DLC-Erweiterung Die Tyrannei von König George Washington, die einen ebenfalls ein vom Hauptspiel abgesondertes Abenteuer miterleben lässt. Doch bietet es auch spielerisch etwas Neues? Dieses Special wird diese Frage beantworten und sagen, ob sich dessen Kauf lohnt.

Anders als im Hauptspiel von Assassins Creed 3, dessen Geschichte rund um den amerikanischen Bürgerkrieg mit wahren historischen Aspekten gespickt war, stellt die Story von Die Tyrannei von König George Washington eine Art alternative Welt dar, die bis auf die Namen der historischen Protagonisten nichts mit der Wirklichkeit oder den Geschehnissen im Hauptspiel zu tun hat.



Das andere Gesicht des George Washington

So ist auch zu erklären, warum George Washington in dieser Phantasiewelt nicht der von den Massen verehrte Mann ist, der zum 1. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird, sondern in den Besitz des Edenapfels gelangt und durch ihn zu einem machtbesessenen, grausamen und despotischen König wird, der seine Untertanen mit allen Mitteln ruhig stellt. Connor seinerseits wird hier nie zum Assassinen ausgebildet, sondern bleibt stets ein Teil seines Stammes und lebt unter seinem indianischen Namen Ratohnhaké:ton wie jedes andere Stammesmitglied in der Dorfgemeinschaft.
Zumindest so lange, bis ein schreckliches Schicksal sein ganzes Leben verändert. Eines Tages kommt nämlich Washington mit samt seinen Mannen und brennt nicht nur das Dorf nieder, sondern bringt auch zahlreiche Stammesmitglieder um, darunter auch Ratohnhaké:tons Mutter. Er selbst überlebt schwer verwundet. Nach ein paar Monaten im Koma schwört er Rache und macht sich umgehend auf, um den barbarischen Tyrannen zu stellen.

Superhelden-Fähigkeiten
Seinen Assassinen-Fähigkeiten beraubt, fragt man sich natürlich wie Ratohnhaké:ton gegen Washington und den Edenapfel bestehen möchte. Diese Frage wird einem schon im ersten Teil der DLC-Trilogie, welcher den Beinamen Die Schande trägt, beantwortet. Anstatt Assassinen-Fähigkeiten erlernt Ratohnhaké:ton hier durch die Einnahme eines Gebräus spezielle indianische Superkräfte, um die ihn selbst so mancher Marvel-Superheld beneiden würde. Im ersten Teil erhält er beispielsweise die Hilfe des Wolfsgeists, mit dem er ein ganzes Rudel an Wölfen beschwören kann. Zudem kann er sich mit dem sogenannten Wolfsmantel unsichtbar machen. Im zweiten DLC-Teil kommt mit dem Adlerflug, der es unserem Helden möglich macht kurze Distanzen zu überfliegen sowie Gegner anzuvisieren und mit einem Sturzflug zu töten, noch eine weitere nützliche Kraft hinzu. Im späteren Verlauf der Trilogie bekommt man dann noch eine vierte Fähigkeit, die ich an dieser Stelle aber nicht verrate.

In New York steht eine Pyramide
Mit diesen Kräften ausgestattet geht es in den ersten beiden DLCs Die Schande und Der Verrat zunächst durch die Wildnis und nach Boston, wo Ratohnhaké:ton einen ungewöhnlichen aber bekannten Verbündeten im Kampf gegen den König findet. Im dritten und letzten Teil der Trilogie (Die Vergeltung) verschlägt es unseren Helden bei der Jagd nach König Washington zunächst mitten in eine Seeschlacht und danach schließlich in die letzte aus dem Hauptspiel bekannten, und im DLC noch nicht bereisten Stadt – nach New York. In der hier ansässigen Festung, die wie eine Pyramide á la Freimaurer aussieht, kommt es am Ende zum entscheidenden Kampf zwischen ihm und dem Monarchen, die der Tyrannei von George Washington endgültig ein Ende setzen soll.

