Ich wache auf und mein Ungeborenes tritt mich. Mein Mann ist im All und ein Hologramm. Mein Sohn ist ein freches Balg. Jetzt bin ich in einem Raumschiff und der IT-Spezialist ignoriert mich. Mein Mann ist verschollen. Mein Sohn ist nicht in seinem Zimmer. Nein, Moment, mein Mann ist auf dem Mars. Ich muss in den Keller, um den Strom wieder anzustellen. Da ist ein Hai. Ich bin auf dem Saturnmond Titan… äh, Moment, was wollte ich gerade machen? Ach ja, ich bin bei Splashgames und schreibe eine Preview zu Episode 1 von Elea, das sich momentan noch in der Early Access-Phase befindet.
Was schreibt man zu einem Fiebertraum wie Elea? Fangen wir ganz konservativ mit der Story an und selbst das ist nicht ganz einfach.
Schlüpfen wir also in die Rolle der Titelheldin Elea, die zu Anfang des Spiels hochschwanger ist und sich kaum noch bewegen kann. Außerdem klagt sie über die irdische Gravitation, an die sie sich immer noch nicht gewöhnt hat. Ihr Mann Ethan ist auf einer Mission im All, aber glücklicherweise befinden wir uns in der Zukunft, sodass Elea und Ethan über Hologramm-Telefon Kontakt halten können. Sohnemann Frankie ist in einer Trotzphase und weigert sich, mit seinem Vater zu sprechen oder auch nur an seine Zimmertür zu kommen.
Soweit die Situation, in der wir sanft in Eleas Welt und ihre Funktionsweise eingeführt werden. Wir lernen, Elea zu steuern und mit ihrem Armband alle mögliche Elektronik zu kontrollieren. Beim Erkunden des luxuriösen Hauses, das Elea mit ihrer Familie bewohnt, finden wir an jeder Ecke Zeitschriften, Bücher und elektronische Geräte, durch deren Lektüre wir einen Einblick in die Welt außerhalb gewinnen. So langsam macht sich ein Gefühl der Unruhe breit, denn im Kontrast zu der heilen Welt des Hauses, in dem wir Elea hier kennen lernen, entsteht der Eindruck, dass diese Zukunft alles andere als rosig für die Menschheit aussieht.
Dann schlagartiger Szenenwechsel. Es folgt eine Sequenz, von der wir nicht zuviel verraten wollen. Oder können. Denn spätestens jetzt verschwimmen deutlich die Grenzen zwischen Eleas Realität und ihrer… Vorstellung? Erinnerung? Simulation? Zukunftsvisionen? In surrealer Umgebung lösen wir eine Rätselreihe (die es wahrlich in sich hat) und stolpern verwirrt und leicht benommen in die nächste Szene.
Wo sind wir? Anscheinend auf einem Raumschiff. Wann sind wir? Keine Ahnung. Vermutlich nach der anfänglichen Tutorial-Sequenz. (Äh?)
Elea ist jetzt Teil der Besatzung eines interstellaren Raumschiffes. Nach und nach finden wir heraus, dass Ethan und seine Mission auf dem Weg zum erdähnlichen Planeten Solace waren, um dort eine Kolonisierung vorzubereiten. Bei Solace angekommen brach der Kontakt ab und die Mission gilt als verschollen. Elea und ihre Truppe sind hinterher geschickt worden, um herauszufinden, was passiert ist. Nun ist das Schiff seit Monaten in einer Umlaufbahn um Solace, sogar in Sichtweite von Ethans Pionierschiff, aber Mission Command gibt nicht die Erlaubnis zur Erkundung, weder des Planeten noch des gestrandeten Schiffes. In der Mannschaft macht sich Unruhe breit, allen voran bei Elea, die nichts sehnlicher will, als endlich ihren Mann wiederzufinden. Schließlich schmiedet sie zusammen mit dem Bordcomputer einen Plan, um, koste was es wolle, das andere Schiff zu erreichen.
