Im Musikgeschäft dreht sich vieles um das richtige Image. Während Schlagersänger aus einer heilen Welt kommen, müssen Gangsterrapper aus zerrütten Familienverhältnissen stammen, kriminell sein und grundsätzlich das schlimmste Leben gehabt haben. Doch seien wir mal ehrlich, bei 99% trifft all dies nicht zu. Die meisten sogenannten Gangsterrapper hatten ein normales und behütetes Leben. Es gibt aber auch Ausnahmen, so wie etwa Nura. Die Rapperin hat mit ihren gerade einmal 31 Jahren bereits einiges erlebt. Ihre Geschichte erzählt sie nun in ihrer Autobiografie Weißt Du, was ich meine? - Vom Asylheim in die Charts, die seit dem 3. August 2020 im Handel erhältlich ist.
Nura, bzw. Nura Habib Omer, so ihr vollständiger Name, kennen viele wohl vor allem wegen ihrer Musik. Angefangen bei der Berliner Pop-Funk/Electroclash-Band The toten Crackhuren im Kofferraum über das Duo SXTN, das sie 2014 mit der Rapperin Juju gründete und mit dem sie erste kleinere Chart-Erfolge feierte, folgte 2018 der Sprung zur Solokünstlerin, als die sie dann auch gleich die 1Live Krone als beste Künstlerin gewann. Ihr darauffolgendes Soloalbum Habibi erreichte dann Platz 13 der Deutschen Album-Charts, womit sie schlussendlich auch deutschlandweit Bekanntheit erlangte.
Auch als Schauspielerin war sie schon aktiv, wenngleich die Rollen in Der Nachtmahr, Detlev Bucks Asphaltgorillas sowie in der TV-Serie jerks nur Nebenrollen waren. Mehr Aufmerksamkeit erlangte sie hingegen mit ihrem Auftritt beim #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz sowie ihrem privaten Engagement für die LGBTQ-Szene. Auch auf Instagram ist sie sehr erfolgreich und lässt ihre 375.000 Follower regelmäßig an ihrem Leben teilnehmen.
Die Allerwenigsten hingegen wissen, wie hart der Weg zu all dem Erfolg und Ruhm war und damit ist nicht die jahrelange Arbeit im Musikniemandsland gemeint, sondern ihr Leben. Im Gegensatz zu vielen sogenannten Gangsterrappern hatte sie nämlich tatsächlich kein einfaches Leben. Aufgewachsen in einer streng muslimischen aus Eritrea stammenden Familie musste sie bereits im zarten Alter von nur drei Jahren mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern vor dem zweiten Golfkrieg aus Kuwait City fliehen, wohin ihre Eltern erst wenige Jahre zuvor aufgrund des Bürgerkrieges aus Eritrea über den Sudan hinzogen waren.
In Deutschland warteten dann zwar schon die Großeltern und die Brüder ihrer Mütter, die bereits früher nach Deutschland flohen, aber von einem nach unserem Verständnis normalen Leben war dennoch nicht zu denken. Zunächst wurden Nura, ihre Mutter und ihre drei Geschwister von Wuppertal ausgehend durch ganz NRW von einem Asylheim ins nächste geschickt, bis sie schließlich wieder in Wuppertal landeten und dort gemeinsam mit ihren Großeltern sowie den zwei Brüdern ihrer Mutter (insgesamt waren sie dann also zu neunt) in einer 3-Zimmer-Wohnung im Stadtteil Dasnöckel wohnten. Ihr Leben war sehr bescheiden (auch im Vergleich zur Kindheit anderer Rapper) dennoch machten sie stets das Beste aus jedem Tag. Sie verbrachten viel Zeit draußen, spielten auf dem Spielplatz oder im Schnee und schauten jeden Abend Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Mit 18 Jahren zog sie dann nach Berlin, wo ihre Musikkarriere startete. Das bedeutete aber nicht, dass sich ihr Leben plötzlich um 180 Grad zum Positiven wendete. Es folgten immer wieder Rückschläge bis hin zu Depressionen, zudem sah sie sich immer wieder Diskriminierung und Rassismus gegenübergestellt.
Ich könnte an dieser Stelle noch seitenlang über das Leben und die Anfänge von Nuras Karriere schreiben, allerdings würde es ihr nie gerecht werden. In Nuras Worten wirkt dies nämlich alles sehr viel eindrucksvoller, zumal sie nicht nur über sich, sondern auch viel über ihre Mutter, ihre Brüder und ihre Großeltern schreibt und wie es ihnen während all dieser Zeit erging. All das beschreibt sie so detailliert und hingebungsvoll, dass man manchmal Tränen in den Augen hat, manchmal staunt und manchmal auch lächelt. Auf jeden Fall fällt es einem schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen, so packend war ihr bisher noch gar nicht so langes Leben.
Fazit:
Weißt Du, was ich meine? - Vom Asylheim in die Charts ist inspirierend – und zwar nicht nur für Leute, die aus anderen Ländern aus unterschiedlichsten Gründen hierherziehen, sondern für alle, die meinen, dass sie im Leben nichts erreichen können. Nuras Werdegang beweist, dass man mit Willen, Kraft und Disziplin alles schaffen kann, selbst wenn der Ausgangspunkt noch so bescheiden und widrig ist.
Ganz gleich, ob man die Musik von Nura nun mag oder nicht, ihre Autobiografie gehört somit ganz sicher zu einer der wichtigsten, die in den letzten Jahren erschienen sind und lässt einen nach dem Lesen das eigene Leben eventuell doch aus einem anderen Blickwinkel sehen.
Eine ausführliche Leseprobe aus Weißt Du, was ich meine? - Vom Asylheim in die Charts gibt es hier auf der offiziellen Seite der Ullstein Buchverlage.
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