Enchanted Arms
Entwickler:
From Software
Publisher:
Ubisoft
Genre:
Adventure
USK Freigabe:
Freigegeben ab 6 Jahren gemäß § 14 JuSchG.
ca. Preis:
70 €
Systeme:
PlayStation 3
Inhalt:
Da Elder Scrolls IV: Oblivion erst Ende April erscheinen wird, sind Rollenspiele für die PlayStation 3 zur Zeit noch Mangelware. Nur UbiSoft hat die Gunst der Stunde genutzt und bringt gleich zum Launch eine Portierung des bereits auf der Xbox 360 eher mäßig angenommenen Japan-RPGs Enchanted Arms. Dabei wurden dem Spiel sogar ein paar kleinere Neuerungen hinzugefügt. Doch das nützt letzen Endes auch nicht viel, wenn der als strohdumme Nervensäge präsentierte Held sich mühsam durch eine langatmig erzählte Story quälen muss und dabei am laufenden Band einfallslose Zufallskämpfe erlebt.
Meinung:
Atsuma, der Held von Enchanted Arms, ist zwar ein vorlauter Faulpelz und Dummkopf, der den Unterricht in der Zauber-Akademie von Yokohama am liebsten schlafend erlebt, aber dank seines verzauberten Arms kann er auch ohne Ausbildung so genannte Golems beherrschen, die in der Spielwelt vor allem als zivile Haushaltshilfen oder Bodyguards Verwendung finden.
Als aber die "Eishexe", ein besonders mächtiger und böser Golem, der schon vor 1000 Jahren viel Unheil anrichtete, wiederaufersteht und alle harmlosen Golems Amok laufen lässt, kann nur Atsumas einzigartiges Talent diese Gefahr bannen. Das klingt soweit nach tolerabler Standard-RPG-Kost; die Story wird aber leider durch die durchweg unsympathischen Charaktere, die sich obendrein permanent in ellenlangen, unlustigen Dialogen miteinander kabbeln, für den Spieler schwer erträglich gemacht.
Stellungsspiel Wenn man nicht gerade den ausufernden Gesprächen der Protagonisten lauscht, die zudem ganz unspektakulär in Form minimal gestikulierender Oberkörper präsentiert werden, rennt man durch die 3D-Welt, in der immerhin meist die Kamera frei drehbar ist. Dabei gerät man immer wieder in Zufallskämpfe, bei denen die eigene Truppe auf ein vier mal drei Felder großes Raster verteilt wird, dem ein zweites, gleichartiges Gitter gegenüberliegt - das nutzen dann die Feinde, deren genaue Position man allerdings dank der Kameraperspektive häufig nur schlecht erkennen kann.
Die eigenen Leute und Golems sollte man nun in der eigenen Spielfeldhälfte so positionieren, dass ihre Angriffe, die jeweils unterschiedliche Wirkungsareale abdecken, möglichst viele Gegner auf einmal schädigen. So verkommen die Schlachten schnell zu einem unspektakulären Geometrie-Spielchen, das auch durch diverse Element-Affinitäten kaum spannender wird - Spiele mit vergleichbaren Kampfsystemen wie Suikoden V oder Fire Emblem bieten hier deutlich mehr Tiefe.
Zu wenige Hindernisse Die Möglichkeit, sich etwa 130 verschiedene Golems zu bauen (30 mehr als in der Xbox-360-Version), die man dann im Kampf einsetzen kann, zielt auf den Sammeltrieb aller Pokémon-Freunde ab. Allerdings werden für das Basteln der Maschinen gerade einmal drei verschiedene Rohstoffe verwendet, die man sowohl nach Kämpfen findet als auch jederzeit im Laden kaufen kann, so dass die Herausforderung, die Kollektion zu vervollständigen, eher gering ist und nur am Erwerb der Golem-Kerneinheiten hängt. Auch das Lösen etwaiger Rätsel ist weitgehend frei von jeder Schwierigkeit, da die Helden den Spieler in einem ihrer vielen Dialoge nachdrücklich darauf hinweisen, welcher Gegenstand gerade benötigt wird - und selbiger liegt zudem meist nur wenige Schritte vom Problem entfernt.