Soweit die Story von Episode 1 von Elea, so sachlich und nüchtern wie möglich. Insgesamt, inklusive Erkundung aller Ecken, Austesten aller Dialogbäume und etwas hakeliger Steuerung, habe ich um die 4 Stunden in Eleas Haut verbracht. Was bleibt, ist vor allem anderen eins: What the fuck habe ich da gerade gespielt?
Der oben beschriebene Plot mag erstmal nicht so wahnsinnig aufsehenerregend klingen, ganz im Gegensatz zu seiner Präsentation. Selbst die banalsten Szenen haben einen surrealen, schwer greifbaren Unterton. Schon nach kurzer Zeit war mir bewusst, dass ich hier nichts für bare Münze nehmen kann. Die Frage, was real ist und was nicht und was hier überhaupt gerade passiert, schwingt immer im Hinterkopf mit.
Dieses Gefühl wird durch Eleas Reaktion noch verstärkt: Sie reagiert nämlich gar nicht. Ob nun ihr Wohnzimmer einen Augenblick lang wie ein LSD-Trip aussieht oder sie von einer Sekunde auf die andere durch die halbe Galaxie auf ein Raumschiff transportiert wurde, sie scheint unberührt. Nun mag man mit bösem Willen einem schlechten Drehbuch die Schuld geben. Ich ziehe es aber vor, davon auszugehen, dass Eleas scheinbare(?) Gelassenheit und die dadurch entstehende Dissonanz genauso gewollt sind.
Nach diesem Versuch, die Story von Elea halbwegs verständlich zu verpacken, bleiben nur noch ein paar technische Langweiligkeiten. Die Grafik reicht von… naja, so lala bis Oh My God It’s Full Of Stars! Jene Sequenzen, in denen Elea aktiv mit ihrer Umgebung interagiert, wirken größtenteils weniger aufsehenerregend. Die Charaktermodelle werden bis zum Launch hoffentlich noch aufgehübscht, denn bisher wirken sowohl die NPCs als auch Elea selbst reichlich staksig. In Zwischensequenzen dagegen habe ich mir zum ersten Mal dringendst eine VR-Brille gewünscht, denn die sind wahnsinnig schön. Alles, was man so an Weltraum sieht, löst Nerdgasmen aus.
Elea sieht nicht nur staksig aus, sie bewegt sich auch so. Die Steuerung ist teilweise sehr hakelig. In einer früheren Version bewegte die hochschwangere Elea sich aufgrund ihrer situationsbedingten Ausmaße derart langsam, dass sie kaum steuerbar war. Nach lautstarken Beschwerden der Early Access-Tester bekam sie glücklicherweise ein angenehmeres Tempo gepatcht. Leider ist das nicht das einzige Problem. Teilweise ist es per Controller etwas zu umständlich, mit der Umgebung zu interagieren und das gewünschte Objekt an zu visieren. Das mag in VR anders sein.
Wo wir gerade bei Objektinteraktion sind: Elea kann zwar unzählige Items in der Spielwelt ansehen und drehen und untersuchen. Eine ganze Reihe bietet auch interessante Hintergrundinformationen, wie z.B. zur geschichtlichen Entwicklung, die vor dem Spiel stattgefunden hat. Leider fehlt aber beim Großteil der Objekte jede Art von weiterer Information oder Bedeutung. Wenn Elea ein Spielzeug anschaut, dann wäre zu erwarten, dass sie irgendetwas dazu sagt, und sei es noch so banal. Wenn sie in den Spiegel sieht, dann könnte sie sich durch die Haare fahren. Wenn sie im Bad ein futuristisches Objekt hochhebt und es dreht, dann sollte sie kurz etwas zu seiner Funktion sagen. All das fehlt und zwar schmerzlich. Elea scheint größtenteils uninteressiert an ihrer Umgebung und so vergeht auch jede Lust, diese Umgebung genauer zu erkunden.
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