The Last Remnant
Entwickler:
Square Enix
Publisher:
Square Enix
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
60 €
Systeme:
Xbox 360
Inhalt:
Rollenspiele gibt es in allen Variationen. In Echtzeit, Semi-Echtzeit, mit offenen Welten, als Taktik-RPG, Hack’n’Slay, MMO... Richtig rar sind die in unserer westlichen Welt eher unbeliebten rundenbasierten Rollenspiele geworden – zumindest auf der aktuellen Heimkonsolengeneration. So konnte man als klassischer JRPG-Fan zwar die großartige Story von „Lost Odyssee“ genießen, Innovationen im Kampfsystem gab es jedoch nicht. Dass Neuerungen und Altbewährtes sich nicht ausschließen müssen, will Square Enix nun mit „The Last Remnant“ beweisen. Rundenfans, ich weiß, dass es euch noch gibt. Dieser Test sei euch gewidmet!
Meinung:
Rush und Irina sind Geschwister mit berühmten Eltern, dem Forscherpaar Sykes. Doch davon wissen sie kaum etwas, denn sie leben alleine auf einer Insel - fernab jeglicher Zivilisation. Mama und Papa wollten längst zurückkehren, doch die Arbeit in Elysium lässt dies nicht zu. Stattdessen sollen nun die Geschwister zu ihren Erzeugern gebracht werden. Die versprochene Eskorte entpuppt sich aber als gar wenig freundlich: Irina wird entführt und Rush den Monstern überlassen. Der entfesselten Macht des Talismans seiner Schwester ist es zu verdanken, dass sich der frischgeborene Held noch auf die Suche begeben kann. Kaum hat er die Verfolgung aufgenommen, landet er auch schon zwischen den Fronten einer Schlacht.
Der Kampf zwischen der Armee von Athlum und einer gewaltigen Monsterhorde endet schneller, als den Ungeheuern lieb ist, denn die Alliierten - Menschen, Katzenwesen mit vier Armen, gewaltige Fischkrieger und kleine, froschähnliche Qsiti – setzen eine Waffe mit gewaltigem Durchschlag ein, den Gae Bolg. Ein Artefakt, ein Remnant. Nach so einem braucht man nur die Hand auszustrecken, schon „bindet“ man es. Viele Artefakte sind harmlos und erfüllen lediglich den Zweck einer Schatztruhe. Andere sind mächtig oder einfach nur verdammt groß, wie das riesige Schwert, das mitten in Athlum im Boden steckt. Ungebundene Artefakte können jedoch für Chaos und Zerstörung sorgen. Rush macht Bekanntschaft mit dem Träger des Gae Bolg, David Nassau, der Marquis von Athlum. Unter seinen Fittichen schließt man die ersten Missionen ab, später hat man freie Hand, wenn es um Kampfverbände geht.
Herumirren war gestern The Last Remant macht es dem Spieler einfach, sich auf Story, Kämpfe und Missionen zu konzentrieren. Man kann alle bekannten Punkte auf einer Weltkarte anwählen. Auch Städte haben ihre eigenen Karten, auf denen man sogar sieht, welche Läden in welchem Abschnitt sind. So findet man sich auch nach längerem Wiedereinstieg problemlos zurecht. Man wählt ein Gebiet an, betritt die Bar und fertig. Will der Spieler den Ort verlassen, braucht man nicht mal mehr zur Tür raus, sondern drückt einfach die Select-Taste, mit der man stets auf die schön altertümlich wirkende wirkende Gesamtansicht der Weltkarte kommt.
Wer wagt, gewinnt Die meisten Aufträge erhält man in der Bar. Nimmt man einen an, findet man sich kurz darauf in dem Dungeon wieder, in dem die Aufgabe erledigt werden soll. Auch das ist sehr komfortabel und spart viel Zeit, die man in wichtigere Spielelemente investieren kann. Egal, wo ihr seid, ein Cursor hilft euch mit Informationen, wenn es um Türen, Personen, Monster, Artefakte und Erntepunkte geht.
Monster haben Symbole über ihrem Kopf, woran sich beispielsweise erkennen lässt, ob die Kreatur fliehen oder angreifen wird, sobald man in Sichtweite gerät. Greift es an, wird es auf uns zustürmen und den Kampf mit einem Vorteil beginnen, wenn wir nicht rechtzeitig mit dem rechten Trigger den Kampf selbst einleiten. Hier wird also nichts dem Zufall überlassen. Da die Lebenspunkte nach einer Auseinandersetzung wieder hergestellt werden, wäre es natürlich sicherer, sich jede Monstergruppe einzeln vorzunehmen. Verwickelt man jedoch – und dazu eignet sich die Zeitlupenfunktion von Rushs Talisman – mehrere Gegnerverbände in einen einzigen Kampf, erhält man mit steigender Gegnerzahl auch bessere und zahlreichere Beute. Bei all dem Spaß, den dieser Nervenkitzel mit sich bringt, sollte man das Speichern nicht vergessen – durch fehlende Savepoints ist dies keine unnütze Warnung.
