
Der dritte Teil der Fantasy
Romanreihe aus dem berühmten Warcraft-Universum stammt aus der Feder von Jeff
Grubb und trägt den Titel „Der letzte Wächter“. Ursprünglich erschien das Werk
2005 und wurde dann im Jahr 2017 im Rahmen der „Blizzard Legends“ Serie neu
aufgelegt.
Die Wächter von Tirisfal,
eine Gruppe mächtiger Helden, bekämpfen seit jeher die gefürchteten Dämonen der
Brennenden Legion. Angeführt wird das Böse von Sargeras, einem uralten Titanen.
Der Magier Medivh ist der letzte dieser Art als Wächter. Ihm wurden seine
Fähigkeiten praktisch von seiner Mutter Aegwynn in die Wiege gelegt. Sie war
selbst lange Zeit eine Beschützerin der Welt und gebar einen Sohn als ihren übermächtigen
Nachfolger. Leider schlummerten nicht nur die magischen Kräfte von Aegwynn im
jungen Medivh, sondern Sargeras selbst befleckte seine Seele. Zurückgezogen
lebt der Wächter in Karazhan, einem alten Turm tief in den Wäldern,
umringt vom Rotkammgebirge. Ein ganz und gar mystischer Ort.
Obwohl diese Fakten erst im Laufe der Geschichte zu Tage kommen, spielen sie
zeitlich mehrere tausend Jahre vor dem Geschehen im Buch. Die Handlungen und
Charaktere der Vorzeit geben wichtige Aufschlüsse und dienen vor allem dem
Verständnis kommender Ereignisse.
Der Magierbund aus der fliegenden
Stadt Dalaran beginnt Zweifel gegenüber Medivh zu hegen. Seine Macht steht
außer Frage, doch sein Geist? Kann man ihm, dem Beschützer Azeroths, noch
vertrauen? Um Näheres über den Wächter zu erfahren, entsenden die Magier den
jungen Khadgar nach Karazhan. Einerseits um als Schüler beim mächtigen Medivh
zu lernen, andererseits um mehr über seine Machenschaften zu erfahren und ihn
im Auge zu behalten.
Wie Khadgar in der Burg
Karazhan feststellen muss, lebt der Magiermeister nicht völlig einsam, sondern
zusammen mit den ebenso mysteriösen Dienern „Moroes“ und einer Köchin. Wie sich
herausstellt, ist es nicht ganz einfach Schüler bei Medivh zu werden. Vielmehr
darf man mit Glück als Assistent beginnen und muss sich den Prüfungen und
Rätseln des Magiers stellen. Im Grunde ist der schwierigste Teil der Aufnahme,
das Ordnen des Bücherchaos' in der Bibliothek des Turms. Nur leider sind es
unzählige Bücherberge, etliche davon mit Flüchen und Fallenzaubern belegt. Viele,
viele Magier scheiterten schon nach kürzester Zeit an dieser Aufgabe. Khadgar
jedoch meisterte diese Prüfung und konnte außerdem auch nach seinem ersten Ritt
auf einem Greifen gegen eine Bande Orcs bestehen, wenn auch nur mit der Hilfe
Medivhs. So wurde ihm tatsächlich die Ehre zuteil und er wurde offiziell sein
Schüler.
Die Sorgen in Dalaran um
Medivhs Zurechnungsfähigkeit waren durchaus berechtigt. Innerlich ist Medivh
zwischen seiner beschützenden Aufgabe als Wächter und der bösen Aura der
Brennenden Legion hin- und hergerissen. Schlimme Stimmungsschwankungen plagen
seinen Geist. Auch die Menschen aus Sturmwind fürchten um den Zustand Medivhs
und bitten Khadgar ebenfalls in auszuspionieren. Der junge Schüler erlebt den
Meistermagier in einigen Situationen tatsächlich sehr verwirrt, als wäre er
nicht er selbst.
Während Khadgar in seiner
Zeit in Karazhan immer weiter an seinen magischen Künsten feilt, passieren in
Azeroth schreckliche Dinge. Vermehrt überfallen Orcs und Trolle friedliche
Siedlungen, sogar über das Auftauchen von Dämonen wird wieder spekuliert.
