Für uns Gamer ist es ganz klar: Videospiele sind Kunst. Doch in der Allgemeinheit hat sich diese Ansicht, trotz etlicher Diskussionen, Texte und Büchern, noch nicht so ganz durchgesetzt. Nun gibt es aber für jeden, der der gleichen Meinung ist, ein starkes Argument auch den letzten Zweifler zu überzeugen. Mit Push > Start – The Art of Video Games hat der Professor für Medientheorie an der Berliner Technischen Kunsthochschule, Stephan Günzel gemeinsam mit dem earBOOKS Verlag ein Bildband veröffentlicht, der auf eindrucksvolle Art zeigt, wie viel Kunst tatsächlich in Videospielen steckt und einen ganz nebenbei auch noch mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Videospiele nimmt.
Wer sich Push > Start das erste mal anschaut, wird beeindruckt sein. Und zwar nicht nur von der Auswahl der Bilder die ihn erwartet (und auf die wir gleich noch mal genauer eingehen), sondern auch von der Aufmachung und Verarbeitung. Wie es sich für ein sogenanntes Coffee Table Book gehört, ist es nämlich nicht nur besonders groß, sondern auch besonders hochwertig verarbeitet. Das fängt beim aufwendig gestalteten Einband an, geht bei dem hochwertigen Papier weiter und hört bei der immens hohen Druckqualität der Bilder auf.
Die Bilder geben dabei, wie eingangs bereits erwähnt, einen Überblick über die Geschichte der Videospiele. Angefangen von den frühesten Anfängen aus den 1950ern und 70ern über die Arcades, die 8-Bit und späteren 16-Bit Ära, bis hin zu den 3D- und HD-Spielen, wird hier aufgezeigt, wie sich Videospiele mit der Zeit entwickelt und verändert haben.
Dazu wurden aus jeder Epoche besondere Spiele ausgewählt und kunstvoll in Szene gesetzt.
In der ersten Epoche, den frühesten Videospielen, bekommt man zum Beispiel Bilder von OXO, dem legendären Pong oder auch Snake zu sehen. Später erwarten einen dann noch Space Invaders, Pac-Man, Donkey Kong, Galaga (alle Arcades) sowie Ice Climber, Super Mario Bros., Metroid, Metal Gear, Shinobi und Gorillas (alles Spiele aus der 8-Bit-Ära, wobei mich persönlich letzteres besonders gefreut hat, weil ich es als Kind auf meinem ersten PC gesuchtet habe). Für die Darstellung der 16-Bit-Spiele wurden hingegen unter anderem Szenen und Bilder aus Sim City, Sonic the Hedgehog, Another World oder Aladdin auserwählt. Zu guter Letzt gibt es dann noch die 3D- und HD-Spiele, die mit Spielen wie Tomb Raider, Castlevania: Symphony of the Night, GTA 2, Perfect Dark (alle 3D), Fallout 3, New Super Mario Bros. U, Flower, Red Dead Redemption, Limbo, Bioshock Infinite oder auch Rayman Legends (alles HD) dargestellt werden.
Was all diese Bilder gemein haben, ist die unglaubliche Qualität, mit der sie auf Papier gebannt wurden. Dabei fällt aber auch auf, dass die Darstellungen der neueren, sprich 3D- und HD-Spiele wohl etwas schwerer zu bewerkstelligen ist als die der guten alten Pixel-Spiele. Dies liegt aber nicht an der Druckqualität oder ähnlichem, sondern einfach daran, dass bei einem so großen und hochwertigen Abdruck eines Bildes die Pixel (aus denen ein Videospiel nun mal besteht), besonders gut zur Geltung kommen und so ein Assassin's Creed II auf dem Bild wesentlich pixeliger daherkommt, als es einem im Spiel erschienen ist. Doch daran kann der Autor wie gesagt nichts ändern, und es ist ihm auch nicht anzukreiden.