Gleiches Gameplay – nur leichter
Vom reinen Gameplay erwartet einen während des gesamten Abenteuers im Prinzip das gleiche wie im Hauptspiel – sprich man muss viel schleichen, verfolgen und vor allem viele, viele Gegner töten. Was im Hauptspiel noch für so manche schweißnasse Hand geführt hat, erscheint einem hier allerdings teilweise wie ein Kinderspiel. Schuld daran ist der bereits angesprochene Wolfsmantel. Denn dieser kostet bei Benutzung zwar Lebensenergie, da man diese durch einen kurzen Zwischenstopp in einem der zahlreichen Verstecke aber auch wieder regenerieren lassen kann, ist es einem möglich beinahe die gesamte Zeit über mit ihm ungesehen umherzuschleichen, wodurch der Schwierigkeitsgrad natürlich rapide sinkt. Daran können auch die neu hinzugekommenen Hunde, die einen selbst dann noch erschnüffeln können wenn man unsichtbar ist, nichts ändern.
Und als ob das Spielgeschehen dadurch nicht schon genug erleichtert wird, lässt eine weitere Fähigkeit den DLC nochmals leichter werden. Die Rede ist vom ebenfalls bereits erwähnten Adlerflug. Durch die Möglichkeit mit einem kurzen Gleitflug so gut wie überall hin zu gelangen wird das normale Klettern und die damit verbundene Wegsuche nämlich so gut wie überflüssig.



Phantasielose Nebenmissionen
Doch auch ohne die speziellen Indianer-Fähigkeiten erscheint mir Die Tyrannei von König George Washington leichter zu sein als das Hauptspiel. Ein gutes Beispiel dafür sind etwa die Nebenmissionen. Waren diese im Hauptspiel teilweise recht happig, so sind sie hier allerhöchstens als schmückendes Beiwerk zu betrachten. Einem Bettler mit einem einzigen Knopfdruck Essen in die Hand zu drücken kann ja schließlich niemand als Herausforderung ansehen. Ein wenig mehr Phantasie hätte an dieser Stelle also sicherlich gut getan. Vor allem da weitere Nebenaufgaben, wie etwa das beliebte Handelssystem, auch noch gestrichen wurden und wie in diesem Beispiel durch Schatztruhen ersetzt wurden.

Die Unbarmherzigkeit des Königs

Dass die Entwickler auch in diesem DLC durchaus phantasievollere Einfälle hatten, beweisen sie dafür an anderer Stelle. So ist nicht nur die Story erfrischend anders. Auch die Spielwelt präsentiert sich in einem etwas anderen Gewand. Die Orte, an denen sich das Geschehen abspielt, blieben zwar im großen und ganzen dieselben, allerdings sieht man nun überall flüchtende, bettelnde oder gar erfrorene Menschen, aufgehängte Deserteure, umherziehende Handlanger des Königs sowie politische Plakate, die einem die Unbarmherzigkeit des Königs immer wieder aufs Neue vor Augen führen. Schön ist auch, dass wieder die aus dem Hauptspiel bekannten Sprecher am Werk waren und ihrer Arbeit auch hier auf gewohnt hohem Niveau nachgegangen sind.

Fazit:
stefan2Die Tyrannei von König George Washington zu bewerten fällt mir ehrlich gesagt gar nicht so leicht. Es gibt nämlich sowohl Punkte die für, als auch Punkte die gegen die DLC-Trilogie sprechen. Auf der einen Seite wäre da die eigenständige Story, die einem eine erfrischend andere Geschichte miterleben lässt, sowie die darauf angepasste Spielwelt, welche die Grausamkeit des Königs auf eindrucksvolle Art unterstreicht. Auf der anderen Seite wären hingegen die neuen Fähigkeiten, die zwar recht cool sind, einem aber auch ein wenig befremdlich vorkommen. Außerdem erleichtern sie einem das Spielgeschehen dermaßen, dass man kaum noch eine Herausforderung findet. Zudem bekommt man abgesehen von den speziellen Indianer-Fähigkeiten spielerisch nichts Neues zu sehen.

Für die knapp 30 Euro, die die gesamte Trilogie kostet, dürfte man also eigentlich schon ein bisschen mehr erwarten. Dennoch möchte ich an dieser Stelle nicht sagen, dass sich das Geld nicht lohnt. Wahre Assassin's-Creed-Fans kommen auch so sicherlich auf ihre Kosten. Wer hingegen nur noch etwas mehr AC-Action möchte und bisher noch nicht alle Teile der Serie besitzt, sollte sich dennoch lieber einen der früheren AC-Spiele kaufen. Die kosten nämlich mittlerweile auch nur noch 30 Euro (oder sogar weniger) und bieten insgesamt mehr Abwechslung als diese DLC-Trilogie.