Es geht meinen Römern schlecht. Ich bin ein Chaos-Zeitalter reingerutscht und an allen Ecken und Enden meines Reiches brennt es. Ich versuche verzweifelt, die Feuer zu löschen, doch wenn gleichzeitig auch noch eine Pandemie mein Reich heimsucht, sind die Chancen eher gering, dem noch irgendwie beizukommen. Am Ende hilft nur, einen Schlussstrich zu ziehen und nochmal neu anzufangen. Verdammt!
Meinung:
Ich habe es vermutlich bei jedem 4X-Strategiespiel erwähnt, dass ich jemals für Splashgames rezensiert habe. Aber ich muss es wiederholen. Ich liebe dieses Genre! Egal ob in einem realistischen Setting, in einem Fantasy-Ambiente oder in einer SciFi-Umgebung, ich könnte mich stundenlang darin verlieren, wenn es das Game zulässt.
Ein neuer Anlauf Doch diese Sucht, dieses „Nur noch eine Runde“-Gefühl, bei mir auszulösen gelingt in der letzten Zeit auf Dauer immer weniger Titeln. Immer wieder ziehe ich dann doch die gewohnte Umgebung der Civilization“-Reihe vor, die damals meine Sucht überhaupt erst erweckte. Wobei es nicht an Versuchen anderer Entwickler und Publisher mangelte, die Serie vom Genre-Thron zu stoßen. SEGA probierte es mit Humankind, was aber am Ende nicht ganz an den Genreprimus heranreichte. Paradox Interactive hingegen konnte im SciFi-Setting mit Stellaris punkten, was sie bis heute mit jeder Menge DLCs unterstützen. Jetzt wagt der letztgenannte Publisher mit Millennia einen neuen Anlauf, Civilization den Thron zumindest streitig zu machen.
Vieles an Millennia erweckt den Eindruck, dass die Macher sich den Genreprimus näher angeguckt haben und versucht haben, vieles von dem, was ihn ausmacht, anders zu machen. Das Grundprinzip ist dasselbe: Du hast eine Zivilisation und versucht auf einer Karte, auf der es unterschiedliche Rohstoffe gibt, diese durch die verschiedenen Zeitalter zu führen, bis du einen Sieg erreicht hast. Zu diesem Zweck erforschst du neue Technologien, baust deine Zivilisation aus, in dem du expandierst und legst dich entweder mit anderen Ländern an oder versuchst, diplomatische Beziehungen aufzubauen. Und so ganz nebenbei gilt es auch noch, eine Karte zu erkunden, um neue Plätze für neue Siedlungen zu finden.
Doch bereits beim Zeitalterfortschritt fängt es mit den anderen Ideen an. Anstatt automatisch in ein neues Zeitalter zu kommen, wenn eine feste Anzahl an Runden durch ist, werden diese dieses Mal durch Forschungen ausgelöst. Sprich: Du musst eine Mindestzahl an Technologien erforschen, ehe du den Zeitalterfortschritt an sich erforschen kannst, was schon sehr gewöhnungsbedürftig ist. Später hast du auch die Wahl zwischen mehreren Zeitaltern, die du erreichen kannst, wie zum Beispiel das der Helden oder das der Monumenten. Jeder Fortschritt bringt einem Vorteile, vor allem, wenn du der Erste ist, der sie erreicht hat. Doch löst dies einen enormen Druck aus, auf Teufel komm raus, Wissen aufzubauen, um ja nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Enorme Lernkurve Wer übrigens, wie bei Civilization, meint, dass es ausreicht, ein Volk auszuwählen, um dadurch einen bestimmten Bonus zu kriegen, mit dem du es dann einfacher hast, zu forschen, der wird enttäuscht sein. Es gibt zwar eine gewisse Auswahl an Völkern. Doch handelt es sich hierbei nur um Namen und ggf. andere Farben. Von der Spielweise unterscheiden sie sich nicht. Denn diese hängt ganz von einem selbst ab.
Millennia verlangt, dass du von Anfang an weißt, welchen Pfad du einschlägst. Wie du spielst. Ob du auf Eroberung setzt oder auf Diplomatie. Ob du Ressourcen sammelst, um selbstbestimmt agieren zu können oder ob du auf Handel setzt. Es ist nicht möglich, die Spielweise später dann noch zu ändern, was natürlich frustrierend sein kann. Hier engt sich das Spiel selber ein und schreckt die Leute, die die Freiheit anderer 4X-Games gewohnt sind, eher ab.
Allgemein hat das Spiel eine enorme Lernkurve. Bis du wirklich verstanden hast, wie es funktioniert, dürfte viel Zeit vergehen. Zeit, die Millennia einem nicht gerade einfach macht, es zu mögen. So ist die KI sehr aggressiv unterwegs und vor allem die Banditen können einem in der ersten Spielphase das Leben zur Hölle machen. Wer nicht ausreichend Kampfeinheiten baut und damit alle Siedlungen schützt, der wird überrascht werden, wenn eine solche auf ein Mal angegriffen wird. Hinzu kommt dann auch noch die nervige Tatsache, dass bei jedem Gefecht in eine separate Ansicht umgeblendet wird, wo du das Kampfgeschehen beobachten kannst. Es gibt keine Möglichkeit, diesen Bildschirm zu skippen, was schon sehr nervig ist.
Ein Sog ist vorhanden Und doch entwickelt Millennia seinen Sog. Das übliche „Nur noch eine Runde“-Prinzip entsteht und lässt einen nicht mehr los. Wenn du das Spielprinzip irgendwann verstanden hast, wie jeder Aspekt den Spielfortschritt beeinflusst, angefangen von den Chaospunkten für Auseinandersetzungen, über die Nationalidole, die erhebliche Auswirkungen aufs Gameplay haben oder die Entdeckung von Naturwundern, lässt es einen irgendwann nicht mehr so leicht los. Du musst eben „nur“ genügend Sitzfleisch mitbringen.
Sitzfleisch und die Grafik akzeptieren. Hier braucht man nichts schönreden: Die Optik von Millennia lässt sich gut als biedern und altbacken bezeichnen. Klar, Grafik ist bei einem 4X-Spiel jetzt nicht so wichtig. Aber wenn du dich bei der Darstellung stellenweise an Civilization III erinnert fühlt, einen Teil, der bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, dann weißst du, hier läuft etwas ganz gewaltig schief.
Fazit:
Millennia hat gute Ideen. Das jede Tat Punkte erzeugt, die dann den Spielfortschritt beeinflussen, hat etwas für sich. Aber dass du so viel Zeit investieren musst, um das Gameplay zu lernen, trotz eines Tutorials, ist dann abschreckend. Dass die KI so aggressiv ist und dass es längst nicht so flexibel bei der Spielweise wie andere 4x-Spiele sind, dass stört dann doch enorm. Auch die altbackene Optik sorgt dafür, dass der Titel dem Genrekönig Civilization nicht mal ansatzweise gefährlich werden kann. Was unterm Strich schade ist.
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