Guitar Hero: Aerosmith
Entwickler:
Neversoft
Publisher:
Activision
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
67,95 €
Systeme:
PlayStation 2, PlayStation 3, Wii, Xbox 360
Inhalt:
Konkurrenz belebt das Geschäft; das haben zuletzt auch die Entwickler des erfolgreichen Rock & Roll-Games Guitar Hero deutlich zu spüren bekommen. Mit dem besonders in den Staaten sehr erfolgreichen Rock Band sowie dem für Herbst angekündigten Konami-Titel Rock Revolution stehen zwei ernsthafte Gegner im Kampf um den Business-Thron bereit. Kein Problem für die GH-Designer. Statt erst das Weihnachtsgeschäft und somit die Guitar Hero World Tour abzuwarten, hat man kurzfristig ein themenbezogenes Special entworfen. In der Aerosmith-Variante geht es ausschließlich um die legendären Blues-Rocker aus Boston. Was natürlich auch ein großes Risiko birgt…
Meinung:
Die Spielidee steht und fällt grundsätzlich schon damit, ob man die Bostoner Hardrock-Institution mag oder eben nicht. Denn wer mit Mega-Hits wie Dream On oder Love In An Elevator nicht kann, der wird sich wohl kaum mit Guitar Hero: Aerosmith auseinandersetzen. Verständlich, zumal man in Sachen Umfang und Anspruch im Vergleich zum hervorragenden Vorgänger schon ein ganzes Stück abgespeckt hat.
Deutlich reduzierte Tracklist Erwartungsgemäß kommt man nämlich bei weitem nicht an die monumentale Songliste des dritten Ablegers heran, der mit immerhin mehr als 70 Titeln gut vorgelegt hatte. Stattdessen muss man sich mit gerade mal 28 Eigengewächsen zufrieden geben, von denen ein großer Teil lediglich zum Insider-Repertoire der Band gehört. Make It und Movin’ Out beispielsweise gehörten lediglich in der Frühphase der Historie zum Live-Katalog, spielen aber aus heutiger Sicht keine besondere Rolle mehr. Interessant ist lediglich, dass diese beiden Nummern ebenso wie Mama Kin und Dream On exklusiv für Guitar Hero neu eingespielt wurden. Der Einsatz der Band bzw. deren Beitrag an der Entwicklung ist also doch recht groß. Und dennoch: Mit insgesamt 41 Songs ist die Auswahl im direkten, unvermeidbaren Vergleich ziemlich mager.
Prominente Unterstützung Während sich das eigentliche Spiel aus einem recht großen Hitfundus von Aerosmith selbst zusammensetzt, stößt man im weiteren Verlauf auch auf einige wichtige Wegbegleiter der Band. Eine namhafte Künstlerriege hat nämlich in der mehr als dreieinhalb Dekaden währenden Geschichte der Band livehaftig den Support gegeben, darunter Gruppen wie Cheap Trick und The Kinks, aber ebenso Hausnummern wie Joan Jett und Lenny Kravitz. Ähnlich wie im Ablauf der Aerosmith-Story übernehmen diese Bands auch hier den Part der Vorgruppe, der erst einmal bewältigt werden muss, bevor man sich dann mit den Titelhelden ins Geschehen stürzen darf. Eine nette Idee, die jedoch leider daran krankt, dass das Gros der gewählten Bands/Songs auch nicht unbedingt geläufig ist. Denn auch wenn The Black Crowes oder The Clash keine Unbekannten sind: Ihre größten Hits sind hier nicht vertreten.
Authentische Nacherzählung Dafür ist der Story-Modus von Guitar Hero: Aerosmith allerdings sehr realistisch aufgebaut. Man begleitet Steven Tyler und seine Begleiter direkt von der Pieke auf, führt sie durch den ersten Highschool-Auftritt, feiert mit ihnen beim Superbowl und lässt es in den Stadien derart krachen, dass der Auftritt bei der Aufnahme in die Hall of Fame lediglich Formsache ist. Insgesamt sechs der wichtigsten Stationen der Band werden an der Seite von Sechssaiter-Legende Joe Perry durchlaufen, bis man schließlich mit dem erfolgreichen Auftritt in der Ruhmeshalle würdig abtritt. Nostalgiegefühle werden sich zwar auch hier nur bei echten Fans einstellen, doch dank der originalgetreuen Retrospektive und den feinen Interview- und Story-Sequenzen geht die lebendige Aufarbeitung der 35-jährigen Historie auch sehr nahe.
