Borderlands
Entwickler:
Gearbox Software
Publisher:
2K Games
Genre:
Action
USK Freigabe:
keine Jugendfreigabe gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
60 €
Systeme:
PC, PlayStation 3, Xbox 360
Inhalt:
Shooter zählen definitiv zu der Art von Spielen, die es schon immer gab und immer geben wird. Es gibt sie – man verzeihe hier die abgedroschene Metapher und akzeptiere die zwei Euro fürs Phrasenschwein – wie Sand am Meer. Wie am Fließband produziert, erscheinen immer wieder neue Kreationen aus rund um den Globus beheimateten Entwicklerstudios. Mal mehr, mal weniger gut versucht irgendwie jeder, dem angestaubten Genre mit seinem Spiel neue Nuancen hinzuzufügen, um es als besonders innovativ zu labeln und entsprechend vermarkten zu können. Der aktuelle Trend scheint in Richtung RPS zu gehen – einer Mischung aus Rollenspiel und Shooter. Hier sind Mass Effect und Fallout 3 die derzeit herausragenden Referenzen.
Diese Mischung zweier so beliebter Genres rief wohl auch bei den Jungs und Mädels von Gearbox ein gewisses Jucken in den Fingern hervor. Und so machten sie sich auf, um ein Spiel zu erschaffen, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Die Rede ist von Borderlands, das, wie der Name bereits andeutet, in jedweder Hinsicht eine Grenzerfahrung ist.
Meinung:
Gleich zu Beginn des Spiels erlebt man die Ankunft des Protagonisten auf dem Planeten Pandora. Der Grund seines Besuchs ist die Suche nach der sogenannten Kammer, ein außerirdisches Artefakt mit unglaublichen Kräften. Schnell wird klar, dass das Setting des Goldrauschs in den USA in die Zukunft und auf einen anderen Planeten verfrachtet wurde. Fans der Trickserie Bravestarr aus den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts dürfte das besonders freuen, da man ständig an den Planeten New Texas erinnert und das Gefühl einfach nicht los wird, dass die Entwickler sich die Serie bis zum Umfallen reingepfiffen haben. Gleiches gilt auch für Fans von Mad Max, der augenscheinlich als wichtiges Vorbild für das Flair des Spiels herhielt. Man landet mitten im Nirgendwo einer öden Wüste. Hier und da ein paar Skelette, zerfallene Hütten, Banditen, Windräder, usw. Trautes Heim, Glück allein – und wieder Geld fürs Phrasenschwein.
Beschränkt In den so genannten Arid Badlands angekommen, könnt ihr ganz RPG-like aus einer von vier Charakterklassen auswählen. Der Berserker ist stark im Nahkampf, der Jäger ein guter Sniper, die Sirene eine Ikone im Tarnen, der Soldat ein guter Allrounder. Die Wahl der Charakterklasse wirkt sich entscheidend aufs Spielgeschehen aus, da jeder unterschiedliche Spezialfähigkeiten und ganz eigene Stärken und Schwächen besitzt. Leider bietet Borderlands nicht viel Kreativität, was die Charakter-Erstellung anbelangt. Lediglich Name und Outfit-Farbe können dem eigenen Gusto angepasst werden.
Hat man dies getan, wird man erstmal an einer Speicherstation registriert. An diesen Stationen wird im Falle des nicht eingeplanten Ablebens der Charakter neu generiert – und zwar mit allen Eigenschaften und Gegenständen, die er zum Zeitpunkt seines Todes bei sich hatte. Netter Nebeneffekt: Man findet die Gegner so vor, wie man sie hinterlassen hat, angerichtete Schäden inklusive. Der Haken: Der Tod kostet nicht das Leben, sondern Geld – so wie alles auf Pandora. Ohne Moos nix los, sagt sich der Kammerjäger (man beachte hier das nette Wortspiel) und schmeißt gern wieder zwei Euro ins Phrasenschwein.
Geld regiert die Welt Frisches Geld kann auf vielen Wegen verdient werden. Zum einen wird fast jede Hauptmission mit Geld belohnt. Andererseits lassen sich auch über Nebenquests ordentlich Moneten verdienen. Da Kleinvieh bekanntlich auch viel Mist macht (und wieder zwei Euro), lohnt es sich zudem, sämtliche Kisten, Kadaver und niedergeschossene Gegner nach Bargeld und Gegenständen aller Art zu durchsuchen. Seid ihr mit der Kohle nicht zufrieden, können sämtliche Items an dafür vorgesehenen Automaten verkauft werden. Natürlich lassen sich auch neue Items kaufen, darunter Waffen, Medipacks, Schilde sowie so genannte Granaten- oder Class-Mods. Erstere versehen die Granaten mit einer speziellen Fähigkeit, letztere sorgen für einen Boost der speziellen Charaktereigenschaften.
