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Vor den Videospielen gab es Brettspiele und Rollenspiele, die mit Würfeln, Papier und Bleistift gespielt wurden. Viele dieser Brettspiele, Tabletop- und Pen&Paper-Rollenspiele waren schließlich Vorlage für Computer- und Videospiele. Inzwischen geht es auch anders herum: Es gibt Brettspiele, die auf bekannten Videospielen basieren. Keine Frage, dass wir uns das mal näher angesehen haben. Den Anfang macht Civilization.
Civilization kennt
wohl jeder PC-Spieler, der sich für Strategiespiele interessiert. Seit
1991 ist die komplexe Spielserie nun in den Laufwerken dieser Welt und
hat im Namen schon die fünf stehen. Verloren von ihrem Charme hat
Civilization trotzdem rein gar nichts, im Gegenteil ist doch der neueste
Ableger durch das letzte Addon mit der beste seiner Reihe. Die Frage,
die ich mir als Brettspieler gestellt habe, als ich die Verpackung in
der Hand hielt, geht das überhaupt? Dieses Monster an PC-Strategiespiel
in Brettspielform? Ja es geht, und zwar besser als ich je gedacht hätte.
Spielmaterial
Grundsätzlich erstmal die Schelte an Fantasy Flight Games.
Leute ihr zaubert hier so feines umfangreiches Material, das viele
andere Spiele in den Schatten stellt und präsentiert dann einen Karton
mit einem Fach? Wer das Spiel so verstaut wie vorgesehen, der darf vor
jedem Spielbeginn alleine eine Stunde Marken und Karten sortieren. Ich
empfehle jedem der sich das sparen will sämtliches Material in kleine
wiederverschließbare Plastiktütchen zu packen.
Fern ab dieser
Problematik ist das Spielmaterial großartig, was Umfang und Qualität
angeht – und jeder, der das PC-Spiel kennt, wühlt sich voller Vorfreude
durch das liebevolle Material. Denn selbst ohne Brettspielkenntnisse ist
die Wiederkennung von Elementen der PC-Version sofort greifbar. Seien
es die Technologien, die Völker oder das Brettspieldesign, alles sprüht
nur so vor Sid Meier's Civilization.
Das Spiel ist für
zwei bis vier Spieler konzipiert, wobei es mit zwei Spielern genau
soviel Spaßmacht wie mit vier – eine Besonderheit, denn meist sind
komplexe Strategiespiele für mehrere Mitspieler ausgelegt und entfachen
zu zweit meist recht wenig Charme.
Möglichkeiten ohne Ende Wie
beim großen Bruder auf dem PC gibt es auch beim Brettspiel
unterschiedliche Möglichkeiten, das Spiel für sich zu entscheiden. Ein
brachialer Militärsieg ist ebenso möglich wie ein Wirtschaftsieg,
intellektuellere Personen können auch mit dem Kultursieg gewinnen,
"Nerds" wählen den Technologiesieg. Egal, für was man sich entscheidet,
der Weg ist ein langes, taktisches Ringen mit seinen Mitspielern, und
bis auf den Kultursieg sind alle Siegmöglichkeiten wunderbar
ausgeglichen.
Vor
Spielgebinn wählt jeder Mitspieler zufällig eines von sechs Völkern,
die alle unterschiedliche Boni und Startbedingungen mitbringen. Sei es
in Form des Anfangsgebiets der Hauptstadt, der Starttechnologie oder
Staatsform. Die ersten Runden mit den unterschiedlichen Völkern spielen
sich so recht unterschiedlich, wobei die Vor- und Nachteile mit der
Spielzeit ausgeglichen werden.
Und dann geht es los - auf zur Welteroberung! Großes Kompliment an die Macher von Civilization und
deren Gestaltung des Spielbrettes. Genau wie jeder PC-Gamer es kennt,
ist auch beim Brettspiel die Welt immer wieder anders aufgebaut. Dies
wird dadurch ermöglicht, dass das Spielbrett sich aus größeren Quadraten
zusammensetzt, auf denen dann die unterschiedlichen Landschaftstypen
gedruckt sind, und vor dem Spiel per Zufall die Landschaftkarten gezogen
und dann verdeckt ausgelegt werden.
Das Spiel gliedert sich
dabei in fünf Phasen, wobei jede Phase für alle Spieler abgewickelt
werden, bevor die nächste Phase beginnt. Zuerst kann jeder Spieler eine
Stadt bauen und seine Staatsform ändern, danach beginnt die
Handelsphase, in der Spieler ihre Rohstoffe tauschen können und jeder
seine Technologiepunkte zur Erforschung von neuen Technologien erhält.
Danach kommt die zeitintensivste Phase, in denen jeder Spieler für seine
Städte entweder Gebäude, Armeen oder Einheiten kaufen kann, sich den
Künsten widmet oder Rohstoffe fördern kann. Wenn das erledigt ist,
bewegen alle Spieler reihum ihre Einheiten, hier kann es dann zu Kämpfen
kommen, die ich später noch erkläre. Der Schlusspunkt wird mit dem
Erforschen von neuen Technologien gesetzt, die die Spielregeln für jeden
Mitspieler individuell verändern.
