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Kurz vorgestellt: We Are Football

Viele, die diesen Test lesen, werden im Jahr 2000 noch gar nicht geboren worden sein. Ich hingegen war damals bereits 17 und fand in diesem Jahr ein Spiel, das mich die nächsten 21 Jahre begleiten würde. Die Rede ist von Anstoss 3, jenem legendären Fußball-Manager-Spiel von Gerald Köhler und Ascaron, das damals über Wochen hinweg die deutschen Spiele-Charts anführte. Es folgten in den Jahren danach zwar noch weitere Anstoss-Teile, doch weder sie noch der SEGA Football Manager, der nach dem Ende der Anstoss-Reihe der unangefochtene Genre-Meister war, konnten mich derart in ihren Bann ziehen, wie es Anstoss 3 schaffte. Ob es dem kürzlich erschienenen We Are Football gelingt, dass ich Anstoss 3 endlich in seinen schon längst wohlverdienten Ruhestand versetzen kann? Die Voraussetzungen sind dafür auf jeden Fall gegeben, schließlich ist kein anderer als "Mister Anstoss", Gerald Köhler, für das Spiel verantwortlich.

Bevor ich auf We Are Football zu sprechen kommen, möchte ich an dieser Stelle kurz erklären, was mich bis heute an Antsoss 3 fesselt und dafür sorgte, dass ich eine nicht unbeachtliche Zeit meines Lebens damit verbracht habe, verschiedenste Mannschaften über insgesamt tausende von Jahren zu unzähligen Meisterschaften und Pokalen zu führen. Im Grunde sind es vier Punkte, die für diese unaufhörliche Begeisterung verantwortlich sind.
Erstens: Die Zugänglichkeit. In Anstoss 3 kann man alles Wichtige, wie Taktik, Training, Transfers, Trainingslager, Jugendarbeit, Merchandise usw. managen, und das ganz ohne stundenlange Tutorials oder irgendwelche Hilfen aus dem Internet (das damals ohnehin noch nicht so weit verbreitet war wie heute).
Zweitens: Das Spieltempo. Wenn man möchte, kann man eine Saison in wenigen Stunden durchspielen - ohne dabei das Gefühl zu haben, sich nicht genügend um seine Mannschaft gekümmert zu haben.
Drittens: Der Humor. Unvergessen ist das Ball-Maskottchen des Spiels, das einen im Menü mehrfach anlächelt. Auch sonst kommt der Humor nie zu kurz. Sei es bei besonderen Ereignissen oder aber im Spielticker - bierernst geht es hier nie zu, ohne dabei die Seriosität eines Manager-Spiels zu verlieren.
Viertens: Der Editor. Der Editor von Anstoss 3 verbindet, wie das Gameplay, Zugänglichkeit mit Tiefgang. Mit einfachsten Möglichkeiten kann man hier entweder selbst oder mit Hilfe der großen Community (die tatsächlich noch immer sehr groß ist) im Handumdrehen Spieler, Mannschaften und sogar ganze Ligen und Länder ins Spiel bringen und den Manager so erweitern und aktuell halten.

Altbekannter Editor
Was ist nun mit We Are Football? Wie schneidet der neue Fußball-Manager in diesen für mich sehr wichtigen vier Punkten ab?
Fangen wir von hinten an, also dem Editor. Hier bemerken alte Anstoss-Fans sofort den Bezug zu ihrer alten Lieblings-Reihe, denn im Grunde handelt es sich hierbei um den gleichen Editor, nur, dass er um einige Aspekte erweitert wurde. Der gesamte Aufbau kommt einem aber sofort bekannt vor. Sei es, wie Spieler bewertet werden, wie man etwa den Etat der Mannschaften festlegt oder auch nur, wie man Spieler-, Mannschafts- oder auch Sponsoren-Namen ändert. Wer Anstoss gespielt hat, wird sich hier sofort heimisch fühlen, was wohl auch ein Grund dafür sein dürfte, dass bereits kurz nach dem offiziellen Release des Spiels die ersten Downloads im Umlauf waren, die zahlreich neue Ligen, sowie etliche Originalnamen von Mannschaften und Spielern ins Spiel integrieren.