Mit ihrem sensationellen Content-Generierungs-System haben es die Entwickler geschafft, unzählige verschiedene Waffen zu kreieren, die nahezu einzigartig sind. Im Prinzip hat fast jede Wumme ganz eigene Spezifikationen, weswegen man ständig damit beschäftigt ist, die Waffen miteinander zu vergleichen. Mit Hilfe von grünen und roten Pfeilen wird sofort angezeigt, ob die Waffe besser oder schlechter ist als die gerade ausgewählte. Das macht nerviges Zahlenvergleichen quasi obsolet. Lediglich bei Waffen mit besonderen Elementareigenschaften lohnt es sich, auch mal eine schwächere Version in die Hand zu nehmen, wenn die Eigenschaft einen taktischen Vorteil wie Schockschaden, Verbrennungen oder Explosionen bietet.
Töten, ernten, töten Prozentzahlen mögen hier zunächst marginal erscheinen, aber gepaart mit dem Fortschritt des Charakters und seinen Fähigkeiten lohnt es sich dennoch zumindest ein klein wenig darauf zu achten, immer das Optimum herauszuholen. Denn ab und an kann hier und da ein einziger Schuss entscheidend sein. Sollte man dennoch mal ins Gras beißen, verabschiedet man sich mit einem Todesschrei und ballert die letzten Kugeln aus seinem Magazin. Tötet man dabei einen Gegner, steht man wieder auf und kann zumindest auf einen kleinen Teil der Gesundheit zurückgreifen.
Damit das nicht passiert, sollte man so viele Gegner wie möglich um die Ecke bringen und möglichst viele Quests abschließen. Man wird nicht nur mit Erfahrungspunkten belohnt, die die Gesundheit und die Angriffsstärke erhöhen, sondern auch mit zusätzlichen Skillpunkten. Pro aufgestiegenem Level ab Level Fünf gibt es einen solchen, den man dem persönlichen Geschmack entsprechend im Skill-Tree platzieren kann. Letztendlich geht es in dem Spiel darum, Gegner wegzuknallen, Skill-Points zu ernten, um noch stärkere Gegner wegzuknallen. Das mag dem einen oder anderen nicht genug sein, ist aber das gleiche Prinzip, das WoW zu dem gemacht hat, was es heute ist.
Nur die Harten... Wie? Shooter? Ein Vergleich mit WoW? Darf man das überhaupt? Ja, man darf – denn genau wie WoW ist auch Borderlands ein Spiel, das auf Kooperation mit anderen Spielern setzt – wenn man denn will. Es ist nämlich möglich, mit drei weiteren Mitspielern durch Pandora zu ziehen. Alle Skills, die man online gesammelt hat, bleiben für das spätere Weiterspielen im Singleplayer erhalten. Da die Gegner im Multiplayer stärker sind und entsprechend bessere Items fallen lassen, kann man das eine oder andere Sahnestück abstauben und im SP munter weiterverwenden. Über das zuvor erwähnte Pfeilsystem kann man auch schnell abstimmen, wer das entsprechende Item am besten gebrauchen kann. Natürlich kann es vorkommen, dass man auf Aasgeier trifft, weswegen es ratsamer erscheint, mit Freunden los zu ziehen. Das hängt aber von den persönlichen Präferenzen ab. Wer sich online nicht traut, kann sich auch mit einem weiteren Mitspieler im Splitscreen versuchen, was auch schon einen Mordsspaß bereitet.
... komm'n in Garten Wer es ganz tough mag, kann wie im Wilden Westen auf Konfrontationskurs gehen und menschliche Spieler zum Duell herausfordern. Im 1-on-1 zeigt sich dann, wie gut (oder schlecht) man seinen Charakter wirklich geskillt hat. Natürlich entscheiden nicht allein die Skill-Punkte über Sieg oder Niederlage. Zielen und in Deckung gehen muss man selbst, schließlich spielen wir hier von der Mechanik her immer noch einen traditionellen Ego-Shooter. Dank zuschaltbarer Zielhilfe und sinnvoll angelegter Tastenbelegung geht hier alles so einfach von der Hand wie nur irgend möglich, was gerade Einsteigern einen enorm einfachen Zugriff auf das Spiel bietet. Etwas fummelig wird es nur bei der Fahrzeug-Steuerung, die – typisch Unreal3-Engine – etwas gewöhnungsbedürftig ist, da das Fahrzeug ausschließlich über die Control-Sticks gelenkt wird.