Nimm die Armee mit, wenn du aufbrichst... In einer Schlacht kämpfen nicht nur zwei sich statisch gegenüberstehende Gruppen, die mit immer denselben Kampfanimationen zuschlagen. Nein, bei „The Last Remnant“ hat man meist mehrere Verbände auf beiden Seiten, die aus bis zu fünf Einheiten (Charakteren) bestehen, und denen man auch eine bestimmte Formation zuweisen kann – zumindest den eigenen. Ein Verband zählt für sich, so dass Lebens- und Aktionspunkte der Einheiten addiert werden, und man immer ein Kommando für einen kompletten Verband gibt. Die zur Auswahl stehenden Befehle können je nach Situation und Verbandszusammenstellung variieren. So gibt es meist den normalen Angriff, die Kampf- und die mystischen Künste. Aber auch die Macht der Artefakte, ein kompromissloser Angriff oder das Retten eines stark geschwächten Verbandes ist hin und wieder möglich.
Die Position der Verbände spielt auch eine Rolle, so sind Blockaden, Überfälle und Angriffe von hinten möglich. Bei bestimmten Spezialattacken kann man durch einen gut getimeten Druck auf einen angezeigten Button kritische Treffer auslösen. Dies lässt sich aber auch auf automatisch stellen, so dass dann nur die Critchance der Einheiten zählt. Schlägt man sich gut, verschiebt sich der Moralbalken zu euren Gunsten, was weitere Vorteile einbringt. Die Kämpfe sind somit alles andere als langweilig.
Mit gefundenen Teilen kann man sich neue Waffen bauen oder bereits vorhandene aufwerten lassen. Die Einheiten, die an einem Kampf teilnehmen, können übrigens Bedarf auf bestimmte von Gegnern fallen gelassene Teile anmelden, und sorgen dann selbst für stets aktuelle Ausrüstung. Hin und wieder nimmt man sogar lebende Monster gefangen, sie sich an Ort und Stelle in noch mehr Teile zerlegen lassen. Ein Verkauf der Bestien an Shops ist ebenso möglich. Normale Level Ups gibt es nicht, nur einen Kampfrang. Werte und Eigenschaften – dazu gehören nicht nur Stärke und Intellekt, sondern auch ausgefallene wie Liebe, Autorität und Ernsthaftigkeit – steigen einzeln nach einem Kampf, Waffen können ebenso Verbesserungen erhalten. Neue Fähigkeiten und eine bessere Klasse lernt man auf die gleiche Weise.
Das Leid mit der Engine Optisch bietet „The Last Remnant“ eine ganze Menge. Die Kampfanimationen sind klasse, wenn pariert wird, dann treffen auch tatsächlich zwei Klingen aufeinander. Flüssig laufen die Kämpfe jedoch selten ab. Höhlen und Außengebiete sehen fantastisch aus, nur die Städte wirken etwas altbacken modelliert. Hier wird oft auch ein größeres Gebiet simuliert, als man ablaufen kann. Wenn man aber genauer hinsieht, sind die NPCs in den nicht betretbaren Bereichen nur unbewegliche Statuen. Bedingt durch die Unreal Engine 3 gibt es auch ständig Popups bei den Texturen. Ladebildschirme zwischen den Szenen stören den Spielfluss, das Game wäre also ein idealer Kandidat für die optionale Festplatteninstallation. Bei Musik und Sound gibt es überhaupt nichts zu meckern. Die Stücke sind eingängig und treffend, die Geräuschkulisse überrascht mit tollen Surroundeffekten, bei der englischen Sprachausgabe leistete man sich keine Patzer.
Ach ja: Square Enix hat es dieses Mal tatsächlich geschafft, komplett deutsche Texte auf die zwei Discs zu pressen.
Fazit:
Eine neue Fantasy-Welt mit riesigen Artefakten, phantasievollen Kreaturen und einem mehr als interessanten Kampfsystem. The Last Remnant ist eines dieser fesselnden Rollenspiele, bei denen man immer mal wieder „nur noch eine Schlacht“ oder „nur noch die eine Mission“ spielen möchte. Dabei ist das RPG sehr einsteigerfreundlich und auch nach längerer Spielpause schnell wieder zugänglich. Die kleineren technischen Schwächen verzeiht man da gerne.
Wer japanische Rollenspiele und Rundenkämpfe mag, kommt an diesem Spiel nicht vorbei. Auch Fans von West-RPGs sollten sich The Last Remnant unbedingt ansehen. Am Setting, der Story und der Grafik soll es jedenfalls nicht scheitern, dafür ist das Spiel zu erwachsen. Nächstes Jahr erscheint der Titel übrigens auch für PC und PS3.
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Autor der Besprechung:
Michael Hambsch
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