DLC-Check: Cyberpunk 2077: Phantom Liberty

Fast drei Jahre mussten Fans warten. Doch nun ist es endlich so weit. Die heiß ersehnte Phantom Liberty-Erweiterung zu Cyberpunk 2077 ist endlich erhältlich. Und mit ihm kam auch gleich noch das Update 2.0, das ganz kostenfrei zahlreiche Verbesserungen ins Spiel integriert. Wir haben uns beides ganz genau angeschaut und sagen euch hier, ob sich das Warten gelohnt hat.

Phantom Liberty umfasst insgesamt 13 Hauptmissionen und spielt sich im gänzlich neuen Stadtteil Dogtown ab. Hier ist nach einem Anschlag die Präsidentin der NUSA (Neue Vereinigte Staaten von Amerika), Rosalind Myers, abgestürzt, die jetzt von euch gerettet werden muss. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan. Schließlich regiert hier Kurt Hansen, ein ehemaliger hochrangiger Militech-Soldat, der jetzt als Waffenhändler agiert und mit der Hilfe von BARGHEST, seinen loyalen Truppen, nun Dogtown beherrscht. Der Kampf gegen BARGHEST und Kurt Hansen erinnert zunächst stark an einen klassischen Action-Film, so viel wird hier geschossen und in die Luft gejagt. Mit der Zeit ändert sich das Gameplay aber zusehends, so dass man sich schon bald in einem echten Agenten-Thriller wiederfindet. Dank des tollen Storytellings (zu dem ich hier natürlich nichts Genaues verraten werde, wobei ja bereits allseits bekannt sein dürfte, dass Hollywood-Star Idris Elba in einer nicht gerade kleinen Rolle zu sehen sein wird) und abwechslungsreichen Missionen, erlebt man so Intrigen, Verschwörungen, Geheimmissionen, mysteriöse Charaktere und natürlich unvorhersehbare Wendungen. Also alles, was einen richtig guten Agenten-Thriller ausmacht. Und genau das ist Phantom Liberty auch geworden. Die Story fesselt einen von der ersten Minute an und lässt einen bis zum Ende (wobei das Wort „Ende“ ganz Cyberpunk 2077-typisch auch hier wieder nur theoretischer Natur ist, schließlich kann man auch nach dem offiziellen Ende noch viele weitere Stunden in Phantom Liberty verbringen) nicht mehr los.


Was mich an Phantom Liberty so begeistert, ist aber nicht nur dessen Story. Auch wie der DLC ins Spiel integriert wurde, ist den Entwickler*innen fantastisch gelungen. Man kann die Erweiterung zwar theoretisch direkt starten, und mit einem vorgefertigten Level-15-Chakater (deren Attribute man nachher noch selber neu verteilen kann) die neuen Quests angehen, doch das empfehle ich eigentlich niemanden. Ebenso wenig empfehlenswert ist es, wenn man das Spiel bereits fertig gespielt hat, mit seinem eigenen Charakter die Phantom Liberty-Missionen anzugehen. Das beste Erlebnis erfährt man wirklich, wenn man das gesamte Spiel nochmal von neu anfängt und mit einem neu erstellten Charakter loslegt. Den nur dann kann man im vollen Umfang nachvollziehen, wie genial CD Projekt Red die Erweiterung in das Spiel integriert hat. Gerade in Anbetracht dessen, dass das Hauptspiel kein kleines ist und selbst James Joyce's Buch „Ulysses“ wie einen trivialen Roman erscheinen lässt, ist die Art und Weise, wie Phantom Liberty in die Geschichte von Cyberpunk 2077 integriert wurde, nicht hoch genug anzusehen. Wer will, kann sogar nach jeder Mission aus Dogtown heraus in die bekannten Viertel von Night City wechseln und dort Missionen oder andere Dinge erledigen, während die Geschehnisse in Dogtown einfach weiter gehen.

Apropos Dogtown: Das das Viertel vom skrupellosen Kurt Hansen regiert wird, habe ich ja bereits erwähnt. Was bisher noch nicht erwähnt wurde, ist hingegen, wie Dogtown überhaupt aussieht. Wie der Name es schon vermuten lässt, ist es nicht das schönste Viertel von Night City – wobei es das eigentlich hätte werden sollen. Ursprünglich war der Stadtteil nämlich als ein luxuriöses Paradies für die Ultrareichen geplant. Doch als inmitten der Bauarbeiten plötzlich der Vereinigungskrieg ausbrach, wurden alle Arbeiten gestoppt. Und so ist Dogtown heute eine Mischung aus halbfertigen Prachtbauten und heruntergekommenen Unterkünften, in denen die Einwohner heute leben. Diese dystopische Welt, in der überall Müll herumliegt, Gebäude und Art-Deco-Kunstwerke langsam aber sicher zerfallen und von Hightech nicht mehr viel zu erkennen ist, ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Mir hat dieses Viertel aber ausgesprochen gut gefallen – ich würde sogar so weit gehen und sagen, das es das wohl interessanteste Viertel im gesamten Spiel ist.