Fast wie ein neues Anstoss
Damit kommen wir auch direkt zum Umfang, der Zugänglichkeit und dem Spieltempo. Denn wie in den letzten Sätzen bereits herauszuhören war, mangelt es We Are Football, ähnlich wie schon Anstoss 3 zu seiner Zeit, an Lizenzen. Es gibt zwar für einen kleinen Aufpreis von 5 Euro die Bundesliga Edition, in der dann sämtliche Vereine inklusive Spieler der 1. und 2. Bundesliga, sowie der DFB-Pokal und Supercup enthalten sind, ansonsten bestehen aber alle Ligen aus Vereinen und Spielern mit leicht abgewandelten Namen. Wirklich toll finde ich aber, dass man nun nicht mehr nur auf den Männerfußball beschränkt ist, sondern, wenn man denn möchte, auch endlich eine Damen-Mannschaft trainieren und managen kann. In der Bundesliga-Edition darf man dabei sogar mit den offiziell lizenzierten Vereinen und Spielerinnen der Flyeralarm Frauen-Bundesliga und der 2. Liga sowie dem Frauen-DFB-Pokal spielen. Noch besser ist allerdings, dass sich die Macher nicht nur auf die Integrierung von Namen, Logos und Bildern beschränkt, sondern auch das Spielgeschehen angepasst haben. So sind beim Frauen-Fußball die Budgets wesentlich kleiner, die Vereine bieten weniger professionelle Bedingungen und die Karrieren der einzelnen Spielerinnen sind kürzer als bei den Herren, weshalb auch spielerisch durchaus ein Unterschied zwischen einer Karriere beim Männer- oder beim Frauen-Fußball besteht.
Das eigentliche Spielgeschehen erinnert aber dennoch in beiden Fällen an die guten, alten Anstoss-Zeiten. Genau wie damals kann man auch hier alle wichtigen Aspekte des Manager- und Trainer-Lebens übernehmen. Sei es die Aufstellung und taktische Ausrichtung der Mannschaft und einzelner Spieler*innen, Transfers, Jugendarbeit, Merchandise, Sponsorensuche, Trainingspläne, Spielergespräche und so weiter. Alles ist in We Are Football enthalten. Wer sich um all dies selbst kümmert, kann also durchaus die eine oder andere Minute für eine Woche investieren. Gleiches gilt auch für den Spieltag selbst, an dem man nicht nur seine Mannschaft nochmal auf den Gegner einstellen, sondern das Spiel selbst in verschiedenen Tempi verfolgen kann. Es geht aber eben auch anders. Man kann nämlich auch zahlreiche Aufgaben, seien es täglich aufkommende oder auch nur Vertragsverhandlungen, an seine Mitarbeiter delegieren und die Spiele im höchsten Tempo ablaufen lassen, sodass man eine Saison locker in wenigen Stunden durchgespielt hat.
Das Schöne dabei ist, dass man all dies auch hier wieder ohne langwierige Tutorials schafft. Denn im Prinzip ist hier wieder alles selbsterklärend. Wenn man doch einmal Hilfe benötigen sollte, gibt es Texteinblendungen, die einem erläutern, was man in dem jeweiligen Menü machen kann.

