Gran Turismo 4
Entwickler:
Polyphony Digital
Publisher:
Sony Computer Entertainment
Genre:
Sport
USK Freigabe:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
60 €
Systeme:
PlayStation 2
Inhalt:
50 Strecken (die meisten davon zusätzlich noch rückwärts befahrbar), über 700 verschiedene Autos, 80 einzelne Lizenztests, 34 Fahrmissionen, rund 150 Rennserien: Wenn wir eine eigene Note für den Umfang eines Spiels vergeben würden, bekäme Gran Turismo 4 von den zehn möglichen Punkten mindestens dreiundzwanzig. Im Kern unterscheidet sich das Spiel aber natürlich nicht von seinen Vorgängern - immer noch geht es darum, perfekt nachgebildete Autos über perfekt gestaltete Strecken zu lenken, um möglichst viele Preisgelder und Bonus-Fahrzeuge zu gewinnen. Das Geld investiert man dann ins Tuning seines Fuhrparks, um auch in höheren Rennklassen erfolgreich mitmischen zu können.
Meinung:
Groß, größer, Gran Turismo 4: In Sachen Umfang sprengt die vierte Inkarnation des "Real Driving Simulators" alle Grenzen, und so steht der automobilbegeisterte Spieler vor einer nie zuvor erlebten Vielfalt von Möglichkeiten, um virtuell seine rennfahrerischen Träume nachzuerleben. Wie von Producer Kazunori Yamauchi nicht anders zu erwarten war, ist aber auch der Rest des Spiels so nah an der Perfektion, wie es die Hardware der PS2 zulässt.
Ohne Fleiß keine Lizenz Um an den höherwertigen Rennen überhaupt teilnehmen zu dürfen, benötigt man wie immer die entsprechenden Lizenzen. Ob man dieser Zertifikate würdig ist, muss man in den altbekannten Fahrprüfungen unter Beweis stellen, in denen bestimmte Streckenabschnitte innerhalb eines Zeitlimits passiert werden müssen. Die Zeitvorgaben für die Bronze-Wertung schienen uns im Test etwas großzügiger zu sein als noch im Vorgänger, die Lizenzen erhält man also relativ mühelos. Wer den Anspruch hat, alle Lizenzen vergolden zu wollen, wird aber nach wie vor viel üben müssen. Neben den Lizenztests gibt es zudem noch mehr Aufgaben, die an einige der Fahrprüfungen aus Gran Turismo 4 "Prologue" erinnern, nämlich die so genannten "Fahrmissionen". Hier gilt es, auf einem vorgegebenen Streckenabschnitt eine Fahrzeuggruppe zu überholen, die mit Vorsprung unterwegs ist. Das Warten am Start, bis die anderen Wagen alle losgefahren sind, kann dabei jedoch manchmal etwas lästig sein.
Blendend Die Grafik ist in Gran Turismo 4 natürlich über jeden Zweifel erhaben. Der Detailgrad der Fahrzeuge wurde im Vergleich zu den vorangegangenen Titeln noch einmal ein wenig erhöht. Die Echtzeit-Reflexionen sind ohnehin eine Klasse für sich - noch nie spiegelten sich Landschaften so überzeugend in virtuellem Autolack. Den allergrößten Schritt nach vorn haben aber die Streckenumgebungen gemacht: Gerade die Kurse, die schon im beileibe nicht schlecht aussehenden GT3 enthalten waren, zeigen, was die Grafiker von Polyphony Digital für GT4 noch aus der PS2 herauszuholen vermocht haben. Auch wenn auf dem Bildschirm viel los ist, sind trotz der Grafikpracht keinerlei Ruckler oder Pop-Ups zu verzeichnen; einzig ein leichtes Kantenflimmern trübt den optischen Eindruck geringfügig.
Es rauscht in meinen Ohren Über die Güte der Fahrphysik muss bei einem Spiel der Gran Turismo-Serie wohl ebenfalls nicht mehr viel gesagt werden: Das sehr realistische, gleichzeitig aber zugängliche Fahrgefühl kann nach wie vor restlos begeistern. Im Vergleich zum GT4 "Prologue" hat sich in GT4 dabei nicht viel getan: Vor allem die - jetzt auch auf Schnee- und Eispisten ausgetragenen - Offroad-Rennen haben gegenüber GT3 von der Weiterentwicklung profitiert. Sie erfordern eine ganz andere Herangehensweise als die Asphalt-Wettbewerbe. Zum perfekten Fahrgefühl trägt natürlich auch der Ton bei. Die Motoren klingen in der Regel sehr gut, nur bei einigen der hubraumstärkeren Modelle fehlt es etwas an Kernigkeit. Besonders beeindruckend sind die Windgeräusche geraten, die ab etwa 160 km/h die Karosserie umtosen. Der Musik-Soundtrack umfasst insgesamt etwa 100 Stücke aus den Bereichen Rock, Techno und Klassik, weist aber keine speziellen Höhepunkte auf. Rennprofis werden die Musik eh höchstens noch in den Replays laufen lassen, um nicht von den Fahrzeuggeräuschen abgelenkt zu werden.
