Blood Will Tell
Entwickler:
Sega
Publisher:
Sega
Genre:
Action
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
50 €
Systeme:
PlayStation 2
Inhalt:
Bei seiner Geburt wurden dem Samurai Hyakkimaru von den "48 Bestien" ebenso viele Körperteile geraubt. Sein Ziehvater konnte ihn zum Glück mit mechanischem Ersatz ausstatten - und hat gleich noch die Gelegenheit genutzt, ein paar "Verbesserungen" am Körper seines Schützlings anzubringen. Zusammen mit dem diebischen Jungen Dororo, den er unterwegs eher zufällig aufliest, macht sich der inzwischen erwachsene Hyakkimaru nun in bester Hack&Slay-Manier daran, die 48 Bestien zu suchen und von ihnen seine Original-Organe zurückzuerobern ...
Zugegeben, die trotz der technischen Elemente im 15. Jahrhundert angesiedelte Geschichte ist sehr ungewöhnlich - genau sie macht aber den größten Reiz an Blood Will Tell aus. Dass die bizarre Story so gut funktioniert, liegt sicher nicht nur daran, dass sie in zahlreichen Zwischensequenzen brillant in Szene gesetzt wurde, sondern auch daran, dass sie von Manga-Legende Osamu Tezuka (Astro Boy) stammt. Grundlage für das Spiel ist nämlich dessen Geschichte Dororo, die in den 60ern in Japan erschien. Der gleichnamige Dieb ist in diesem actionreichen Spiel aber nur Hilfskraft; der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig auf Hyakkimaru und seinem beschwerlichen Weg zur Wiederherstellung seines Körpers.
Meinung:
Dass Hyakkimaru nicht ganz vollständig ist, merkt der Spieler sofort - das Spiel beginnt nämlich in Schwarzweiß! Erst wenn er sein linkes Auge wiederbekommen hat, kommt buchstäblich Farbe ins Spiel. Mit jedem Körperteil, das der Krieger zurückgewinnt, steigern sich seine Fähigkeiten weiter. So ist z.B. das Sprinten erst dann möglich, wenn Hyakkimarus linkes Bein wieder am rechten Platz sitzt, und die zurückgewonnenen Ohren steigern seinen Gleichgewichtssinn, so dass er nach Stürzen auf den Füßen landen kann. Die 48 Bestien, die derzeit seine Organe hüten, sind dabei auf den Level-Karten sehr gut versteckt und können zum Teil sogar erst bei einem erneuten Besuch eines Spielabschnitts gefunden werden.
Was man nicht im Kopf hat ... Wehrlos ist Hyakkimaru aber trotz der fehlenden Gliedmaßen beileibe nicht. Mit seinen Handprothesen kann er wie jeder Samurai ein Schwert halten. Im Spielverlauf findet er reichlich neue Klingen, die zum Teil Zusatzfähigkeiten aufweisen. Zusätzlich sind in Hyakkimarus abnehmbaren Unterarmen weitere Schwerter verborgen, die bei Gebrauch an Erfahrungspunkten gewinnen und so nach und nach höhere Leistungsstufen erlangen. Im rechten Arm steckt außerdem ein Maschinengewehr, und im Knie ist sogar eine mächtige Kanone untergebracht - für diese Schusswaffen ist die Munition allerdings begrenzt, so dass ihr Einsatz gut überlegt sein will.
Sorgfältig schneiden, bitte! Die meiste Zeit über wird man sich ohnehin im Nahkampf mit den zahlreichen Dämonen messen, und hier hat Blood Will Tell eine Menge Abwechslung zu bieten: Neben den üblichen Angriffsserien, die sich aus leichten und schweren Hieben kombinieren lassen, gibt es noch den so genannten "Schnitt-Modus", bei dem innerhalb eines Zeitlimits eine eingeblendete zufällige Button-Folge gedrückt werden muss. Bringt man den Schnitt-Angriff dann auch noch mit dem entsprechenden Befehl erfolgreich zum Abschluss, winken Heilgegenstände oder sogar neue Waffen als Belohnung. Das System mag recht einfach klingen; es ist in der Hektik des Gefechts aber gar nicht mal so leicht, die vorgegebenen Knöpfe schnell genug zu drücken - üben lohnt sich also.