Freie Fahrt Das Fahrzeug-System ist abgesehen von der Steuerung an sich eine ganz nette Geschichte. Sinn macht es vor allem dann, wenn man weit ins offene Gelände hinaus fahren muss, um bestimmte Aufträge zu erledigen. Die Welt von Borderlands ist ziemlich riesig. An jeden Abschnitt reihen sich noch weitere Außenabschnitte, die wiederum weitere Außenabschnitte haben. Lange Reisen sind hier also unumgänglich. Da des öfteren feindliches Gesocks und wildes Getier auf der Lauer liegt, überlebt man längere Trips zu Fuß nicht wirklich oft. Mit dem bewaffneten Fahrzeug sieht die Sache schon ganz anders aus. Man kann zwischen zwei Gefährten auswählen, die sich mit je einem Fahrer und einem Bordschützen besetzen lassen. Ist man allein unterwegs, kann man mittels automatischer Zielerfassung auch auf das Geschütz (wahlweise Gatling oder Raketenwerfer) zurückgreifen. Ansonsten ist für den Fahrer noch ein kleines MG mit an Bord. Witzigerweise kann man sein Fahrzeug in der Pampa abstellen und sich an der nächsten Station entweder ein neues Gefährt generieren oder sich direkt zum zurück gelassenen Fahrzeug beamen lassen. Hinzu kommt noch ein Schnellreisesystem, das allerdings erst im späteren Verlauf einsetzbar ist.
Grenzwertig Borderlands ist nicht nur aufgrund seiner Spielmechanik ein mehr als interessantes Spiel. Auch – oder sollte man hier vielleicht doch lieber „vor allem“ sagen – die Grafik rockt ohne Ende. Statt uns mit der Unreal3-Engine eine vollkommen realistische Umgebung zu präsentieren, haben sich die Entwickler hier etwas ungewöhnliches einfallen lassen. Das Spiel kommt komplett in Cel-Shading-Optik daher, was dem absurden Setting die Krone aufsetzt. Dennoch konnten die Entwickler vermeiden, dass die Grafik wie in manch anderem Spiel übertrieben poppig wirkt. Stellenweise kommt das Ganze eher subtil daher, ohne sich großartig in den Vordergrund zu spielen. Und doch bleibt man manchmal mitten im Nirgendwo stehen, um sich die umwerfende Umgebung anzusehen. Die Grafik ist hier nicht bloßes Mittel zum Zweck – sie verleiht diesem Spiel dank handgezeichneter Texturen seinen einzigartigen Charme.
Lang kein Phrasenschwein mehr gehabt? Hier kommt Nachschub: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. So sieht man keine merklichen Effekte, wenn man sich durchs Wasser bewegt. Häufig wirkt die Umgebung insgesamt etwas zu starr. Fliegende Strohballen oder aufgewirbelter Staub hätten viel mehr zur Western-Atmosphäre beitragen können, fehlen jedoch völlig. Auch hat sich der eine oder andere Clipping-Bug ins Spiel geschlichen.
In Sachen Sound haben die Entwickler ebenfalls einen guten Job gemacht. Die Effekte sind gut, der Soundtrack ist super. Die Musik wiederholt sich oft, jedoch sind die Sounds sehr stimmungsvoll und passen meistens zu dem, was gerade auf dem Bildschirm geschieht. Die Sprachausgabe ist sauber und klar, sehr gelungen ist hier die deutsche Synchro. Nicht ein einziges Mal erlebt man unmotivierte, monotone Sprecher. Es scheint, als habe jeder seine Rolle mit Begeisterung gesprochen. Nervig ist nur, dass sich manche Kommentare wiederholen. Vor allem die Roboter können einem auf den Keks gehen.
Fazit:
Nun sind wir am Ende dieser Rezension angelangt. Die Details sind geklärt, das Phrasenschwein ist fett wie Sau – und alle sind glücklich. Alle? Bestimmt nicht. Dem einen oder anderen mag Borderlands aufgrund des Spielprinzips, des Settings und vor allem der Grafik eher grenzwertig erscheinen. Doch man hat hier den Eindruck, als sei das so gewollt. Borderlands übertreibt, provoziert, es geht voll auf die Zwölf – und trifft damit genau meinen Geschmack. In meinen Augen ist es ein unglaublich gut gelungenes Spiel, das simpelste Mechaniken nutzt und in nahezu perfekter Art und Weise miteinander kombiniert. Wochenlanger Spielspaß, gnadenlos cooler Humor, technisch vom feinsten – und das mit einer so unglaublich coolen Optik, dass es schon fast verboten gehört, dieses Spiel nicht zu besitzen. Klare Kaufempfehlung!
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Autor der Besprechung:
Alexander Voirin
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