Grotesque Tactics Premium Edition
Entwickler:
NBG
Publisher:
NBG
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
17,97 €
Systeme:
PC
Testsystem:
Intel Core Duo @ 3 GHz, 4 GB RAM, ATI Radeon 4800 HD
Anforderungen:
2 GHz Dual Core, 512 MB RAM, 1 GB Festplattenspeicher
Inhalt:
Ganz ehrlich: Während ich in meiner Jugend mit Hingabe Fantasybücher gelesen, Fantasyfilme geschaut und Fantasyvideospiele gespielt habe, überkommt mich heute das kalte Grausen, wenn mir trotz aller Vorsicht Magier und Monster über den Weg laufen. Denn so sehr ich gute Fantasy noch immer zu schätzen weiß, stößt mich an 99 Prozent der medialen Beiträge zum Thema einfach ab, dass bei Handlung, Charakteren usw. jedes Mal aufs Neue altbekannte Archetypen nur leicht variiert werden. Entsprechend kann ich mich ehrlich gesagt nicht mehr daran erinnern, wann mich u.a. ein Spiel des Genres zum letzten Mal überrascht hat.
Ausgerechnet ein deutsches Entwicklerstudio hat sich nun daran gemacht, das zu ändern: Silent Dreams. Abheben will sich deren Titel Grotesque Tactics – die Marketing-Abteilung des Studios wird nicht müde, es zu betonen – nämlich nicht auf genretypische Weise (größere Riesen, kleiner Zwerge usw.), sondern über eine Eigenschaft, die man in ehrenrührigen, heroischen Epen leider zu selten findet: Humor.
Meinung:
Dabei beginnt die Story des Spiels eigentlich wenig lustig: Dem jungen Drake gelingt das bisher nicht für mögliche gehaltene Kunststück, die Abschlussprüfung der Armeeschule von Glory, seinem Heimatland, nicht zu bestehen. Das verbittert den immer schwarz gekleideten Jüngling derart, dass seine feiernden Ex-Kameraden verlässt, um sich in der Wildnis von einm Pilz fressen zu lassen.
Auf die Idee sind aber auch zwei Soldaten gekommen, die den kümmerlichen Rest der Armee Glorys darstellen. Alle anderen – einschließlich der erfolgreichen Absolventen der Akademie – haben eine Schlacht mit der bösen Dark Church nämlich nicht überlebt. Der wie aus dem Nichts auftauchende strahlende Held namens Holy Avatar hört sich das Wehklagen an und teilt Drake mit, dass nun das Wohl Glorys von seinen Taten abhänge. Zeternd fügt sich Drake seinem Schicksal und begibt sich gemeinsam mit Holy Avatar auf die Suche nach Mitstreitern. Dumm nur, dass die überlebende Bevölkerung des Landes nur noch aus Schwerstkriminellen, Verrückten und – besonders schlimm – Frauen besteht.
Alles wie gewohnt Rein technisch orientiert sich der nun folgende Kampf der „Helden“ gegen das „Böse“ an den Maßstäben eines typischen taktischen Rollenspiels. Der Spieler steuert seine Gruppe durch verschiedene Außenlevel und Dungeons, immer auf der Suche nach Aufträgen, Schätzen oder Gegnern. Sind letztere gefunden, wechselt Grotesque Tactics vom Echtzeit- in den Rundenmodus und der Kampf ist eröffnet. Nun kann jede Figur in einer bestimmten Reihenfolge seine Aktion(en) ausführen, um so per Zauber oder Ausrüstung die Hitpoints der Gegner zu verringern bzw. die eigenen zu schützen.
Wie auf Schienen Dabei fällt natürlich genretypisch eine Belohnung ab, zum Einen in Form von Münzen, Gegenständen usw., zum Anderen über die Erfahrungspunkte. Während erstere dazu dienen, die eigenen Streiter immer besser auszurüsten, dienen die Erfahrungspunkte der Entwicklung der Charaktere. Diese geschieht in Grotesque Tactics leider vollautomatisch, weswegen man einerseits nur wenig Einfluss auf die Entwicklung Drakes und seiner Begleiter hat, sich zum anderen aber immerhin keine Gedanken über irgendwelche Skilltrees machen zu braucht.