Freund und Helfer Während sich Hyakkimaru seinen Weg durchs alte Japan bahnt, steht ihm der automatisch gesteuerte Dororo zur Seite. Der Spieler kann ihm einen von vier Befehlen erteilen - so beteiligt er sich z.B. am Kampf, indem er Steine wirft, oder aber er sucht und sammelt selbsttätig herumliegende Gegenstände, die er nach Rückkehr von seinen Erkundungsgängen seinem "Chef" aushändigt. In einigen Passagen kann man den kleinen Dieb aber auch direkt steuern. Diese Dororo-Soloabschnitte sind meist weniger kampfbetont, dafür aber geschicklichkeits- und puzzle-lastiger. Es gibt auch einen kooperativen Zweispielermodus, in dem der zweite Teilnehmer Dororo übernimmt - dieser scheitert aber daran, dass die Kamera stets auf Hyakkimaru zentriert bleibt, so dass der Dororo-Lenker nur anhand der Mini-Map vage erahnen kann, wo seine Figur gerade steckt.
48 schicke Bestien Visuell kann man sich bei Blood Will Tell kaum beklagen: Die gerenderten Zwischensequenzen sehen ausgezeichnet aus, die Landschaften im Spiel selbst wirken realistisch-japanisch, und die Hauptfiguren sind hübsch texturiert. Nur ihre Animationen wirken gelegentlich etwas seltsam, was besonders bei Dororos Sprüngen auffällt, und die 60 Typen von Standardfeinden hätten gelegentlich ein paar Polygone mehr vertragen können. Optischer Höhepunkt sind allerdings die vielfältigen Erscheinungsformen der 48 Bestien: Die meist an japanische Mytholgiegestalten angelehnten, aber komplett von Tezuka erfundenen Monster variieren allein in der Größe stark: Manche sind kaum größer als Dororo, andere wiederum sind so gewaltig, dass sie sich sogar über mehrere Kartenabschnitte erstrecken.
Wo bin ich? Größter Schwachpunkt des Spiels ist die Kamera: Da sie sich nicht mit der Bewegung des Helden dreht, kommt es in den Kämpfen häufig vor, dass man die Gegner aus den Augen verliert. Dass sich die Kamera auf Tastendruck hinter dem Helden zentrieren lässt, hilft leider auch nicht viel. Häufig ist der Blickwinkel sogar fixiert, und zwar meist ausgerechnet dann, wenn gezielte Sprünge anstehen. Immerhin funktioniert die "Boss-Kamera" in den Kämpfen gegen die 48 Bestien recht gut, so dass hier die Gegner stets gut sichtbar bleiben. Die recht ordentliche Sprachausgabe des Spiels ist übrigens komplett englisch; deutsche Untertitel helfen beim Verständnis. Die meist traditionell-japanische Musik hält sich dezent im Hintergrund und verleiht der Geschichte das entsprechende Lokalkolorit.
Fazit:
Blood Will Tell ist ein Geheimtip für alle, die Interesse an leicht bizarren Samurai-Epen haben. Leser von Mangas wie Blade of the Immortal dürften sich mit dem Spiel jedenfalls sehr wohl fühlen. Die Kämpfe sind zahlreich und nicht unbedingt leicht, durch den fordernden "Schnitt"-Modus, die für dieses Genre ungewöhnliche Ausrüstung des Helden und die Vielzahl der Gegnertypen aber stets unterhaltsam. Vor allem aber motiviert die Suche nach Hyakkimarus Nieren, Wirbelsäule und Speiseröhre ungemein - wer also ein hervorragend inszeniertes Schwertgemetzel im traditionell-japanischen Ambiente sucht und über die störrische Kamera hinwegsehen kann, wird an Blood Will Tell gewiss seine Freude haben.
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Autor der Besprechung:
Manuel Tants

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