Die Gilde 2
Entwickler:
4Head
Publisher:
JoWooD
Genre:
Rezensionen
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
45 €
Systeme:
PC
Testsystem:
2,4 GHz, 1024 MB RAM, 256 MB Grafikkarte
Anforderungen:
1,8 GHz, 512 MB RAM, 128 MB Grafikkarte
Inhalt:
Das Rauschen des Baches dringt an mein Ohr, als ich die
schwere Steigung den Berg hinauf keuche. In meinem Gepäck befindet sich Kiefernholz,
das ich von der Holzfällerhütte auf der anderen Seite des Dorfes geholt habe.
Schwer zieht die Last an mir, als ich endlich oben ankomme. Vor mir steht meine
Kirche und ihre wuchtigen Portalflügel versprechen Ruhe, Schatten und Erholung.
Erleichtert schreite ich durch das große Kirchenschiff auf die Tür zum Skriptorium
zu. Wunderschön spielt das Licht mit den neuen Buntglasfenstern und
gedankenverloren steige ich die Treppe zum Skriptorium hinauf. Dort kommt mir
schon mein treuer Gehilfe entgegen – doch was ist das? Völlig aufgelöst steht
er vor mir und stammelt: „Meister, wir sind ausgeraubt worden! Die ganzen
Gedichte sind weg!“
Nach „Die Gilde“ hat Publisher Jowood nun den Nachfolger „Die Gilde 2“
veröffentlicht und entführt uns ins europäische Mittelalter des frühen 15.
Jahrhunderts.
Meinung:
Das Hauptmenü ist wie beim Vorgänger schlicht aber sehr übersichtlich. Zunächst
war ich verblüfft, dass die Tutorials erst freigespielt werden müssen, dennoch
sind sie für Neueinsteiger zu empfehlen, denn anschließend beherrscht man so
ziemlich alle Grundlagen des Spiels. Dabei fällt dem Gildeveteranen auch gleich
die wichtigste Neuerung auf: Ein richtiger Charakter mit Erfahrungssystem und
verschiedenen Eigenschaften, der mit der 3D-Welt und deren Bewohnern
interagieren kann.
Nachdem Karte, Spielmodus, Schwierigkeitsgrad sowie die weiteren Einstellungen
gewählt waren, konnte ich endlich meinen ersten Charakter erschaffen.
Anschließend lief der Ladebalken, der zur echten Geduldsprobe wurde.
Ich begann in einer Kleinstadt und war überrascht, dass sämtliche Einwohner
und Gebäude nicht nur als Zahlen vorkamen sondern simuliert wurden. In meinem
kleinen Startdorf war die Ämterhierarchie noch sehr begrenzt, in der Stadt
ging dann richtig die Post ab. Die Siedlungen wachsen nämlich im Laufe
der Zeit mit dem einkehrenden Wohlstand mit und so wird alles größer, auch die
Konkurrenz. Je größer die Siedlung, desto mehr Ämter. Je mehr Ämter, desto mehr
Vermögen und je mehr Vermögen, desto mehr – genau: Diebe!
Zunächst waren die kleinen Taschendiebstähle noch zu verkraften, später wurden
sie aber zu einer echten Plage. Ich wurde ständig um meine hart verdienten
Goldstücke erleichtert. So musste ich leider feststellen: Keine Chance ohne
effiziente Bekämpfung des Räuber- und Diebesgesindels. Leider waren der
zuständige Bürgermeister und seine Abgeordneten nicht sonderlich effektiv. Auch
die angeheuerten Söldner, die meine Charaktere beschützen sollten, halfen
nichts.
Der Patch
Dann kam der große Bankrott und ich war um einen abgebrochenen Spielstand
reicher.
Neben vielen kleineren Fehlern, von denen ich immer mehr entdecken musste,
wurden auch die Lade- und Speicherzeiten äußerst nervtötend. Irgendwann hatte
ich dann genug und schaute in das Forum. Dort sah ich viele Beschwerden von
unzufriedenen Kunden, die „Die Gilde 2“ gekauft hatten und sich über massive
Probleme beschwerten. Zum Glück hatte ich nur sehr viele kleine, wenn auch
massiv störende Fehler. Über das Forum kam ich dann zum Patch auf Version 1.1,
der direkt mit dem Release veröffentlicht worden war. Nach dem Patchen waren -
man glaubt es kaum - alle Fehler beseitigt. Großer Nachteil: Alte Spielstände bleiben fehlerhaft und können somit nur eingeschränkt verwendet werden..