Lacher am Fließband Übersehen werden darf und kann aber natürlich nicht, dass die altbackene Spielmechanik von Grotesque Tactics nicht schnöder Ideenlosigkeit entspringt, sondern nur die Bühne für eine gnadenlose Persiflage auf bekannte Rollenspielklischees liefert. Der macht weder vor eben den konstruiert wirkenden Charakteren typischer Rollenspiele halt, noch verschont er die Rollenbilder des Genres: Immer kreischen irgendwo irgendwelche Jungfrauen nach Hilfe, um nach ihrer Rettung Holy Avatar anzuhimmeln bzw. einander anzugiften. Jedes Detail der Handlung bzw. des Spielgeschehens resultiert aus dieser humorigen Prämisse und zeigt auf charmante und meist gelungen lustige Art und Weise, wie vertraut die Entwickler von Silent Dreams mit dem Genre sind.
Zu viel des Guten Immer wieder führt der ununterbrochene Strom von Andeutungen, Scherzen und Verballhornungen bekannter Klischees – in erster Linie in ausgesprochen langen Dialogen vermittelt – aber auch zu gewissen Abnutzungserscheinungen. Denn so ausgesprochen amüsant die Frauengeschichten des Avatars oder die übertriebene Emotionalität Drakes die meiste Zeit auch ausfallen, so kommt doch irgendwann der Punkt, an dem der Spaß einfach überhand nimmt und das Spielerlebnis ins Alberne abdriftet.
Mächtige Stimmen Verhindert wird das oft nur durch die tatsächlich überragende Synchronisation von Grotesque Tactics. Denn für die – im übrigen komplette – Vertonung des Spiels haben sich die Verantwortlichen nicht lumpen lassen und fahren eine Sprecherriege auf, die sich mit absoluten Blockbuster-Produktionen durchaus messen kann. U.a. die Synchronsprecher von Angelina Jolie, Elvis und dem King of Queens werfen ihre komplettes Können in die Waagschale und entsprechend viel Freude macht es aus technischer Perspektive, den Dialogen zu lauschen.
Ganz hübsch Abgerundet wird die technische Präsentation durch eine solide Grafik, deren gelungene Atmosphäre durch einen unauffälligen, aber passenden Soundtrack untermalt wird. Die Darstellung des Geschehens fällt recht detailliert und entsprechend des Themas ausgesprochen bunt aus, lässt sich beliebig verschieben, zoomen usw., wie es inzwischen eben zum guten Ton gehört. Dass das Spiel sein überschaubares Budget aber optisch nicht wirklich verbergen kann, stellt natürlich keine wirklich Überraschung dar. Angesichts der Ansprüche der Entwickler, die eben klar inhaltlicher Natur sind, wäre alles andere aber auch zu viel verlangt.
Fazit:
Grundsätzlich macht Grotesque Tactics vieles richtig: Mittels eines versierten Humors wird dem Fantasy-Genre der dringend benötigte Spiegel vorgehalten, der die Schwächen des Metiers aufzeigt, ohne es dabei bloß zu stellen. Denn – so viel ist sicher – den Jungs (und Mädels?) von Silent Dreams sind und waren selber fanatische Zauberer, Schurken und Barbaren. Handwerklich ansprechend umgesetzt, schafft es das Spiel so zumindest, dass ich das Genre insgesamt nun mit nicht mehr ganz so kritischem Auge sehe. Für den großen Spielgenuss reicht es aber dennoch nicht, woran vor allem der Charakterzug des Spiels die Schuld trägt, der auch seine Stärke ausmacht. Denn so sehr die Vielzahl an guten Ideen, die die Entwickler bei der Produktion offensichtlich gehabt haben, auch zu begrüßen ist, umso besser hätte es dem Spiel getan, hätte man sich auf weniger wirklich gute Lacher beschränkt, anstatt die Lücken dazwischen mit relativ plattem Humor-Schund zu füllen.
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Autor der Besprechung:
Max Link
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