 Capcoms Horror-Meilenstein Resident Evil 4 kann mit Leon S. Kennedy einen unerschrockenen Helden vorweisen, der sich von den grauenerregenden Ereignissen, die ihm bei der Suche nach der entführten Tochter des US-Präsidenten in Südspanien widerfahren, kaum beeindrucken lässt. Auch das stete Gejammer der befreiten Ashley in seinem Schlepptau steckt Leon weg, ohne mit der Wimper zu zucken. Allerdings gibt es in dem Spiel eine Figur, die sogar noch viel härter im Nehmen ist als er. Natürlich ist hier vom namenlose Händler die Rede, der immer wieder mitten im Plagas-verseuchten Gebiet seinen Mantel öffnet, damit Leon sich mit neuen Waffen ausstatten und seine alten Bleispritzen aufrüsten kann.
Tradition verpflichtet
Der RE4-Händler ist dabei nicht der erste seiner Art: Schon vor ihm gab es immer wieder unerschrockene Geschäftsmänner, denen es auf wundersame Weise gelang, noch vor dem eigentlichen Helden tief in Gefahrenzonen vorzudringen und dort, fernab jeder potenziellen Laufkundschaft, ihren Laden zu eröffnen, damit erschöpfte Kämpfer für Recht und Ordnung ihre Vorräte auffrischen können. Man denke beispielsweise an O'aka aus Final Fantasy X, der ähnlich handelte. Im Gegensatz zu diesem eher etwas mitleiderregenden Wicht, der sich zu Beginn des Spiels auch nicht zu schade dafür ist, die Heldengruppe schamlos anzubetteln, weiß unser wortkarger Händler sich allerdings durchaus seiner Haut zu erwehren. Zumindest darf man das angesichts des Respektsabstands, den die Monster von seinen mit blauen Fackeln markierten Standpunkten halten, vermuten ...
"Welcome, stranger!"
Dennoch hat der kauzige Vermummte, der keine unnötigen Fragen stellt (und schon gar nicht beantwortet), sein fröhliches Naturell und seine Krämerseele nicht verloren: Kaufwünsche begrüßt er mit einem kehligen Lachen und der unsterblichen Textzeile "What're ya buyin'?", und beim Erwerb besonders mächtiger Waffen wird sogar der gute Geschmack des Kunden gelobt - so etwas lernt man eben als Azubi im Einzelhandel. Doch bei aller Geschäftstüchtigkeit behandelt der Mann seine Kunden stets fair: Trennt Leon sich von einem wertvollen Schießprügel, heißt es "Aah, I'll buy it at a high price!"
Für ein paar Pesetas mehr
 Unser fröhlicher Händler beschränkt sich zudem längst nicht auf das mobile Gewerbe: An mehreren Stellen mitten im Feindesland hat er ungenutzte Räumlichkeiten zu Schießständen umfunktioniert. Dort bekommt Leon kostenlos reichlich Munition zur Verfügung gestellt, um seine Zielgenauigkeit trainieren zu können. Besonders gute Ergebnisse belohnt unser Geschäftsmann sogar mit kleinen Geldprämien und Sammelfiguren ... das ist nicht viel, aber es ist der Gedanke, der zählt. Außerdem vergibt der Kaufmann ja durchaus auch nützliche Belohnungen, wenn man für ihn die Welt von einigen lästigen blauen Medaillons befreit.
Tod eines Handlungsreisenden
Eine Sache mag der Händler allerdings gar nicht: Sollte der Spieler absichtlich oder versehentlich (in Resident Evil 4 hat man ja genug Gründe, auf alles zu schießen, was aufrecht steht) die Waffe gegen den Verkäufer erheben, zieht er sich beleidigt für den Rest des Spiels zurück, zumindest auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Dann muss Leon sehen, wie er ohne die Qualitätsware des schwarz gekleideten Fremden mit den Gegnern fertig wird. Geschieht ihm Recht!
Der Händler aus Resident Evil 4 sagt nicht viel, aber die paar Zeilen, die er auf Lager hat, sind äußerst markant und werden sich jedem, der das Spiel kennt, unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt haben. Zudem lässt seine Vermummung ihn stets ungemein rätselhaft wirken. Nicht umsonst gibt es also auch in der realen Welt junge Nachahmer, die sich das charmante Wesen des mysteriösen Kaufmanns zu eigen gemacht haben, wie z.B. dieses Filmchen beweist.
|
