Machinarium
Entwickler:
Daedalic Entertainment
Publisher:
Daedalic Entertainment
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
29,50 €
Systeme:
PC
Inhalt:
Für viele schien das Genre des
Point'n'Click-Adventures schon gestorben. Hatte es seine Goldene Ära
schon Anfang der Neunziger, krähte gegen Anfang dieses Jahrtausends
kein Hahn mehr danach und mehr oder weniger gelungene Versuche das
klassische 2D-Genre in die dritte Dimension zu übertragen schlugen
fehl. Doch einige Zeit später trauten sich erst vereinzelnd, dann immer häufiger, neue
Titel in die Regale der Händler oder wurden als rein digitale
Distributionen übers Internet vertrieben – siehe Telltale
Games. Das Adventure-Genre erhob sich langsam aus seinen
Totenschlaf und brachte uns tolle neue Spiel, wie Ankh,
Runaway oder A Vampyre Story. Ja und selbst alte Helden, wie
Sam & Max und nicht zu letzt Gybrush Threepwood, wahrscheinlich
der Adventureheld schlechthin, durften ihr - wenn auch bei manchen
Fans umstrittenes - Comeback feiern. Auch der Aufschwung an Remakes
alter Klassiker, speziell fürs iPhone, respektive den iPod Touch
tragen sicherlich dazu bei, dass den Adventures eine rosige Zukunft
ins Haus steht
Meinung:
Mit Machinarium von Amanita Design erscheint jetzt
beim deutschen Adventurespezialisten Daedelic Entertainment,
der besonders durch die beiden selbst produzierten Titel Edna bricht aus
und The Whispered World auf sich aufmerksam gemacht hat, ein Spiel welches
ungewöhnlich anders ist. Das komplett in Flash geschriebene
Abenteuer dreht sich um den kleinen Roboter Josef, der aus seiner
Heimatstadt geworfen wird, und sich in seine Einzelteile zerlegt wie C3PO
auf dem Schrottplatz wiederfindet. Allerdings eilt ihm kein haariger
Wookie zu Hilfe und baut ihn mehr oder weniger liebevoll wieder
zusammen, sondern hier beginnt direkt das Abenteuer, und der Spieler muss
Josef aus dem Schlamassel helfen.
Abenteuer in einer fernen Welt Machinarium City - so heißt der
Haupthandlungsort im Spiel. Nachdem Josef es geschafft hat, sich
wieder zusammenzusetzen, heißt es einen Weg zurück in diese Stadt zu
finden. Dort macht er sich nicht nur auf die Suche nach der Frage,
wieso er aus der Stadt geworfen wurde, sondern kommt auch
einer bösen Roboterbande auf die Schliche und rettet - wie sollte es
natürlich anders sein - seine Herzens-Roboterdame. Das klingt erstmal
gar nicht unbedingt so spannend oder ungewöhnlich. Doch was
Machinarium auszeichnet sind besonders die handgezeichneten,
unheimlich detailverliebten Hintergründe, die einen zusammen mit der
sphärischen Musik in die fremde, leicht skurrile Welt der Roboter
eintauchen lassen.
Auch die Figuren, allen voran natürlich Josef,
passen wunderbar in die Spielwelt und sind mit viel Liebe zum Leben
erweckt worden. Sei es, wenn Josef einen Gegenstand aufnimmt und diesen,
einer Mülltonne gleich, in sich lagert (natürlich begleitet vom
passenden Sound) oder er auf einer Öllache ausrutscht und
Holterdipolter ins nächste Bild fällt. Bild ist auch ein
wichtiges Stichwort, denn die Welt von Machinarium besteht aus
einzelnen Bildschirmen, die für sich oder über mehrere Bildschirme
eine Rätselkette bilden.
Abenteuer ohne Dialog Als eines der ersten Genres setzte man
schon früh in den Neunzigern bei Adventures auf eine aufwendig
produzierte Sprachausgabe, denn neben der Knobelei spielen
natürlich witzige Dialoge eine ganz wichtige Rolle. Machinarium
geht einen anderen Weg, Dialoge wird man in dem Spiel vergeblich
suchen. Lediglich Sprechblasen gefüllt mit Symbolen und bewegten Zeichnungen vermitteln, was
die Figuren in dem Spiel denken und vom Spieler wollen, und das auch
häufig auf eine sehr witzige Art und Weise. Sicherlich, dadurch geht
dem Spiel etwas verloren, doch unterstreicht es damit auch ein wenig
seine Andersartigkeit.
Abenteuer zum Knobeln Die meisten Rätsel in Machinarium sind
kleine Denkspielaufgaben oder andere Knobeleien. Die bekannten
Verben wie Benutze, Rede mit oder Öffne gibt nicht. Klickt man auf
eine Tür wird diese automatisch geöffnet. Sollte ein Objekt noch
nicht nutzbar oder eine Aktion nicht durchführbar sein, schüttelt
Josef vehement seinen Kopf. Manche Gegenstände können auch
aufgesammelt und im Inventar auch mit anderen kombiniert werden.