Dabei ist Dogtown im Vergleich zu anderen Stadtteilen eher klein. Doch was es so sehenswert macht, sind die vielen Details. Natürlich mangelt es auch in den restlichen Vierteln nicht davor, doch Dogtown setzt noch einmal einen drauf. Vielleicht auch gerade wegen der überschaubaren Größe haben sich die Entwickler*innen hier nämlich besonders viel Mühe gegeben und wirklich so gut wie jede Ecke mit tollen Details ausgestattet.

Wer nur die Hauptquests spielt, wird davon allerdings leider kaum etwas sehen. Erst die Nebenquests führen einen nämlich auch mal an andere, etwas abgeschiedenere Orte von Dogtown. Aber nicht nur deswegen, empfehle ich jedem, sämtliche Nebenquests zu spielen. Denn auch die Quests selber, sind allesamt toll. Sie können zwar im Gros nicht ganz mit denen aus dem Hauptspiel mithalten, dennoch sind sie absolut zu empfehlen. Schade ist allerdings, dass es lediglich siebzehn Nebenquests gibt. Dennoch gibt es in Dogtown immer etwas zu tun. Schließlich warten mit den Fallschirmabwürfen und Kuriermissionen auch noch zwei neue Open-World-Aktivitäten auf einen. Hiervon gibt es wie gesagt unendlich viele, da sie in Dogtown immer wieder neu generiert werden. Angst zu haben, das man sie irgendwann in- und auswendig kennt, muss man dabei auch keine haben. Beide Missionen erscheinen nämlich in mehreren Varianten, sodass es hier genügend Abwechslung gibt.

Von den Fallschirmarbwürfen gibt es zum Beispiel fünf unterschiedliche Varianten, wobei das generelle Ziel immer lautet, den Abwurf ihren eigentlichen Besitzern, den Soldaten von BARGHEST abzuluchsen. In der Zurückeroberungs-Variante müssen wir dazu lediglich eine kleine Anzahl an Gegnern ausschalten, während es bei der Schießerei-Variante vor Gegnern nur so wimmelt. Beim Überfall kommen sie erst, wenn man bereits an der Abwurfstelle angekommen ist und beim Aufsammeln, kann man die Beute ganz einfach ohne Gegenwehr aufnehmen. Als Letztes gibt es zudem noch die "Angepasst"-Variante, die über zugehörige narrative Elemente und Hintergrundgeschichten verfügt, sodass man mehr über die Akteure in Dogtown erfährt und man tiefer in die zwielichtigen Machenschaften eintauchen kann.

Die zweite Open-World-Aktivität sind die Kuriermissionen. Hier gilt es bestimmte Fahrzeuge zu klauen und abzuliefern. Genau wie die Fallschirmabwürfe gibt es auch die Kuriermissionen in unterschiedlichen Varianten. Bei der Verfolgung warten gegnerische Fahrzeuge auf einen, die man zunächst abschütteln muss. In der Hack-Variante muss man die jeweiligen Autos zunächst hacken, um sie überhaupt fahren zu können. In der Timer- bzw. Kein Schaden-Variante ähneln die Missionen hingegen am ehesten normalen Rennspielen, denn hier gilt es entweder in einer bestimmten Zeit die Fahrzeuge abzuliefern oder vorsichtig zu agieren, um sie nicht zu beschädigen.
Auch wenn die Open-World-Aktivitäten niemanden aus den Socken hauen, stellen sie doch eine nette Abwechslung zu den eigentlichen Haupt- und Nebenquests dar und sind deswegen bestens geeignet, um immer mal wieder eingestreut zu werden.