Mühsamer Tanz Die Menüführung ist sowohl in den Kämpfen als auch im Inventar etwas umständlich; außerdem ist die Schrift recht klein und weist oft zu wenig Kontrast zum Hintergrund auf, was vor allem auf kleineren Fernsehern das Entziffern schwierig macht. Die Entwickler wollten offenbar um jeden Preis vom Tiltsensor des Sixaxis-Controllers Gebrauch machen, und so bauten sie ein lästiges Minispiel namens "Zaubertanz" ein, bei dem man durch heftiges Schütteln des Eingabegeräts einen Energiebalken aufladen kann, was aber in erster Linie dazu führt, dass die Gelenke des Spielers belastet werden. Als einziger Lichtblick bei der Bedienung von Enchanted Arms ist zu vermelden, dass man beinahe jederzeit speichern darf. Dass der lahme Online-Multiplayermodus der Xbox-360-Fassung in der PS3-Version fehlt, ist ebenfalls verschmerzbar.
Gut gemeint ... ... ist das Gegenteil von gut gemacht: Im Spiel gibt es zu so ziemlich jeder lächerlichen Kleinigkeit überproportional umfangreiche Tutorials, die zudem mit mehrfacher "Hast du das auch wirklich verstanden?"-Absicherung versehen sind. So erklärt Enchanted Arms dem Spieler beispielsweise nicht nur mit zweifacher Wiederholung, wie man eine Schatztruhe öffnet (nämlich - welch Extravaganz! - mit einem schlichten Druck auf die X-Taste), es erläutert auch allen Ernstes wortreich, was eine Schatztruhe denn eigentlich ist. Angesichts dieser Flut von nutzlosen Erläuterungen ist man als Spieler sehr schnell sehr genervt und fragt sich, welches Bild die Entwickler wohl vom Intellekt ihrer Zielgruppe hatten.
PreviousGen-Technik In grafischer Hinsicht kann das Spiel nur bedingt überzeugen: Meist macht es nur sehr wenig her und mutet eher wie ein frühes PS2-Spiel mit hochauflösenden Texturen an. Die Umgebungen wirken trotz der zum Teil zahlreichen herumstehenden Objekte oft seltsam steril, und das Monster- und Charakterdesign kommt in künstlerischer Hinsicht bei weitem nicht an das der Genre-Größen wie etwa Final Fantasy heran.
Lediglich einige Effekte, z.B. Wasseroberflächen, und die vorgerenderten, aber seltenen Zwischensequenzen sind recht nett anzuschauen, können den Gesamteindruck aber nicht aus dem unteren Mittelmaß emporreißen. Enchanted Arms kann wahlweise in der japanischen oder der englischen Tonfassung gespielt werden. Die Menüsprache ist allerdings in beiden Fällen durchweg englisch; auf eine Übersetzung des Spiels hat Ubisoft vollständig verzichtet. Die Musik pendelt zwischen Minimalismus und pompösem Bombast, nervt aber in beiden Extremfällen gleichermaßen schnell.
Fazit:
Bei Enchanted Arms summieren sich viele kleine bis mittlere Design-Mängel, die das Spiel am Ende zu einem sehr unerfreulichen Erlebnis machen. Mit den entweder dümmlichen oder neunmalklugen Charakteren kann und will man sich nicht identifizieren, was auch das ewige Gezanke zwischen ihnen schwer verdaulich macht und die eh schon ausschweifenden Dialoge nur zusätzlich aufbläht. Auch das uninspirierte Kampfsystem langweilt schnell. Einzig das Vervollständigen des Golem-Arsenals könnte sammelfreudige Spieler motivieren, sich weiter durch die Durchschnitts-Story voranzuquälen - wenn es denn etwas herausfordernder wäre.
Zur Zeit gibt es nur ein einziges Rollenspiel für die PlayStation 3, und das ist Enchanted Arms. Zum Glück gibt es aber außerdem auch noch die Abwärtskompatibilität und einen reichen Fundus an guten RPGs für die PS2, von denen einige ja auch auf der neuen Konsole funktionieren.
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Autor der Besprechung:
Manuel Tants
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