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Gegen die Fakten
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Vor kurzem legte CDU-Politikerin Maria Böhmer nochmals nach, die sich in einem Interview im Deutschlandradio Kultur abermals vehement für ein Verbot solcher Spiele einsetzte. Die Botschaft dieser Spiele laute: „Zerstöre alles bis auf dich selbst“, was zur Einübung und Imitation von Gewalt führe.

Erster Fehler. Betrachtet man die Gesamtheit der weltweit durchgeführten Studien zum Thema Gewalt in den Medien, zeichnet sich ganz klar ein anderes Bild ab. Es besteht unter keinen Umständen ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen medienvermittelter und realer Gewalt. Sehr deutlich wird dies in einer Studie von Werner Früh, der1995 und 2001 funktionale Inhaltsanalysen der Fernsehprogramme durchführte, um die Wirkung von Mediengewalt zu untersuchen. In diesen Studien („Die Rezeption von Fernsehgewalt“ bzw. „Gewaltpotenzial des Fernsehangebots“) belegt er eindeutig, dass das Wirkungspotenzial nicht nur vom Inhalt, sondern vor allem durch die Informationsverarbeitung des Rezipienten, also des Zuschauers, abhängt. Gewalt ist erst Gewalt, wenn es der Zuschauer als Gewalt empfindet. Klingt recht banal, ist aber so. So wurden identische Gewaltszenen von unterschiedlichen Testpersonen auch vollkommen unterschiedlich bewertet. So etwas kann, wie an einer spanischen Studie gezeigt wurde, auch vom jeweiligen Genre abhängen. So wird das Schießen oder Erstechen von Menschen in Western- bzw. Mantel-und-Degen-Filmen gar nicht als Gewalt aufgefasst, weil es eben für dieses Genre typisch ist und nicht besonders hervorsticht. Übertragen auf unseren Fall hieße das, wir nehmen in Ego-Shootern Gewalt nicht gesondert wahr, weil es eben eine Eigenheit dieser Spiele ist, dass man um sich schießt.

Wir stellen also fest, dass laut wissenschaftlich anerkannter funktionaler Inhaltsanalysen ein Schluss von Inhalt auf Wirkung unzulässig ist. Für die Wirkung kommen vielmehr drei andere Aspekte in Frage: Handlungsumfeld, Persönlichkeit und soziales Umfeld. Es ist natürlich keineswegs so, dass Mediengewalt überhaupt keinen Einfluss auf uns hat. Die These der Wirkungslosigkeit von Mediengewalt ist keineswegs mehr haltbar. Es ist sogar richtig, dass sie unter gewissen Umständen Auslöser für Gewalt sein kann, aber genau so gut kann auch der Mundgeruch meines Sitznachbarn Auslöser dafür sein, dass ich ihm auf die Schnauze haue. Die alleinige Schuld kann und darf nicht bei den Medien, egal ob Film oder Video-Spiele, gesucht werden. Das zeigt uns die Wissenschaft klar und eindeutig. Alle anderen Schlussfolgerungen, die auf subjektivem Empfinden gegründet sind, sind daher unzulässig.

Frau Böhmer äußerte in dem Interview weiterhin, dass sich die Hemmschwelle bei häufigem Konsum von gewaltverherrlichenden Inhalten verschieben könne, sodass Gewalt im Alltag zunehmend toleriert werde. Zweiter Fehler. Diese Aussage kann sich ebenfalls nicht auf wissenschaftliche Beweise stützen, denn eine solche Habitualisierungs- („Abstumpfungs“-)These ist bis heute nicht erwiesen und wird aufgrund der Komplexität in Zukunft auch kaum beweisbar sein. Man stützt sich also auch hier wieder auf rein subjektive Annahmen, die seriös betrachtet absolut nicht haltbar sind.

Ferner schießt sich die gute Dame auch wunderbare Eigentore, indem sie eine Wirkung des Verbotes anzweifelt, ein rechtliches Verbot aber gleichzeitig als „Aufzeigen klarer Grenzen“ gutheißt. Dass etwas Verbotenes für Kinder und jugendliche ganz besondere Reize hat, ist hinlänglich bekannt. Ein absolutes Verbot könnte ein Verlangen nach diesen Spielen sogar noch steigern. Zweifel an Böhmers Haltung kommt auch aus den eigenen Reihen, beispielsweise von Thomas Jarzombek, dem Beauftragten der CDU-Fraktion für neue Medien:

"Dass trotzdem USK-18-Spiele in vielen Kinderzimmern zu finden sind, zeugt von der begrenzten Wirksamkeit von Verboten"
, so Jarzombek. "Auch ein Totalverbot wird an der Situation nichts ändern. Die meisten Gewaltspiele werden nicht verkauft, sondern illegal kopiert - entweder auf dem Schulhof oder über das Internet." (Quelle: golem.de)



Special vom: 28.11.2005
Autor dieses Specials: Alexander Voirin
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