Wer A-Spec sagt, muss auch B-Spec sagen Um die Rennen zu bestreiten, gibt es jetzt übrigens zwei Möglichkeiten: Im A-Spec-Modus fährt der Spieler wie gewohnt selbst. Jedes Rennen bekommt dabei einen spezifischen "A-Spec"-Punktewert zugewiesen, der in etwa widerspiegelt, wie schwer das Rennen mit dem gewählten Fahrzeug angesichts der Leistung der Konkurrenzautos zu gewinnen sein wird. Der neue B-Spec-Modus, der ursprünglich bereits in einer nie verwirklichten zweiten Version von GT3 umgesetzt werden sollte und außer bei den Lizenztests und den Fahrmissionen stets verfügbar ist, erlaubt es hingegen, als Rennleiter das Geschehen von außen zu betrachten. Der Spieler weist dem eigenen KI-Fahrer eine von fünf Grundgeschwindigkeiten zu. Ein höheres Tempo sorgt dabei aber neben dem höheren Risiko auch für höheren Reifen- und Spritverbrauch, so dass es sich nicht empfiehlt, den KI-Kollegen stets auf der fünften Stufe fahren zu lassen. Überholmanöver und Boxenbesuche lassen sich per Knopfdruck direkt anordnen. Je mehr verschiedene Strecken und Fahrzeuge der KI-Pilot zu Gesicht bekommt, desto schneller steigen seine Fähigkeiten an. Keine Frage, selber fahren macht mehr Spaß - wer aber eins der im Spiel enthaltenen 24-Stunden-Rennen absolviert, wird sich sicher freuen, wenn er nicht über die volle Distanz selbst am Controller oder Lenkrad sitzen muss, sondern beim Boxenstopp für ein paar Runden an den B-Spec-Kollegen abgeben kann, zumal sich im Rennleiter-Modus eine bis zu dreifache Zeitbeschleunigung aktivieren lässt.
Bitte lächeln! Der neben der B-Spec-Option zweite neue "Spiel"-Modus zeigt, dass GT4 sich wirklich in erster Linie an Auto-Liebhaber richtet: Im Foto-Modus können hochauflösende Bilder der eigenen Fahrzeuge geschossen werden. Zur Wahl steht einerseits die dezidierte "Foto-Reise", bei der man seinen Wagen an einer von 16 fotogenen Locations parken kann, und andererseits die "Fotofahrt", bei der man sich eine Rennstrecke mietet, um das Auto in Bewegung zu knipsen. Als dritte Option können Standbilder aus jeder gespeicherten Wiederholungsdatei entnommen werden. Für das "Fotografieren" selbst stehen vielfältige Einstellungsoption parat: Blende und Verschlusszeit sind ebenso frei bestimmbar wie der Farbabgleich, und sogar das Geräusch, das der Verschluss beim Auslösen macht, kann aus sage und schreibe 19 Möglichkeiten ausgewählt werden. Die so entstandenen Bilder lassen sich in drei Qualitätsstufen entweder auf der MemoryCard oder aber auf jedem USB-Flash-Medium speichern - mit einem entsprechenden USB-Drucker ist sogar ein Direktausdruck möglich.
Das Kleingedruckte Die übrigen Veränderungen zu den Vorgängern betreffen vor allem sinnvolle Details: So ist nun während der Fahrt unter den Armaturen stets eine kleine Anzeige zu sehen, an der sich die aufs Fahrzeug wirkende Querbeschleunigung ablesen lässt. Zu den Tuning-Optionen gehört jetzt auch eine Nitro-Einspritzung, die aber natürlich keine so überzeichnete Wirkung hat wie in Need For Speed Underground. Apropos NFSU: Neben dem schon bekannten Felgenshop ist es in GT4 auch möglich, sein Auto mit einem mächtigen Heckflügel zu versehen - der ist dann natürlich nicht nur Zierde, sondern hat auch positive Auswirkungen auf das Fahrverhalten. Vieles ist ansonsten beim Alten geblieben: Die gegnerische KI ist immer noch nicht gerade herausragend und klebt stur auf der Ideallinie (Stichwort: "fahrende Slalomstangen"), und auch ein Schadensmodell fehlt nach wie vor. Eingefleischte GT-Freunde werden sich daran aber wohl nicht allzu sehr stören - diese kleinen Macken sind ja mittlerweile fast schon zum Markenzeichen der Serie geworden.
Fazit:
Mehr vom Gleichen: Gran Turismo 4 ist im Grunde "nur" ein aufgebohrtes und weiter perfektioniertes GT3, das um einige schmerzlich vermisste GT2-Elemente wie z.B. den Gebrauchtwagenmarkt bereichert wurde. Nach vier Jahren Entwicklungszeit mag man vielleicht mehr erwartet haben als nur zwei neue, eher periphere, Spielmodi und eine gigantische Fahrzeug- und Streckenauswahl. Besonders der anfangs angekündigte, dann aber wieder gestrichene Online-Modus wäre sicher eine Bereicherung gewesen. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die behutsamen Weiterentwicklungen, die es dann doch ins Spiel geschafft haben, dem Spielspaß allesamt zuträglich sind - auf halbgare Selbstzweck-Neuerungen wurde komplett verzichtet. Und nur selten erhält man für seine 60 Euro so viel Gegenwert an Langzeitmotivation und perfektionistischer Detailverliebtheit. Wer auch nur halbwegs an Automobilen interessiert ist, kommt an GT4 nicht vorbei.
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Autor der Besprechung:
Manuel Tants
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