Kinderkrankheiten
Obwohl also in vielerlei Hinsicht das gute, alte Anstoss-Feeling aufkommt, vermisst man auch einige Dinge, die man nicht nur aus Anstoss, sondern auch aus aktuellen Fußball-Managern kennt. So ist es zum Beispiel sehr ungewohnt, dass man den Wochenverlauf, wenn er einmal gestartet ist, nicht mehr unterbrechen kann. Noch kurzfristig Spielergespräche einplanen oder auf Verletzungen reagieren, indem man Spieler aus der zweiten in die erste Mannschaft versetzt, geht hier also nicht. Hier hoffe ich sehr, dass die Entwickler um Gerald Köhler doch noch einmal in sich gehen und dies mit einem Update ändern, denn so fehlt es nicht nur an eigener Einflussnahme, sondern auch an Realismus.
Ebenso ungewohnt ist auch der Verlauf des jeweils letzten Tages einer Transferperiode. Dieser läuft nämlich in einem so schnellen Tempo ab, dass man kaum eine Möglichkeit hat, die beinahe sekündlich wechselnden Transferangebote genauer zu betrachten.
Ein weiterer Punkt, dem aus meiner Sicht eine kleine Überarbeitung sehr guttun würde, sind die Transfers, wobei hier aktuell vor allem zwei Dinge stören. Als erstes wären da die Ablösesummen, die nicht ganz ausgewogen wirken. Absolute Superstars wechseln für niedrige, zweistellige Millionensummen (oder sogar noch niedriger) die Vereine, während Spieler aus der 3. Liga (um genau zu sein von Viktoria Köln) regelmäßig für über eine Million den Verein verlassen und dort auch Spieler geholt werden, die knapp unter oder sogar über eine Million kosten. So schön es auch ist, dass man sich so schnell ein komfortables Bankkonto aufbauen kann, so unrealistisch ist das leider auch. Die stets klammen Vereine der 3. Liga könnten sich in der Realität nämlich niemals solche Summen leisten, noch wechseln Spieler für solche Summen aus dieser Liga in andere.
Das zweite Problem bei den Transfers sind die festgeschriebenen Ablösesummen, die die Spieler bei fast jeder Verhandlung in ihren Vertrag hineingeschrieben haben wollen. Weder kann man diese um angemessene Beträge erhöhen, noch kann man sie gänzlich löschen, sodass es irgendwann der Fall ist, dass man seine Spieler - gerade wenn sie sich verbessert haben - mit schöner Regelmäßigkeit weit unter ihrem Marktwert verliert, ohne dass man etwas dagegen machen kann.

Wo ist der Humor hin?
Nachdem nun also so weit alles besprochen ist, möchte ich noch kurz auf den vierten Punkt, der für mich wichtig ist, zu sprechen kommen: den Humor. Wer sich Hoffnungen gemacht hat, dass auch We Are Football so lustig sein wird, wie seinerzeit die Anstoss-Reihe, der muss leider enttäuscht werden. Zwar gibt es hin und wieder durchaus spaßige Ereignisse (etwa, wenn ein Spieler zu spät zum Training kommt, weil er für die ganze Mannschaft noch ein gesundes Müsli machen musste), doch im Allgemeinen ist We Are Football eine durchaus ernste Angelegenheit. Lustige Zeitungsberichte oder saure Spieler, die ihren Frust dadurch frei lassen, dass sie auf dem Marktplatz die Fahne des Vereins verbrennen, gibt es hier also leider nicht. Ich habe aber die Hoffnung, dass dies eventuell später doch noch hineingepatcht wird. Die alten Anstoss-Fans, von denen es unter den Käufern von We Are Football sicherlich eine Menge gibt, würden sich auf jeden Fall sehr darüber freuen.


Fazit:
Kann We Are Football mein geliebtes Anstoss 3 ersetzen und es endlich in seinen wohlverdienten Ruhestand schicken? Die klare Antwort darauf lautet Jein. Denn so schön es ist, dass vieles an den Klassiker erinnert, so gibt es leider auch einige Sachen, die mir (und anderen wohl auch) nicht so sehr gefallen. Damit meine ich nicht den fehlenden Humor, sondern vielmehr grundlegende Dinge, wie etwa die Möglichkeit, den Wochenverlauf zu unterbrechen, Ausstiegsklauseln aus Verhandlungen zu streichen oder realistischere Ablösesummen. Wenn all dies durch einen oder zwei Patches verbessert wird – und das sollte meiner Meinung nach nicht das große Problem sein – dann werde selbst ich wohl endgültig den Wechsel auf We Are Football wagen. Wer nicht so verrückt ist wie ich und noch immer das alte Anstoss spielt, kann aber auch jetzt schon We Are Football kaufen. Denn trotz der kleineren Ärgernisse macht das Spiel sehr viel Spaß.



Special vom: 18.06.2021
Autor dieses Specials: Stefan.Heppert
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