Was hingegen durchaus diskussionswürdig ist, ist die Auswahl der dargestellten Spiele. Der eine oder andere dürfte nämlich enttäuscht sein, dass so mancher Klassiker fehlt, dafür aber wesentlich unbekanntere Spiele den Weg ins Buch gefunden haben. So fehlt zum Beispiel ein Far Cry gänzlich.
Ein gleiches Diskussionspotenzial hat auch die Auswahl der Bilder an für sich. Warum wurde aus Halo 5 zum Beispiel lediglich eine Konzeptgrafik genommen? Und weshalb zeigt man bei Gran Turismo ausschließlich den Tacho? Entscheidungen, die man einzeln betrachtet vielleicht nicht ganz nachvollziehen kann, im großen ganzen aber durchaus Sinn ergeben. Der Autor wollte mit seinen Bildern meines Erachtens zeigen, dass selbst kleinste Details, die im Spiel kaum Beachtung finden, allein gestellt genauso schön zu betrachten sind, wie eine ganze Szene aus Rayman Legends oder Mickey und Minnie aus Castle of Illusion starring Mickey Mouse. Und das hat er auch tatsächlich geschafft.
Während bei der Abbildung der Bilder auf große Textpassagen verzichtet wurde und lediglich die wichtigsten Informationen (Spieltitel, Erscheinungsjahr, Plattform, Entwickler) angegeben wurden, hat sich Stephan Günzel am Ende des Buches noch ein wenig mehr ausgelassen und etwas dazu geschrieben, warum Videospiele Kunst sind. Dieser Text ist sehr interessant, da er dabei mit wissenschaftlichem Wissen argumentiert, was selbst diejenigen, die durch die dargebotenen Bilder noch immer nicht überzeugt wurden, dass Videospiele Kunst sind, endgültig umgestimmt werden dürften. Aber auch für all diejenigen, die ohnehin dieser Meinung waren, sind diese kurzen Texte (die übrigens in englisch und deutsch abgedruckt sind) äußerst interessant.
Für das perfekte Ambiente, um sich die Bilder anzuschauen, sorgt Push > Start auch gleich noch. Dem Buch liegt nämlich eine Vinyl-Platte bei, auf der insgesamt acht legendäre Tracks verschiedener Spiele verewigt sind. Neben Vampire Killer aus Castlevania, dem Super Mario Bros. Main Theme, dem Dr. Wily's Theme aus Mega Man 2 und dem Ninja Gaiden Master Ninja Theme, sind dort auch Guile's Theme aus Street Fighter II, das Space Harrier Main Theme, Let's go to Pao Pao Island! aus Puzzle Bobble und Korobeiniki aus Tetris zu hören. Wer keinen Plattenspieler besitzen sollte und die schicke gelbgrüne Schallplatte deswegen nicht abspielen kann, kann sich die Tracks mit dem beigelegten Download-Code auch als MP3 herunterladen und so in den Genuss der Songs kommen. Dies empfehle ich auch jedem. Wenn man durch das Buch blättert und sich dabei die Tracks anhört, kommt in einem nämlich ein Gefühl auf, das einen die Umwelt für eine kurze Zeit vergessen lässt – und das meine ich ausschließlich positiv.
Fazit: Videospiele sind Kunst. Das beweist Push > Start – The Art of Video Games von Stephan Günzel auf eindrucksvolle Art. Doch das Buch ist noch viel mehr als nur eine schnöde Ansammlung schöner Bilder. Es ist eine Hommage an die Games und eine Reise durch die Geschichte dieses Mediums, das heute für Millionen Menschen zum liebsten Hobby geworden ist. Darum sollte sich auch jeder, der auch nur ein wenig Interesse an Videospielen und deren Geschichte hat, dieses Werk nicht entgehen lassen. Es zeigt auf einzigartige Weise, wie sich die Spiele verändert haben und lädt einen mit seinen zahlreichen, hochwertigen Bildern immer wieder auf neue zum Stöbern ein.
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