Von der Pflicht zur Kür Bevor man sich nun aber an den Songs der Altmeister versuchen darf, gilt es erst einmal deren inspirative Helden mit astreinen Soloparts zu würdigen. Schon beim ersten Auftritt muss man sich zunächst durch zwei Fremdkompositionen kämpfen, um sich den Bostonern würdig zu erweisen. Anschließend wird dann die Hitkiste geöffnet und besonders aus der Anfangszeit so manch betörender Schatz ausgegraben. Erst die (in dem Fall weniger) lästige Pflicht mit dem Support-Act, anschließend dann die Kür mit der Hauptband - und diese hat mit Joe Perry definitiv einen Mann an ihrer Seite, den man sehr, sehr gerne mit der Konsolengitarre ersetzt!
Zum Greifen nahe In Sachen Authentizität ist der aktuelle Ableger im Übrigen die Krönung der Serie. Zum ersten Mal werden reale Figuren nachgestellt, und dies dank des Motion Capturing-Verfahrens mit einer ansprechenden, geradezu brillanten Grafik. Besonders Tyler und Perry sind ihren Originalen detailgetreu aus dem Gesicht geschnitten. Wie sich der Frontmann um das Mikro windet, und wie Master Joe spürbar angeregt über die Bühne fegt… da werden Erinnerungen an die brillante Gastspielreise aus dem vergangenen Jahr wach! Auch wenn die Band nur in animierter Form auftritt: Selten schienen die fünf Recken so nahe wie im Guitar Hero-Game.
Anspruchskiller Midtempo Sind die quantitativen Einschränkungen vor allem durch die superbe Präsentation leicht wieder vergessen gemacht, bricht das Spiel leider auch hinsichtlich des deutlich reduzierten Schwierigkeitsgrads drastisch ein. Die meisten Stücke bieten allein schon durch ihren Midtempo Rhythmus keine explosionsartigen Hammer-Passagen, so dass spielerische Höchstleistungen und Kunstgriffe, wie sie noch in Guitar Hero III mehrfach an der Tagesordnung waren, heuer die absolute Ausnahme sind. Gerade erfahrene Gitarrenhelden werden darüber ein wenig enttäuscht sein, nicht zuletzt weil Guitar Hero: Aerosmith ja eigentlich ein wenig mehr als nur ein Lückenbüßer sein sollte. Der geringe Schwierigkeitsgrad sowie die leicht freischaltbaren Gimmicks (neue Gitarren und Charaktere sowie einzelne Videosequenzen) sprechen diesbezüglich leider eine andere Sprache und bilden gemeinsam mit der vergleichsweise knappen Songauswahl die Hauptkritikpunkte dieser Edition.
Fazit:
Es stellt sich natürlich erst einmal die Frage, ob eine solch themenbezogene Variante dieses Spiels überhaupt Sinn macht, insbesondere da Aerosmith trotz ihres sicherlich großen Business-Einflusses nicht gerade die offensichtlichste Wahl darstellen. Allerdings sollte eigentlich jeder Fan von härterer Gitarrenmusik früher oder später schon einmal auf die fünf Jungs aus Boston gestoßen sein, weshalb sich diese Frage schon fast wieder erübrigt. Außerdem hat die Historie der Band einiges zu bieten und liefert ganz unabhängig von allen Befürchtungen den perfekten Rahmen für eine glamouröse, üppige Präsentation. Gerade in dieser Hinsicht ist Guitar Hero: Aerosmith seinen Kollegen ein Stückweit voraus. Und dennoch sind die knappe Tracklist und der niedrige Schwierigkeitsgrad zwei Einschränkungen, die sich auch mit der starken Präsentation nicht beschönigen lassen. In Sachen Gameplay ist die neue Edition sicher eine Bank; hinsichtlich des Umfangs hat sie aber dennoch nur den Charakter eines unabhängigen Add-Ons – was bei gleichbleibendem Preis einfach zu wenig ist.
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Autor der Besprechung:
Bj�rn Backes
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