Änderungen im Detail Jede
Stadt benutzt ihre umliegenden acht Felder zur Bewirtschaftung. Hier
können Gebäude gebaut oder Ressourcen geerntet werden, man kann
Persönlichkeiten platzieren oder Weltwunder erforschen. Da jede Stadt,
von denen man am Ende maximal drei haben kann, nur acht Felder besitzt,
will es wohl überlegt sein, was man wo baut. Diese Einschränkung ist
auch einer der größten Unterschiede zum PC-Spiel. Sie tut dem Tiefgang
aber keinen Abbruch, und ohne die Beschneidung wäre das Brettspiel zu
groß und die Spielzeit würde in unspielbare Sphären steigen. Hier sei
angemerkt, dass das Spiel selbst mit nur drei Städten pro Mitspieler
locker mehr als 4 Stunden dauert, wenn man in maximaler Besetzung
spielt.
Ein weiterer Unterschied zum PC-Bruder ist die Gewichtung
hin zum reinem Wettlauf. Denn auch wenn der Name anderes vermuten
lässt, durch die Reduzierung des Umfangs ist das Brettspiel keine reine
Aufbausimulation. Kann man am PC gerade auf diplomatischem Wege sich
wesentlich weniger gestresst noch um den Aufbau seiner Zivilisation
kümmern, ist das Brettspiel im Schnitt 12 Runden lang. Wer hier einige
Runden aufgrund von Fehlplanungen nicht optimal ausnutzt, der wird oft
von den anderen Spielern abgehängt und kann seine Hoffnung auf den
Spielsieg begraben. Was am PC nerven würde, sorgt beim Brettspiel für
enorme Spannung, da jede kleine Entscheidung schwer wiegt und so der
eher langatmige, entspanntere Spielverlauf der PC-Version positiv
komprimiert wird.
Achtung Tiefgang Hier
muss dann aber angemerkt werden, dass dadurch das Brettspiel ein
absolut taktisches Schwergewicht ist. Wer keinen Spaß daran hat, seine
Spielzüge über mehrere Runden zu planen, die gegnerischen Züge dabei
parallel immer zu beobachten um rechtzeitig zu reagieren, der wird gegen
etwas versiertere Gegenspieler kaum eine Chance haben. Civilization ist
vom Spielablauf wirklich nicht schwer, von der Spieltiefe durch die
vorhandenen Möglichkeiten aber mit richtig viel Tiefgang beschenkt.
Jede
der vielen Technologien oder Gebäude verändern nachhaltig die
Grundregeln für jeden einzelnden Spieler. Und vom Spielstart an weg
kreiert man hier sein Sammelsurium an Sonderregeln, bei denen ein
Neuling schnell mal den Überblick verliert.
Taktisches Pokern Der
Kampf, einer der eher wenigen Dinge, die die PC-Version nicht so
großartig präsentiert, ist im Brettspiel eine Art Kartenspiel mit der
Mechanik des Ausstechens und Pokerns. Jede der drei Grundeinheiten –
Infanterie, Artellerie und Kavallerie – sticht jeweils eine andere aus.
Zusätzlich gibt es noch leicht unterschiedliche Wertigkeiten bei der
Kampfkraft und im späteren Verlauf auch Flugzeuge. Wer mehr Armeen auf
dem Spielfeld beisammen hat, darf mehr Einheiten in Form der Karten ins
Feld führen, siegt aber nicht automatisch, da geschicktes Legen der
Karten, Verteidigungsmaßnahmen wie Befestigungen oder Generäle massive
Boni bieten. Ich war überrascht, wie spannend und taktisch nett die
Kartengefechte sind, eine Sache die mir im Brettspiel wesentlich mehr
Spaß bereitet hat.
Fazit:
Was
für ein imposantes Spiel! Die Grundregeln sind einfach, der Spielablauf
verständlich und ohne Längen und trotzdem hat das Spiel ähnlich wie die
PC-Vorlage einen enormen Tiefgang. Das entscheidende ist am Ende aber
vor allem der nie gleiche Spielablauf durch das absolut variable
Spielbrett und den vier unterschiedlichen Siegbedingungen. Das motiviert
jedes mal aufs neue und der Wiederspielwert ist beachtlich. Auch weil
das Vorgehen der Gegner einem immer wieder andere Spielerlebnisse
bescheren. Ich habe bis in die Nacht Zug um Zug den großen Bruder am PC
gespielt, das Brettspiel beinhaltet das gleiche Suchtgen – und das egal
ob mit zwei oder vier Mitspielern. Man sollte sich nur im Klaren sein,
dass man die Weltherrschaft nicht in ein oder zwei Stunden an sich
reißt. Für fortgeschrittene Brettspieler und jeden Liebhaber von
taktisch anspruchsvollen Spielen ist das Brettspiel Civilization trotzdem oder gerade deshalb ein absoluter Pflichtkauf!
Civilization gibt es u.a. bei Amazon.
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