Neben neuen Quests und Aktivitäten bringt Phantom Liberty auch einige spielerische Änderungen mit sich. Die auffälligste Neuerung ist dabei sicherlich der neue Vorteilsbaum. Dieser sogenannte Relic-Baum bietet zahlreiche neue Fähigkeiten und kann zudem individuell an den favorisierten Spielstil zugeschnitten werden. Wer lieber schleichen will, nutzt stealth-fokussierte Builds. Man kann aber genauso gut Fähigkeiten auswählen, bei denen die Action oder die Cyberware im Fokus stehen - die Möglichkeiten sind hier wirklich sehr vielfältig. Eine große Veränderung zu den anderen Fertigkeitenbäumen liegt zudem darin, dass zum aufleveln keine Charakterpunkte benötigt werden. Stattdessen werden für den Relic-Baum spezielle Relic-Punkte vergeben, die man beim Erkunden von Dogtwon erhalten kann.

Update 2.0
Während der Relic-Baum Teil des Phantom Liberty-DLCs ist, sind die anderen Veränderungen und Neuerungen, die nun im Spiel zu finden sind, auch im kostenlosen Update 2.0 enthalten. Natürlich fallen diese nicht so groß aus, wie etwa der Relic-Baum, dennoch sind sie allesamt sehr gut gelungen und verbessern das allgemeine Spielerlebnis noch einmal deutlich. Eine der wichtigsten Neuerungen ist dabei sicherlich die Verbesserung der Vorteile und Fertigkeiten. Hier hat CD Project Red nämlich allerhand dran gearbeitet und fast alle Vorteile, die einen größeren Einfluss auf das Gameplay haben, ersetzt und neu erschaffen. Ziel war es dabei, repetitive Vorteile zu entfernen und neue Gameplay-Optionen zu bieten, damit die Spieler*innen so öfters neue Fähigkeiten ausprobieren. Ob das Ziel erreicht wird, muss sich natürlich erst noch zeigen. Ich für meinen Teil war aber tatsächlich bereit, viel mehr Fähigkeiten auszuprobieren als es bei meinem ersten Spieldurchgang der Fall war. Darüber hinaus gibt es noch Änderungen an Cyberware und Panzerungen sowie Veränderungen an Ripperdocs. Auch neu sind die Möglichkeiten, mehrere Hacks für einen einzelnen Gegner aneinanderzureihen und die eigene HP als zusätzliche Speicherquelle zu ersetzen. Außerdem wurde das Polizei- und Kriminalitätsbekämpfungssystem, das Ausdauersystem sowie der Fahrzeugkampf überarbeitet. Und das ist noch lang nicht alles, was das Update 2.0 mit sich bringt. Da es aber komplett kostenlos ist, empfehle ich jedem, sich das Update einfach selber herunterzuladen und zu schauen, was es sonst noch für Gameplay-Veränderungen bringt. Neben Gameplay-Veränderungen beinhaltet das Update 2.0 übrigens auch ein neues Minispiel ("Trauma Drama"), welches man an Arcade Automaten in ganz Night City spielen kann, sowie drei neue Radiosender. 89.7 Growl FM, 107.5 Darkstar Radio und 99.9 Impuls Radio bringen dabei viele neue Songs internationaler Künstler mit sich, wobei gerade der letzte Radiosender besonders interessant sein dürfte. Hier dürfen wir uns nämlich über ein DJ-Set von keinem Geringeren als Idris Elba erfreuen. Wobei der Hollywood-Star die Playlist nicht nur selber zusammengestellt hat und als DJ auftritt, sondern mit "Walk of Shame" sogar einen Song selber produziert hat.


Fazit:
Eingangs habe ich die Frage gestellt, ob sich das Warten auf Phantom Liberty gelohnt hat. Nachdem ich den DLC nun durchgespielt habe, kann ich diese Frage ganz klar und deutlich mit Ja beantworten. Was CD Project Red hier auf die Beine gestellt hat, ist grandios. Und das gilt nicht nur für das spannende Storytelling, die tollen Missionen, sondern auch, wie sie den DLC in das Hauptspiel integriert haben. Und obwohl Phantom Liberty alleine schon fantastisch ist und jeden dazu animieren sollte, Cyberpunk 2077 noch einmal anzugehen, wurde gleichzeitig auch noch das Update 2.0 veröffentlicht, das das ohnehin schon tolle Hauptspiel nochmal deutlich verbessert.

Wer sich aus Night City bereits verabschiedet hat oder der dystopischen Welt noch gar nicht Hallo gesagt hat, dem empfehle ich dringend, das Spiel jetzt noch einmal zu installieren und es gemeinsam mit dem Phantom Liberty-DLC zu starten. Ansonsten würde man nämlich ein grandioses Spielerlebnis verpassen, was man später ganz sicher bereuen würde.