Trotzdem sind die Rätselketten, die anfangs nur auf einem Bildschirm
stattfinden und sich im Verlauf des Spiels auch über mehrere Bilder
ziehen immer logisch; mit ein wenig Grübeln kommt man eigentlich
immer auf die Lösung.
Sollte man doch einmal partout nicht
weiter kommen, bietet das Spiel zwei Hilfen an. Zum einem eine
Glühbirne, die einem in der Regel einmal pro Abschnitt zur Verfügung
steht. Josef gibt dann in einer Sprechblase einen Hinweis auf das
Weiterkommen. Reicht einem das noch immer nicht, kann man auch zum integrierten Lösungsbuch greifen. Um hier aber Einblick zu erhalten
muss man einen kleinen Sidescroller meistern, in dem man als
Schlüssel auf dem Weg zum passenden Schlüsselloch Hindernissen ausweicht und böse Spinnen abschießt. Schafft man dies, erhält man eine Schritt für Schritt-Lösung des jeweiligen Abschnittes. Hier erfindet man das Rad zwar nicht neu, aber die Spielhilfe ist so scheinbar fließend ins Spiel integriert.
Abenteuer ohne Komfort? Dadurch, dass es
sich bei Machinarium um ein Flashspiel handelt, ist es in
seiner Spielmechanik einfacher - man kann fast schon sagen klassisch -
gehalten. Dazu gehört auch, dass man sich flashtypisch mit einer
Maustaste zufrieden geben muss. Auch auf einen kontextsensitiven
Mauszeiger, der beim Überfahren von benutzbaren Objekten aufleuchtet
wurde verzichtet, so dass es manchmal viel "Trial & Error"-Absuchen
eines Spielbildschirms bedarf. In der Regel sind die
Interaktionsmöglichkeiten aber schon zu erkennen. Meistens kann
Josef auch nur an einigen Stellen im Bild stehen, wodurch ein
punktgenaues Laufen gar nicht gegeben ist. Solche Stellen haben dann
aber auch so gut wie immer etwas mit der Lösung eines Rätsels zu
tun.
Abspeichern kann
man natürlich zu jeder Zeit, aber ein Spielstand beginnt immer am
Anfang eines Spielbildschirms. Hat man also schon ein paar Sachen
erledigt gehabt, muss man dies leider wiederholen. Nach einer kurzen
Eingewöhnung schaut man aber schnell über die genannten Macken
hinweg, einfach schon deshalb weil sie einen beim Spielen nicht
weiter stören oder hindern.
Abenteuer aus der Box? Das Spiel gibt es
zum einem als digitalen Download über Steam und zum anderem steht es
von Daedalic Entertainment vertrieben im Händlerregal. Bei
der Ladenversion befinden sich neben der CD und einer gedruckten
Anleitung noch ein Poster, eine Audio-CD mit dem Soundtrack, und die
Vollversion des Flashadventures Samorost 2 in der Schachtel. Erfreulich ist, dass das Spiel dank seiner Flashherkunft auch ohne Probleme direkt auf einem Windows- oder MacOsX-System ausführbar ist.
Fazit:
Machinarium
ist ein kleines Meisterwerk. Selten ist mir ein so liebevoll
produziertes Videospiel untergekommen. Man muss es einfach mal
gesehen haben! Jeder Bildschirm und die fast schon abstrakt dargestellte Handlung, die ohne ein gesprochenes Wort auskommt, lädt dazu ein die skurrile
Roboterwelt in sich aufzusaugen. Das ist Kunst! Und in Zeiten, wo
Videospiele auch als Kunst und Kulturgut gelten, aber viel zu oft in die
Killerspielschublade gequetscht werden, oder man sich jährlich
wiederholende Spielaufgüsse serviert bekommt, fällt ein solches
Kleinod umso mehr auf. Nicht umsonst wurde das Spiel in der nationalen
und internationalen Presse so hoch bejubelt. Hier zeigt der kleine
Entwickler Amanita Design, dass Videospiele mehr als nur ein häufig auf Umsatz und Profit produziertes Konsumgut sein können.
Machinarium ist
sicherlich kein Spiel für die breite Masse und auch so mancher
Adventurefreund wird sich vielleicht etwas schwer daran tun. Doch
allen, die über einen 3D-Guybrush schreien und immer über die guten,
alten Zeiten der Adventures lamentieren, ist Machinarium nach The Whispered World eine weitere Offenbarung. Und wenn man sich
ob der Huldigung in meinem Fazit immer noch nicht sicher ist, ob das
Spiel was für einen ist, lädt man sich eben die Demo über Steam
und überzeugt sich selbst.
Machinarium ist
ein Spiel, an welches man sich auch noch in 10 Jahren gerne zurück erinnern wird, und welches dank des zeitlosen Grafikstils auch
in 10 Jahren noch gut aussehen wird.
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Autor der Besprechung:
Sebastian Köller
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