Besonders prekär wird die Lage, nach dem plötzlichen Tod zweier mächtiger Magier
in Sturmwind, welche zudem noch zu den Vertrauten des Königs gehörten. Wie sich
herausstellt, sind dies jedoch nicht die einzigen Opfer. Es häufen sich
mysteriöse Tode von Magiern und immer mehr wird klar, dass tatsächlich die Dämonen
aus den Urzeiten Ihre Finger im Spiel haben. Mittendrin in diesen unsicheren
Zeiten liegt es vor allem an Khadgar, den tragischen Ereignissen auf den Grund
zu gehen und die Bedrohung zu entlarven. Von Beginn an ist klar: Medivhs
Schicksal spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Zukunft Azeroths.
Leseprobe:
KARAZHAN
Khadgar umklammerte das
rot versiegelte Empfehlungsschreiben und versuchte verzweifelt, sich an seinen
eigenen Namen zu erinnern. Tagelang war er geritten, hatte verschiedene
Karawanen begleitet und sich schließlich allein durch die weiten, dunklen
Wälder von Elwynn auf den Weg nach Karazhan gemacht. Dann der beschwerliche
Aufstieg in die Berge, bis er diesen ruhigen, einsamen Ort erreicht hatte.
Selbst die kalte Luft schien hier von besonderer Art zu sein. Nun stand der
junge Mann mit dem dünnen Bart im Hof, wund und müde im schwindenden Licht der
Abenddämmerung, versteinert vor Angst angesichts dessen, was er jetzt tun
musste: beim mächtigsten Magier von Azeroth vorstellig werden.
Es ist eine große Ehre,
hatten die Weisen der Kirin Tor gesagt. Eine Gelegenheit, so versicherten sie
ihm und er sich selbst, die man nicht verstreichen lassen durfte. Khadgars
Lehrer – ein Konklave einflussreicher Gelehrter und Magier – hatten ihm
erzählt, wie sie schon seit Jahren versuchten, ein geneigtes Ohr im Turm von
Karazhan zu finden. Die Kirin Tor wollten erfahren, welches Wissen der
mächtigste Magier des ganzen Landes in seiner Bibliothek versteckte, welche
Forschungen er betrieb. Und vor allem wollten sie, dass dieser geheimnisvolle
Einzelgänger endlich begann, für sein Erbe zu planen und einen Nachfolger
heranzuziehen.
Der große Medivh und die Kirin Tor stritten
offenbar seit Jahren über dies und anderes, und erst jetzt gab der Magus ein
paar ihrer flehentlichen Bitten nach. Erst jetzt wollte er einen Schüler
annehmen. Ob dies bedeutete, dass das einhelligen Berichten zufolge überaus harte
Herz des Magiers endlich weich wurde, ob es nur ein diplomatischer Schachzug
war, oder ob der Magier endlich seine Sterblichkeit zu spüren begann, war
Khadgars Meistern gleichgültig. Der mächtige, unabhängige (und für Khadgar
höchst geheimnisvolle) Magier hatte um einen Assistenten gebeten, und die Kirin
Tor, die das magische Königreich von Dalaran regierten, waren überglücklich,
dieser Bitte nachkommen zu dürfen.
Fazit: Für Fans der Geschichte von
Warcraft, Fantasy im Allgemeinen und vor allem Spieler, die mehr über das
Universum und ihre Charaktere erfahren wollen, ist der Roman eine klare
Empfehlung. Die zusätzlichen Hintergrundinfos zur Geschichte von Medivh sind
absolut interessant zu erfahren und spannend erzählt. Auch die Auszüge
aus den Urzeiten der Fantasywelt ermöglichen einen tollen Einblick, den man
beispielsweise alleine durch das PC-Rollenspiel nie bekommen würde. Ebenso die Beschreibung
Karazhans als geheimnisvoller, mystischer Schauplatz verleiht dem Werk eine
tolle Atmosphäre. Trotz der relativ kompakten Kapitel, die eigentlich zu
mehreren Lesepausen verleiten könnten, wird man durch die zunehmende Bedrohung
und die ungeklärten Vorfälle nahezu ans Buch gefesselt. Klasse! |