Neustart
Also ging ich frisch ans Werk und wählte aus den vier Grundberufen den Patron.
Als Patron ist man für die komplette Nahrungskette verantwortlich und kann
neben Bauernhöfen und Schänken auch Bäckereien errichten und verwalten. Es gibt
zwar verschiedene Spielziele, die man beliebig definieren
kann, im Dynastiemodus bleibt es einem aber selbst überlassen, ob man sich nur
auf Wirtschaft und Handwerk konzentrieren oder auch öffentliche Ämter besetzen
möchte. Die Ämter bringen zwar kontinuierlich Geld ein, doch kosten sie auch
Zeit, denn während einer Ratssitzung läuft, wie im realen Leben, die Zeit weiter.
Anfangs startet man nur mit einem Charakter, den man selbst kreieren kann. Dort
legt man dann den Startberuf und sämtliche Eigenschaften fest, für die man
begrenzte Erfahrungspunkte, kurz EP, zur Verfügung hat. Diese Erfahrungspunkte
können auf 10 Talente (Charisma, Geschicklichkeit, Handwerkskunst,
Rhetorik...) verteilt werden. Je nachdem, wie man spielt,
sollte man sich bereits hier vor Spielstart Gedanken machen, denn eine
Fehlverteilung hat Auswirkungen, wenn auch nicht unbedingt
spielbestimmende.
Sogar an Sternzeichen haben die Entwickler gedacht und neben dem Aussehen kann
auch die Glaubensrichtung festgelegt werden. Je nach Menge der EPs steigt der
Charakter in bestimmte Stufen auf. Jede Stufe bietet besondere Möglichkeiten,
doch ist es ein hartes Stück Arbeit, die höchste Stufe zu erreichen. Allerdings
kann man immer, egal ob man sich auf das politische Parkett begibt oder lieber
einem Beruf nachgeht, EPs bekommen, indem man den Charakter mit seiner Umwelt
interagieren lässt: Die Erlangung eines Amtes, das Antreiben oder Loben der
Angestellten oder die Eroberung des Herzens einer Wunschdame. Dabei bewegt man sich ständig in einer
hervorragend simulierten Umgebung mit stimmungsvoller Musik und wunderschönen
Details wie Gräsern, Tieren oder Bächen.
Mit dem Patron und Patch 1.1 lief das Spiel jedenfalls wesentlich besser. Lade-
und Speicherzeiten sind nun schneller und es gab keine störenden Fehler zu entdecken. So konnte ich die
wunderschöne Landschaft, den ansprechenden Sound und die vielen Details in vollen Zügen genießen. Auch sämtliche Videosequenzen werden in Spielgrafik
dargestellt, was eine fesselnde Atmosphäre schafft, wenn auch die historische Korrektheit fehlt.
Allerdings musste ich feststellen, dass selbst der
Spielstand „leicht“ ziemlich unangenehm werden kann. Wer also nur vor sich
hinbauen und wirtschaften möchte, bekommt sehr rasch Probleme mit der
unliebsamen Konkurrenz, die sich als sehr gute, beinahe schon zu gute
Herausforderung entpuppt. Zudem lässt sich kein sog. Sandkastenmodus
einstellen, in dem man ohne eine gegnerische Dynastie spielen kann.
Fazit:
Wer den Vorgänger mochte, wird den Nachfolger
lieben. Grafik und Sound sind wieder erstklassig geworden und auch die
Steuerung ist gelungen. Neueinsteigern dürfte der Schwierigkeitsgrad Probleme bereiten. Leider ist das Spiel in der Releaseversion ziemlich verbuggt, so dass ich deutlich von
der Version 1.0 abraten muss. In Version
1.1 läuft das Spiel wesentlich flüssiger und die Fehlermenge hat deutlich
abgenommen. Die Wertung ist daher auf Version 1.1 bezogen. Wer in die Simulation
einer mittelalterlichen Welt eintauchen möchte, darf freudig ins
Händlerregal greifen, denn „Die Gilde 2“ ist ein würdiger und ausgefeilter Nachfolger mit sehr viel
Liebe zum Detail geworden und auch ich werde nicht nur einen der trüben
Herbstabende mit „Die Gilde 2“ im 15. Jahrhundert verbringen.
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Autor der Besprechung:
Ralph Traber
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